Staatsorganisationsrecht Flashcards
Was ist die Dreielementlehre
Der Staat ist nach Georg Jellinek durch drei Staatselemente gekennzeichnet: Staatsgebiet, Staatsvolk und Staatsgewalt
Was besagt die Zweiseitenlehre
Sozialer Staatsbegriff: Der Staat ist die mit ursprünglicher Herrschermacht ausgerüstete Verbandseinheit sesshafter Menschen.
Juristischer Staatsbegriff: Als Rechtsbegriff ist der Staat die mit ursprünglicher Herrschermacht ausgerüstete Körperschaft eines sesshaften Volkes oder, um einen neuerdings gebräuchlich gewordenen Terminus anzuwenden, die mit ursprünglicher Herrschermacht ausgestatte
Gebietskörperschaft.
Staat als soziologischer Typusbegriff
Im Unterschied zum juristischen Gattungstypus der Dreielementelehre stellt die Sozialwissenschaft nicht auf die phänomenologischen Gemeinsamkeiten von Staaten ab, sondern fragt nach der spezifisch sozialen Bedeutung des Staats. Auf diese Weise formuliert Max Weber einen anderen idealtypischen
Staatsbegriff:
(P) Staat vs. Verfassung
- Auffassung: Staat geht der Verfassung voraus
- Auffassung: Verfassung konstituiert den Verfassungsstaat
Was ist der Unterschied zwischen der Verfassung im formellen und im materiellen Sinn
Verfassung im materiellen Sinn = Verfassungsgesetz; Verfassung im formellen Sinn = Verfassungswirklichkeit
Verfassungsbegriff
„Jede politische Einheit ist in einer Verfassung. Aber nicht jede hat eine
Verfassung. Der Begriff ‚Verfassung’ deckt beide Zustände. Dennoch
sind sie nicht deckungsgleich. Der Begriff besitzt zwei unterschiedliche
Bedeutungen. ‚Verfassung’ in dem ersten Sinn des Wortes bezeichnet
die Beschaffenheit eines Landes bezogen auf seine politischen Verhältnisse. ‚Verfassung’ in dem zweiten Sinn bezeichnet ein Gesetz, das die Einrichtung und Ausübung der politischen Herrschaft zum Gegenstand hat. Folglich handelt es sich bei dem ersten Verfassungsbegriff um einen empirischen oder deskriptiven, bei dem zweiten um einen normativen oder präskriptiven. Empirisch verwendet, gibt ‚Verfassung’ Auskunft darüber, welche politischen Verhältnisse zu einer gegebenen Zeit in einem bestimmten Gebiet de facto herrschen. Normativ verwendet, legt ‚Verfassung’ die Regeln fest, denen politische Herrschaft in einem Gebiet de jure gehorchen soll.
Grammatische Auslegung
Erster Anknüpfungspunkt für das Normverständnis ist stets der Wortlaut einer rechtlichen Regelung. Für das Verständnis der einzelnen Normbegriffe
einer Regelung kann sowohl der allgemeine Sprachgebrauch (z. B. Begriff des „Tieres“ in Art. 20a GG) oder der Fachsprachgebrauch (z. B. Begriff des „Gesetzes“ in Art. 78 GG) zugrunde gelegt werden.
Historische Auslegung
Die historische Auslegung stellt auf den (subjektiven) Willen des Gesetzgebers ab: Wie verstand der Gesetzgeber die auszulegende Regelung? Dies ergibt sich vor allem aus den Gesetzesmaterialien: Gesetzesbegründung, Gesetzesänderung, Bundestags und Bundesratsprotokolle
Systematische Auslegung
Normensystematik: systematische innenperspektive einer Regelung; Gesetzessystematik: Innenperspektive eines Gesetzes; Rechtsordnungssystematik: Innenperspektive der gesamten geltenden Rechtsordnung; Historische Systematik: im Verhältnis zu historischen Vorgängerregelung
Teleologische Auslegung
Die teleologische Auslegung entfaltet das Verständnis einer Regelung über deren (objektiven) Sinn und Zweck.
Rechtsvergleichende Auslegung
Die rechtsvergleichende Auslegung zieht zur Ermittlung des Sinns einer
Norm den Bedeutungsgehalt vergleichbarer Normen anderer Rechtsordnungen heran
Wie stehen die Auslegungsregeln zueinander?
Im Grundsatz gleichwertig, äußerste Grenze bildet der Wortlaut; teleologische Auslegung oder historischer Auslegung wird teilweise ein Vorrang eingeräumt
Was sagt das Prinzip der Einheit der Verfassung
Verfassungsnormen werden nicht isoliert betrachtet, sondern stets in ihrem verfassungsrechtlichen Gesamtzusammenhang ausgelegt, um Widersprüche zu vermeiden
Was sagt das Prinzip der praktischen Konkordanz
Der Grundsatz der „praktischen Konkordanz“ besagt, dass im Fall der Kollision von zwei Verfassungsgütern ein möglichst schonender Ausgleich zwischen den konfligierenden Gütern zu suchen ist, der beiden Güter zu möglichst optimaler Wirksamkeit verhilft. Bei der Herstellung kommt der Verhältnismäßigkeit eine zentrale Bedeutung zu
Was sagt das Prinzip der funktionsgerechten Verfassung
Zum einen besagt das Prinzip der funktionsgerechten Verfassung, dass durch die Normauslegung keine Verschiebung von verfassungsrechtlich zugewiesenen Funktionen an Verfassungsorgane erfolgen darf. So darf beispielsweise die Verfassungsinterpretation nicht dazu führen, dass es zu „Übergriffen“ des Bundestags in den Kernbereich der Exekutive der Bundesregierung oder des Bundesverfassungsgerichts in den
gesetzgeberischen Kompetenzbereichs des Bundestages kommt.
Zum anderen kann mit dem Prinzip der funktionsgerechten Verfassung
argumentiert werden, um neue, bisher noch nicht vom Grundgesetz ausdrücklich geregelte Aufgabenkonstellationen funktionsgerecht einzelnen Staatsorganen zur effektiven Aufgabenwahrnehmung zuzuweisen. Ein Beispiel hierfür ist die Frage, ob die Bundesregierung oder der Bundestag über den Einsatz von Streitkräften bei Gefahr im Verzug entscheidet.
Was sagt das Prinzip der normativen Kraft der Verfassung?
Das Prinzip der normativen Kraft der Verfassung besagt, dass die Auslegung einer Rechtsnorm zu bevorzugen ist, die den Normen der Verfassung zu einer optimalen Wirkungskraft verhelfen kann.
Grundsatz des Vorrangs der Verfassung
Der Grundsatz des Vorrangs der Verfassung ist in Art. 20 III GG verankert. Die Verfassung hat Vorrang vor dem „einfachen“ Recht, das im Rang unterhalb der Verfassung steht. Verstößt „einfaches“ Recht gegen das Grundgesetz, so ist es verfassungswidrig und damit nichtig.
Verfassungskonforme Auslegung
Verstößt die Auslegung einer „einfachen Rechtsnorm“ gegen die Verfassung, so ist zunächst danach zu fragen, ob das Gesetz nicht verfassungskonform ausgelegt werden kann. Eine verfassungskonforme Auslegung einer „einfachrechtlichen“ Regelung setzt immer voraus, dass die auszulegende Rechtsnorm zumindest zwei verschiedene Bedeutungsgehalte entfaltet, von denen einer verfassungswidrig und einer verfassungskonform ist. In diesem Fall ist die auszulegende „einfache“ Regelung nicht nichtig, sondern gilt mit dem verfassungskonformen Bedeutungsgehalt. Nur wenn eine Norm keine verfassungskonforme Interpretation zulässt, ist sie verfassungswidrig und folglich
nichtig.
Verfassungsorientierte Auslegung
Der Grundsatz der verfassungsorientierten Auslegung besagt, dass von zwei möglichen Auslegungen einer „einfachen“
Rechtsnorm diejenige vorzuziehen ist, welche die Verfassung wirksamer zur Geltung bringt. Dies ist letztlich Ausdruck des Prinzips der normativen Kraft der Verfassung. Ein solcher Fall ist etwa dann gegeben, wenn eine Auslegung eines Gesetzes Bürger:innen mehr Freiheitsverwirklichung gewährt als eine andere Gesetzesinterpretation
Welche Klageformen gibt es im Staatsorganisationsrecht?
Organstreit (Art. 93 I Nr. 1 GG, § 13 Nr. 5, §§ 63 ff. BVerfGG)
Abstrakte Normenkontrolle (Art. 93 I Nr. 2 GG, § 13 Nr. 6,
§§ 76 ff. BVerfGG)
Bund-Länder-Streit (Art. 93 I Nr. 3 GG, § 13 Nr. 7, §§ 68 ff. BVerfGG)
Konkrete Normenkontrolle (Richtervorlage) (Art. 100 I GG,
§ 13 Nr. 11, §§ 80 ff. BVerfGG)
Was ist der Organstreit
Im Organstreit entscheidet das Bundesverfassungsgericht über die
Auslegung des Grundgesetzes aus Anlass von Streitigkeiten über den Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten Bundesorgans oder anderer Beteiligter, die durch das Grundgesetz oder in der Geschäftsordnung eines obersten Bundesorgans mit eigenen Rechten ausgestattet sind
Schema Organstreit
I. Zulässigkeit
1. Zuständigkeit
2. Antragsteller
3. Antragsgegner
4. Streitgegenstand
5. Antragsbefugnis
6. Rechtsschutzbedürfnis
7. Form
8. Frist
II. Begründetheit
1. Obersatz
2. Prüfung der Rechtsverletzung
I. Zuständigkeit Organstreit
Im Organstreit entscheidet das Bundesverfassungsgericht über
die Auslegung des Grundgesetzes aus Anlass von Streitigkeiten
über den Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten Bundesorgans oder anderer Beteiligter, die durch das Grundgesetz oder in der Geschäftsordnung eines obersten Bundesorgans mit eigenen Rechten ausgestattet sind (Art. 93 I Nr. 1 GG, § 13 Nr. 5 BVerfGG). Vorliegend streiten der/die Antragsteller:in [konkret benennen] und der/die Antragsgegner:in [konkret benennen] über den Streitgegenstand [konkret benennen], sodass das Bundesverfassungsgericht zuständig ist (Art. 93 I Nr. 1 GG,
§ 13 Nr. 5, §§ 63 ff. BVerfGG).
II. Antragsteller Organstreit
Antragsteller:in kann ein oberstes Bundesorgan oder ein anderer
Beteiligter, der im Grundgesetz oder in der Geschäftsordnung eines obersten Bundesorgans mit eigenen Rechten ausgestattet ist,
sein (Art. 93 I Nr. 1 GG, § 13 Nr. 5 BVerfGG). Sie werden zum
Teil in § 63 BVerfGG aufgezählt. Allerdings ist diese Regelung
begrifflich zu eng, wenn sie ausführt, „nur“ die in ihr genannten
Bundesorgane und Organteile seien im Organstreit parteifähig.
Vor dem Hintergrund des insofern weiter gefassten Art. 93 I Nr. 1 GG muss § 63 BVerfGG verfassungskonform so
ausgelegt werden, als dass er nur eine beispielhafte und damit keineswegs abschließende Aufzählung enthält.