Verwaltungsprozessrecht Flashcards
Was versteht man unter Rechtsverhältnis iSd § 43 I VwGO?
Unter einem Rechtsverhältnis i.S.d. § 43 Abs. 1 VwGO sind die aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer Rechtsnorm des öffentlichen Rechts sich ergebenden rechtlichen Beziehungen einer Person zu einer anderen Person oder einer Sache zu verstehen. Das Rechtsverhältnis kann gegenwärtig sein, in der Zukunft oder auch der Vergangenheit liegen.
Was bedeutet Feststellungsinteresse iSd § 43 I Hs.2 VwGO?
Das Feststellungsinteresse schließt grds. jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art ein.
Was bedeutet “qualifiziertes” Feststellungsinteresse iSd § 43 I Hs.2 VwGO und wann muss es vorliegen?
Bei in der Vergangenheit liegenden Rechtsverhältnissen ist - wie bei der
Fortsetzungsfeststellungsklage - ein berechtigtes Interesse grundsätzlich nur anzuerkennen bei konkreter Wiederholungsgefahr, fortdauernder diskriminierender Wirkung (Rehabilitierungsinteresse) oder bei tiefgreifenden Grundrechtsverletzungen und sich typischerweise kurzfristig erledigenden Maßnahmen, nicht aber zur Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses.
Bestandteile der Begründetheitsprüfung im Rahmen des § 80 V 1 VwGO
I. Formelle Rechtmäßigkeit der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit
II. Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts
III. Besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung
Zulässigkeitsprüfung des § 80 V 1 VwGO
I. Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges, § 40 I VwGO
II. Beteiligungs- und Prozessfähigkeit, §§ 61, 62 VwGO
III. Statthafte Rechtsschutzform (§ 80 V 1 VwGO)
IV. Antragsbefugnis, § 42 VwGO analog
V. Rechtsschutzbedürfnis
1. (P) Vorherige Einlegung von Widerspruch oder Anfechtungsklage nicht erforderlich
2. Keine offensichtliche Unzulässigkeit des Rechtsbehelfs
3. Antrag bei Behörde grds. nicht erforderlich (vgl. § 80 VI 1 VwGO)
VI. Richtiger Antragsgegner, § 78 VwGO analog
(P) Ist die vorherige Einlegung eines Widerspruchs oder die Erhebung einer Anfechtungsklage vor Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung erforderlich?
Nach § 80 V 2 VwGO ist der Antrag schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Fraglich ist, ob die Vorschrift mittels eines Gegenschlusses dahingehend auszulegen ist, dass ein Widerspruch vorher zu erheben ist, oder die Vorschrift vielmehr allgemein die Zulässigkeit des Antrags nicht von der vorherigen Einlegung eines Hauptsachenrechtsbehelfs abhängig macht.
GEGENSCHLUSS:
(+) Keine (Wieder-)Herstellung der aufschiebenden Wirkung möglich
(-) SYS: Verkürzung der Rechtsbehelfsfrist in der Hauptsache nach § 70 I 1 VwGO
=> Antrag muss typischerweise unmittelbar gestellt werden
=> TEL der Rechtsbehelfsfrist: bewusst werden der Sach- und Rechtslage, einschätzen der Erfolgsaussichten
(-) Art.19 IV GG
Muss der Hauptsachenrechtsbehelf zulässig sein damit § 80 V 1 VwGO zulässig ist?
Das Rechtsschutzbedürfnis steht ferner dann in Frage, wenn die aufschiebende Wirkung die Zulässigkeit des Hauptsacherechtsbehelfs voraussetzt.
(+) Wortlaut setzt die Zulässigkeit nicht voraus
=> Entfällt nur bei offensichtlicher Unzulässigkeit (lückenloser Rechtsschutz, § 80 I VwGO)
Zulässigkeitsprüfung der allgemeinen Feststellungsklage nach § 43 I VwGO
I. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs, § 40 I 1 VwGO
II. Beteiligungs- und Prozessfähigkeit, §§ 61, 62 VwGO
III. Statthafte Klageart
1. Andere Klagearten (Subsidiarität der Feststellungsklage nach § 43 II VwGO)
2. Statthaftigkeit der Feststellungsklage nach § 43 I VwGO
IV. Feststellungsinteresse, § 43 I VwGO
V. Klagebefugnis, § 42 II VwGO analog
VI. Richtiger Klagegegner (Rechtsträgerprinzip)
VII. Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis
Obersatz der Begründetheit der positiven Feststellungsklage nach § 43 I VwGO
Die positive Feststellungsklage ist begründet, wenn das vom Kläger behauptete Rechtsverhältnis tatsächlich besteht.
Obersatz der Begründetheit der negativen Feststellungsklage nach § 43 I VwGO
Die negative Feststellungsklage ist begründet, wenn das vom Kläger geleugnete Rechtsverhältnis tatsächlich nicht bestand.
Obersatz der Begründetheit der Nichtigkeitsfeststellungsklage nach § 43 I VwGO
Die Nichtigkeitsfeststellungsklage ist begründet, wenn der fragliche Verwaltungsakt nichtig ist.
Zulässigkeitsprüfung der Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 I 4 VwGO
I. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs, § 40 I 1 VwGO
II. Beteiligungsfähigkeit, §§ 61, 62 VwGO
III. Statthafte Klageart
IV. Berechtigtes Interesse an der Feststellung, § 113 I 4 VwGO
V. Klagebefugnis, § 42 II VwGO
VI. Vorverfahren, §§ 68 ff. VwGO
VII. Klagefrist, § 74 VwGO
VIII. Richtiger Klagegegner, § 78 VwGO
Zulässigkeitsprüfung der Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 I 4 VwGO analog
I. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs, § 40 I 1 VwGO
II. Beteiligungsfähigkeit, §§ 61, 62 VwGO
III. Statthafte Klageart => Analogiebegründung
IV. Berechtigtes Interesse an der Feststellung, § 113 I 4 VwGO
V. Klagebefugnis, § 42 II VwGO analog
VI. Ordnungsgemäß durchgeführtes und erfolgloses Vorverfahren, §§ 68 ff. VwGO analog?
VII. Klagefrist, § 74 VwGO analog?
VIII. Klagegegner, § 78 VwGO
(P) Ist § 113 I 4 VwGO auch bei Erledigung vor Klageerhebung anwendbar?
h.M.: Analoge Anwendung
=> Regelungslücke, planwidrige Unvollständigkeit: § 43 I VwGO vorrangig?
(+) Feststellungsklage ist nicht auf VAs zugeschnitten (widerspräche dem „maßnahmenbezogenen“ System der VwGO
=> Vergleichbare Interessenlage
(+) Kläger ist unabhängig vom Zeitpunkt der Erledigung schutzwürdig
(+) Es ist eine Frage des Zufalls, wann Erledigung eintritt, Art.3 I GG
a.A.: Keine analoge Anwendung
(P) Sind die §§ 68 ff. VwGO analog auf den § 113 I 4 VwGO analog anzuwenden?
- Vergleichbarkeit der Interessenlage? => Zweck des Vorverfahrens
(+) Entlastung der Verwaltungsgerichtbarkeit auch bei vorheriger Erledigung
(-) Vorverfahren dient vorrangig der Selbstkontrolle der Verwaltung: kann nicht mehr abhelfen
(-) Höherer Rehabilitationswert eines gerichtlichen Urteils (optimaler Rechtsschutz für den Bürger)
(-) Unfair, soweit der Verwaltungsakt sich vor der Widerrufsfrist erledigt (Fortsetzungsfeststellungswiderspruch gibt es nicht) - Keine analoge Anwendung