Subjektive Klagehäufung; Beteiligung Dritter am Rechtsstreit (Interventionen; Streitverkündung) Flashcards
Subjektive Klagehäufung: Begriff und Arten
= ein Streitgegenstand wird gegen mehrere beklagten Parteien geltend gemacht
-> einfache Streitgenossenschaft, §§ 59, 60 ZPO
-> notwendige Streitgenossenschaft, § 62 ZPO
Einfache Streitgenossenschaft: Voraussetzungen
- auf einer Seite (Kläger – Beklagter) sind mehrere Personen beteiligt, die nicht in notwendiger Streitgenossenschaft zueinander stehen
a. § 59 Alt. 1 ZPO: Rechtsgemeinschaft hinsichtlich des materiellen Rechts
-> bspw. Gesamtschuldner, Hauptschuldner und Bürge
b. § 59 Alt. 2 ZPO: Berechtigung oder Verpflichtung aus demselben rechtlichen Grund
-> bspw. aus gemeinsamen Vertrag
c. § 60 ZPO: Gleichartige Ansprüche
-> weit gefasste Generalklausel - § 260 ZPO analog (hM)
-> gleiche Prozessart für alle Prozessrechtsverhältnisse
Einfache Streitgenossenschaft: Wirkung
- Prozessrechtsverhältnisse bleiben selbstständig
-> Getrennte Disposition (Klageänderung, Anerkenntnis etc.)
-> Zulässigkeit u. Begründetheit der Klagen gesondert prüfen
-> Handlungen gelten nur für und wider den jeweils handelnden
Streitgenossen, § 61 ZPO (Fristen, Säumnis etc.)
-> Angriffs- und Verteidigungsmittel der Streitgenossen werden
gesondert betrachtet
-> aber: Zueigenmachen der Prozessführung des anderen
(ausdrücklich oder konkludent) möglich
-> Getrennte Einlegung von Rechtsmitteln
-> einfacher Streitgenosse kann als Zeuge vernomnmen werden, soweit nicht sein Prozessrechtsverhältnis berührt ist - Kostenentscheidung: § 100 ZPO
Notwendige Streitgenossenschaft: Voraussetzungen: aus Prozessrecht (§ 62 I Alt. 1 ZPO)
= „notwendig einheitliche Sachentscheidung“
-> Fälle der Rechtskrafterstreckung (§ 248 AktG, § 856 ZPO, § 75
GmbHG etc.)
-> Streitgenossen müssen nicht zusammen klagen, tun sie es aber, ist es
notwendige Streitgenossenschaft
-> nicht: Gesamtschuldner (!), Gesellschaft und Gesellschafter bei OHG, KG
oder GbR, Hauptschuldner und Bürge etc.
–> denn: eigene Einwendungen und damit abweichende Entscheidungen möglich
Notwendige Streitgenossenschaft: Voraussetzungen: aus materiellem Recht (§ 62 I Alt. 2 ZPO)
= “notwendig gemeinschaftliche Klage“
-> Streitgenossen können nur gemeinsam klagen / verklagt werden, da
Verfügungsbefugnis mehreren Personen zusteht – „gemeinsame
Prozessführungs- / Sachbefugnis”
-> Gütergemeinschaft (§§ 1450, 1472 BGB)
-> Auf Klägerseite:
–> Gesamthandgemeinschaften
–> Bruchteilseigentümer (§ 744 BGB)
–> Gesellschafter bei Innen-GbR (§§ 714, 709 BGB)
–> nicht allerdings Mitberechtigte, die kraft Gesetzes alleine klagen dürfen (bspw. Mitgläubiger, § 432)
-> Auf Beklagtenseite:
-> Miterben (§ 2039 BGB)
-> Miteigentümer (§ 1011 BGB)
nicht: Gesamtschuldner, Bürgen!
Notwendige Streitgenossenschaft: Wirkungen
= nur einheitliche (Sach-)Entscheidung möglich
1. Vertretungsfiktion für Säumnis, aber getrennte Prozesshandlungen möglich
2. grds. Dispositionen über Streitgegenstand nur gemeinsam wirksam
3. Also können alle nur gemeinsam einen Vergleich schließen oder die
Klage anerkennen, nicht ein (notwendiger) Streitgenosse allein
-> soweit Rechtshängigkeit beendet werden soll: für NoS aus Prozessrecht möglich, für NoS aus materiellem Recht str.
4. Zulässigkeitsprüfung gesondert
a. bei Streitgenossenschaft aus prozessrechtlichen Gründen: wenn Zulässigkeitsvoraussetzungen fehlen, ergeht (Teil-)Prozessurteil
b. bei Streitgenossenschaft aus materiellrechtlichen Gründen: wenn Streitgenossenschaft wegen der nur gemeinsamen Berechtigung und Prozessführungsbefugnis eine notwendige ist, folgt aus der Unzulässigkeit gegenüber einem Streitgenossen die Unzulässigkeit der Klage insgesamt
5. Getrennte Einlegung von Rechtsmitteln
Subjektive Klagehäufung: Urteil
- keine Sachurteilsvoraussetzung, sondern ggf. Trennung der Prozesse nach § 145 ZPO, wenn Voraussetzungen nicht vorliegen
- bei notwendiger Streitgenossen aus materiellen Gründen: Klagen durch oder gegen nur einzelne sind unstatthaft
- Benennung aller Streitgenossen im Rubrum (Kläger zu 1); …)
- nach der Zulässigkeit: “Der Kläger kann beide Beklagte gemeinschaftlich verklagen, da … (§ 59 Alt. 2 ZPO)”
- Soweit Vortrag und rechtliche Bewertung sich decken, gemeinsame Darstellung möglich
-> “Die Beklagten behaupten” ; “Die Klage ist begründet. Der Kläger kann von den Beklagten als Gesamtschuldner verlangen…”
P: Einfache Streitgenossenschaft: Kollision von Beweisaufnahmeergebnis aus einem Prozessrechtsverhältnis mit unstreitigem Tatsachenvorbringen in anderem Prozessrechtsverhältnis
- Ergebnis nach materieller Wahrheit (Beweisaufnahme) geht dem Ergebnis nach formeller Wahrheit aufgrund gesetzlicher Fiktion (Geständnis, Nichtbestreiten) vor
-> zugrunde gelegt für das Urteil in allen Prozessrechtsverhältnissen wird das Ergebnis der Beweisaufnahme
Beteiligung Dritter am Rechtsstreit: Arten
- Hauptintervention, §§ 64 f. ZPO
- Nebenintervention, §§ 66 ff. ZPO
- Streitverkündung, §§ 72 ff. ZPO
- Prätendentenstreit, § 75 ZPO
- Urheberbenennung, §§ 76 f. ZPO
Hauptintervention
= Klage eines Dritten gegen beide Parteien eines anhängigen Verfahrens mit dem Vortrag, die Sache bzw. das Recht, um das dort gestritten wird, werde für sich selbst in Anspruch genommen
- Beispiel:
-> Hauptprozess: Zahlungsklage des Zessionars gegen den Schuldner
-> Interventionsprozess: Klage des Inso-Verwalters des Zedenten
–> gegen den Zessionar auf Rückabtretung
–> gegen den Schuldner auf Zahlung - Beispiel:
-> Hauptprozess: Kläger klagt gegen Beklagten auf Herausgabe der Sache
-> Interventionsprozess: Klage dessen, der meint, Sache gehöre ihm
–> gegen den Besitzer auf Herausgabe
Hauptintervention: Rechtsfolge
- Interventionskläger klagt (in einem gesonderten Prozess, aber beim
Gericht des Hauptprozesses) gegen die Parteien des Hauptprozesses, § 64 ZPO - Hauptprozess kann auf Antrag einer der Parteien (des Hauptprozesses) bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Interventionsprozesses ausgesetzt werden, § 65 ZPO
Nebenintervention
= freiwilliger Beitritt eines Dritten zur Unterstützung einer Partei in einem bereits anhängigen Prozess (“Streithilfe”)
- wird nicht Partei (auch streitgenössischer Nebenintervenient wird nicht Partei)
Nebenintervention: Voraussetzungen
- Anhängigkeit
- Vorliegen der Prozesshandlungsvoraussetzungen
- Rechtliches Interesse am Obsiegen der Hauptpartei – weit auszulegen
(Prüfung nur auf Rüge) - Schriftsatz nach § 70 ZPO
-> von Amts wegen wird nur das Vorliegen der Prozesshandlungsvoraussetzungen geprüft
–> ansonsten nur bei § 71 ZPO (Zwischenstreit über Nebenintervention)
Nebenintervention: Wirkungen der einfachen Nebenintervention
- grds. Zulässigkeit der Vornahme aller Prozesshandlungen im gleichen Umfang wie Partei dies tun könnte
-> bei Widerspruch gehen jedoch die Prozesshandlungen der Partei immer vor (§ 67 S. 1 Hs. 2 ZPO) - keine Disposition über Streigegenstand (also Klagerücknahme, Klageänderung, Verzicht, Erledigungserklärung, Anerkenntnis, Vergleich)
- Erfüllung prozessualer Lasten der Partei
-> insb. auch keine Säumnis der Partei, wenn Nebenintervenient verhandelt (e § 67 ZPO)
-> Fristeinhaltung
-> jedoch an bisheriger Prozesslage gebunden (bspw. an zuvor erfolgte rügelose Einlassung)
Nebenintervention: Wirkungen der streitgenössischen Nebenintervention
- Stellung vergleichbar dem Streitgenossen
- Prozesshandlungen auch dann wirksam, wenn im Widerspruch zu unterstützter Partei
- nur Parteivernehmung möglich
- Prozesshandlungen mit für ihn eigenständig laufenden Fristen
- Prozesskosten nach § 100 ZPO (§ 101 II ZPO)
- keine Disposition über Streitgegenstand!
Nebenintervention: Interventionswirkung nach § 68 ZPO
- Bindungswirkung nur aus rechtskräftigen Sachurteilen (nicht aus Prozessurteilen oder Vergleichen)
- Umfang: weiter als Rechtskraft
-> tenorierte Rechtsfolge
-> entscheidungserhebliche Einzeltatsachen
-> rechtliche Bewertung, soweit Entscheidung darauf beruht
-> NICHT: obiter dicta; Gegenteil der festgestellten Tatsachen (Interventionswirkung ändert Beweislastverteilung nicht) - von Amts wegen zu beachten; Wirksamkeit des Beitritts wird wegen Prüfung im Vorprozess nicht erneut geprüft
Nebenintervention: Interventionswirkung nach § 68 ZPO: Einrede der mangelhaften Prozessführung, § 68 Hs. 2 ZPO
- Darlegung und ggf. Beweis der mangelhaften Prozessführung
- Erheblichkeit der vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel im Vorprozess (hM)
=> insoweit (!) keine Interventionswirkung, also Geltendmachung im Folgeprozess zulässig
Nebenintervention: Urteil
- Rubrum
-> “Klage des X - Klägers -
und des Y - Nebenintervenient -
gegen” - Tenor
-> keine Erwähnung
-> Kostenentscheidung: Ausnahme vom Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung - Tatbestand
-> ggf. getrennt im Vortrag des Klägers (bei Unterschieden)
-> Prozessgeschichte I (Beitritt) - Entscheidungsgründe
-> Prüfung der Prozesshandlungsvoraussetzungen des Nebenintervenienten, wenn erforderlich
-> weitere Voraussetzungen nur bei Zwischenstreit erforderlich (§ 71 ZPO)
Streitverkündung
= förmliche Benachrichtigung eines Dritten von einem anhängigen Prozess durch eine der Parteien
=> Dritter erhält Kenntnis vom Prozess und kann überlegen, ob er diesem als Nebenintervenient beitreten will
Streitverkündung: Voraussetzungen
- Anhängigkeit
- Prozesshandlungsvoraussetzungen bei Streitverkündetem
- „Streitverkündungsgrund“ (im Unterliegensfall des Vorprozesses)
- Streitverkündung durch Schriftsatz, § 73 ZPO
-> Bezeichnung der Lage des Rechtsstreits!
Streitverkündung: Wirkungen
- bei Beitritt
-> Voraussetzungen und Folgen bestimmen sich im weiteren nach den Vorschriften der Nebenintervention - kein Beitritt
-> keine Erwähnung oder Prüfung der Streitverkündung oder des Streitverkündetem im Urteil
Streitverkündung: Wirkungen: Folgeprozess ohne zuvor erfolgten Beitritt
- Tatbestand:
-> Vorprozess
-> Streitverkündung erfolgte - Entscheidungsgründe
-> Prüfung der wirksamen Streitverkündung
Prätendentenstreit
= zwei Kläger streiten um die Gläubigerstellung eines materiell-rechtlichen Anspruchs
Urheberbenennung
= Streit zweier Beklagter um ein dem Kläger entgegenzusetzendes Recht