prüfung Flashcards
Gibt es eine Translationswissenschaft?
Pudor 1814 - Es gibt in allen Bereichen Theorien – aber keine vollständige für die Translationswissenschaft. Alles nur Fragmente und Ansätze. Aber es sollte eine geben.
Wehling 2009 – Alle wollen Translation fördern, an Universitäten werden Translationszentren gegründet, die EU hat das Wort Übersetzung in jedem zweiten Projekttitel – ABER: noch keine methodologische Wissenschaft, die den Translationsprozess unterstützt. Brauchen Methoden um Verfahren der Translation zu standardisieren.
Institutionalisierungsprozesse zur wissenschaftstheoretischen Positionierung
- akademische – Forschung im Bereich der Translationswissenschaft
- Politische – Unterstützung und Wertschätzung des Feldes
- Ökonomische – richtige Wertschätzung des Gegenstandes
- Berufsständische – Ausbildung und Qualitätssicherung der Übersetzungen
Welche Art von Wissenschaft ist die Translationswissenschaft?
Theoretische Wissenschaft - Ziel: Wahrheit
Anwandte Wissenschaft - Ziel: Praxis
Handlungswissenschaft - Ziel: Menschlichen Handlungsausschnitt erklären, beschreiben, verstehen
Definitionen aus der Perspektive verschiedener Wissenschaften
Linguistische Definitionen: Oettinger, Kade, Koller
• „Vorgang der Umwandlung von Zeichen oder Darstellung in andere Zeichen oder Darstellungen“, „Das zentrale Problem […] besteht darin, den Sinn unverändert zu halten (Oettinger)
• „kommunikativ äquivalenter Text“ (Kade)
• „Between the resultant text in L2 (the target-language text) and the source text in L1 (the source-language text) there exists a relationship, which can be designated as a translational, or equivalence relation“ (Koller)
translational, or equivalence relation“ (Koller)
Handlungstheoretische Definitionen: Vermeer, Ammann, Holz-Mänttäri
• „Gegenstand translatologischer Forschung und Lehre sind Tätigkeiten, die auf die professionelle Herstellung von Texten abzielen, mit denen in anderen Handlungsrollen kommuniziert werden soll.“ (Holz-Mänttäri)
Deskriptive Hypothesen: Toury, Bassnett
• “any target-culture text for which there are reasons to tentatively posit the existence of another text, in another culture and language, from which it was presumably derived by transfer operations” (Toury)
Semiotische Definitionen: Jakobson, Stecconi
• Jakobson unterscheidet zwischen Intralingual, interlingual und intersemiotic translation
Offene Phänomenbeschreibungen: Zwillling, Hermans
• „Unter Pluralismus verstehen wir hier die Anerkennung der Gleichwertigkeit unterschiedlicher Interpretationen des Translat-ionsvorgangs angesichts der Tatsache, daß en realer Translations-akt so vielschichtig und unerschöpflich ist, daß jede auch noch so raffinierte Interpretation eine Existenzberechtigung besitzt.“ (Zwilling)
Deskriptive Translation Studies
Ausrichtung: Zieltext-orientiert.
Betrachten Übersetzung nicht als Phänomen mit fixer Anbindung an Ausgangstext.
Wie funktionieren Übersetzungen in der Zielkultur?
Äquivalenz ist weniger wichtig. Nicht wie soll eine Übersetzung sein, sondern wie funktioniert eine Übersetzung in einer bestimmten Zeit in einer bestimmten Kultur? Beschreibung des Phänomens ohne Wertung, um es zu beschreiben. (literarische Übersetzungen)
Grundlagen der DTS
• Polysystemtheorie (Even-Zohar)
Text muss in irgendeiner Form in das literarische System eingebettet werden. Welcher Verlag? Welcher Stellenwert? -> Texte, die übersetzt werden sind immer im systemischen Zusammenhang zu analysieren.
• Normen-kategorisierung (Toury)
Normen bei Übersetzung – wirken auf Übersetzung und ÜbersetzerIn ein.
- Initialnormen: Was wird übersetzt, was wird nicht übersetzt? -> Auswahl. Was sind die Auswahlfaktoren? Aus welchen Sprachen? Übersetzungspolitik.
- Matrixnormen: Welchen Stellenwert hat der Ausgangstext bzw. die Zielkultur für die Übersetzung? Anpassung an zielkulturelle Normen oder möglichst genaue Reproduktion des Ausgangstextes? -> unterschiedl. Herangehensweisen je Epoche und Kultur.
- Operativnormen: Wie werden bestimmte Phänomene übersetzt?
Weiterentwicklung der DTS (01)
Translatorische Universalien: 80er + 90er Jahre: Gibt es über Normen hinaus auch Universalien? Es geht um die Suche nach Dingen, die alle Übersetzungen gemeinsam haben und dem Verlangen, zu erklären, was eine Übersetzung ist.
Ziel: Systematisierung, Prognosen der Übersetzungen. Erleichterung der Definition von Übersetzungen.
Universalien wollen im Text Merkmale finden, die darauf hinweisen, dass der Text eine Übersetzung ist (und welche in jeder Übersetzung vorhanden sind). Eine Universalie muss für alle Übersetzungen gelten, und NUR für Übersetzungen.
Bedingungen für Translatorische Universalien (DTS)
- muss mit dem Übersetzungsprozess zusammenhängen
- muss spezifisch sein für Übersetzungen und nicht für originale Texte
- muss unveränderlich sein über Zeit- und Kulturgrenzen.
Ergebnis der ersten Suche nach Translatorischen Universalien (DTS)
Untersuchung war erst mit Entwicklung von elektronischen Systemen möglich. Blum-Kulka in den 80ern sagt: Was alle Übersetzungen gemeinsam haben: sie sind kohäsiver als die Ausgangstexte. Was im Ausgangstext unklar, mehrdeutig ist, wird in der Übersetzung eindeutiger gemacht. – sehr häufig der Fall, aber noch keine Universalie.
Vielleich können doch keine Universalien erstellt werden, aber dafür Gesetze. (Gesetze kann man brechen)
Tourys Gesetze als Ersatz für Translatorische Universalien?
Toury’s Gesetze:
- Standardisierung: Texteme werden in Repertoireme umgewandelt. Ungewöhnlicher Sprachgebrauch wird an normalen Sprachgebrauch angepasst. Standardisierung der Sprache.
- Interferenz: In der Übersetzung werden regelmäßig Merkmale der Ausgangssprache (grammatikalische Strukturen, sprachliche Merkmale, Aufbau) übernommen.
Diese Merkmale sind zwar oft in Übersetzungen vorhanden, können aber dennoch nicht wirklich als Gesetze gesehen werden.
Mona Bakers Beitrag zur Suche nach Translatorischen Universalien (DTS)
Mona Baker: 4 Universalien
- Explicitation – Verdeutlichung. In der Übersetzung werden Dinge expliziter formuliert als im Ausgangstext. Was im Original implizit ausgedrückt wird, wird im Text explizit gemacht.
- Simplification – Vereinfachtung. Komplexe grammatikalische Strukturen werden in der Übersetzung vereinfacht. Hat wieder mit Verständnis zu tun.
- Normalization – Normalisierung. (Toury’s Standardisierung) Grundsätzlich ist in Übersetzungen ein konservativerer Sprachgebrauch zu finden als im Ausgangstext.
- Leveling-out – Livelieren des Textes. Texte ahmen anderen Übersetzungen nach, ähneln sich untereinander. (bzgl. sprachlicher Merkmale, Satzlänge etc.)
Korpus Translatorische Universalien
Korpus mit belletristischen Texten, Biographien, Nachrichten, Texten aus Flugmagazinen…
Zusammenstellung des Korpus in eine bestimmte Sprache aus verschiedenen Zeiten, Kulturen etc. + Parallelkorpus aus Originaltexten. Computer sucht nach formalen sprachlichen Aspekten (Satzlänge, grammatikalische Strukturen etc.)
Translatorische Universalien waren lange ein relativ wichtiger Forschungsbereich. Es wurden aber keine wirklichen Universalien gefunden…
Weiterentwicklung der DTS (02)
Übersetzen als „Rewriting“
Lefevre will DTS durch neue Konzepte bereichern. Anhänger der Polysystemtheorie, kritisiert aber, dass es vor allem um Texte geht. Akteure fehlen! Müssen auch erforscht werden, um Übersetzungen zu verstehen. Ideology, poetics, power.
Übersetzen ist Teil des Rewriting. Das Neu- und Umschreiben von Texten. Verschiedene Formen des Rewriting – von Buchrezension, Hintergrundinformation bis Übersetzen. Rewriting verfolgt bestimmte Absicht auf Grundlage einer bestimmten Ideologie, basiert auf Machtverhältnisse.
Was ist am Übersetzen als “rewriting” besonders?
sie formen das Bild, das eine Gesellschaft von einer anderen Kultur hat und definiert somit automatisch auch das Eigene. –Immer mit bestimmten Absichten und Zielen.
In welchen Kontext stellt Lefevre den Übersetzungsbegriff im Rahmen des Rewritings?
- Patronage: Einflüsse, Akteure wirken auch von Außerhalb auf dieses System ein – Politik, Religion, Medien.
- Poetik: Innerhalb eines Systems regulieren Akteure die Poetik – was ist gut, was ist akzeptabel, wie soll ein literarischer Text aussehen?
Diese beiden Gruppen regulieren das Schreiben von Texten. Dabei sind wesentlich: - Ideologie: Werte einer Gesellschaft – was gilt als gut, schlecht, richtig, falsch?
- Ökonomie: bringt die Übersetzung eines Textes etwas?
- Status: bringt die Übersetzung eines Textes etwas? (hängt eng mit Ökonomie zusammen)
Beteiligte Personen sind entscheidend dafür, was/wie übersetzt wird. (Aufgrund ihrer Interessen)
Refraction – weitere Form des Rewriting. Neuer Text existiert unabhängig und losgelöst vom Original. Es gibt in der Wahrnehmung kein Original mehr. (z.B. bei berühmten Werken die auf unterschiedlichste Weise reproduziert werden.)
Welches Beispiel kann passend zu Lefevres Idee des Rewriting bei der Üersetzung genannt werden?
Übersetzung von Comics
Entstanden in den USA für Tageszeitungen – Wurzeln in Europa. Werden jetzt übersetzt. Höhepunkt nach dem 2. WK (ins Deutsche). Viele Änderungen, die nur durch das Große, Ganze erklärt werden können.
Fix und Foxi: 1. Übersetzung von Asterix und Obelix -> Sigi und Barabas. Spielt in Deutschland, dort heißt Bonhalla, Besatzer: Amerikaner statt Römer. Es wird sehr viel verändert.
Probleme mit Sprache, Srechblasen. Klingt holprig, nicht wie gesprochene Sprache.
-> Wer sind die Akteure? Es gab keine erfahrenen Verlage, Übersetzer etc, aber es gab Interesse und ökonomische Möglichkeiten. Daher wurden die Texte schnell übersetzt, ohne Normen, Standards etc. ABER: Comics wurden gesehen als „jugend-gefährdende Schriften“. Krankheit erfunden – wenn man Sprechblasen liest, können Kinder nicht mehr gerade Zeilen lesen. -> Regulative führte zum Gesetz zum Schutz der Jugend vor jugend-gefährdende Schriften. Verleger reagierten: Das gefährdet unseren Ökonomischen Gewinn. Wir müssen selbst für Qualität sorgen. Keine Gewalt verherrlichen, Werte repräsentieren, alles in Maschinenschrift, um es dem Buch ähnlicher zu machen. Verschleierung von Herkunft. (Weil Amerikaner oft als Besatzer negativ gesehen wurden) Eingedeutschte Namen, deutsche Städte etc. Status aus pädagogischer und politischer Sicht fraglich -> Erstellung von Regulativen, was zur starken Änderung der Texte geführt hat.
Massenliteratur und Übersetzung
Was unterscheidet einen trivialen Text von einem hoch literarischen?
Trivialliteratur reproduziert, hohe Literatur bringt neues… -> Marlene Strerovi* schreibt Schundroman
Shakespeare war vulgärer Schundautor – jetzt?!?! Zuschreibungen von Außen. Das wirkt sich auch auf Übersetzung, auf Umgang mit Texten aus. Etwas ohne Wert übersetzt man anders als etwas mit hohem Wert.
Beeinflussung durch:
- formale Aspekte
- inhaltlich-ideologische Aspekte
- ökonomische Kriterien
Postkoloniale Theorien
Arbeitet stark mit Übersetzung, hat gleichzeitig starke Auswirkungen auf Übersetzungswissenschaft
Auswirkungen der Kolonialisierung der Gesellschaft. Warum Kolonialisierung? Bestimmte Interessen, Machtbeziehungen (gewaltsam). Bei Kolonialisierung trifft die eigene Kultur auf eine fremde Kultur -> wie beim Übersetzen. Hier ist es anders, keine Verstehens- und Vermittlungsprozesse, sondern gewaltsame Prozesse die auf Verfolgung etc. hinauslaufen. Übersetzung als Mittel der Auseinandersetzung, der Unterdrückung oder des Kampfs gegen Unterdrückung. Diese neue Perspektive entsteht im Postkolonialismus und wird in Übersetzungswissenschaft aufgenommen.
Es soll ein anderer Blick auf Kolonialzeit geworfen werden. Zentrum vs. Peripherie Dichotomie soll aufgehoben werden. Dezentralisiert. Einheit wird durch Diversität und Hybridität ersetzt. Dadurch wird die Frage „Wie ist die Welt organisiert?“ neu aufgestellt. -> rhizomatisches Weltbild, alles ist miteinander verknotet, verwoben, verwurzelt. (neuer Zugang, früher klare Grenzen zwischen Kulturen)
Welche Rolle hat Übersetzung im Postkolonialismus?
Stark theoretische Komponente und auch politische Dimension. Postkolonialismus nimmt Stellung, legt Machtbeziehungen offen und kritisiert diese. -> wieder Auswirkungen auf Übersetzungswissenschaft. Kann ich überhaupt neutral sein als Übersetzer? Übersetzen ist ein Machtmittel…
Wollen nicht Kolonialmächte als „böse“ und die anderen als „gut“ darzustellen. Sie wollen wissen, was passiert in dieser Situation. & kritisch Hinterfragen.
heilige Dreifaltigkeit” im Postkolonialismu
3 Menschen beeinflussten vor allem den Postkolonialismus:
Edward Said: Orientalismus
Gayatri Chakravorti Spivak: Subalternität
Homi Bhabha: Hybridität, Dritte Raum
Edward Said – Postkolonialismus
Edward Said – hinterfragte essentialistischen Kulturbegriff. Kulturen sind nicht irgendwie, sondern werden konstruiert. Zeigt auf, wie westliche Welt den Orient konstruiert hat, die dann als essentialistisch gesehen werden. Anhand von Reiseberichten, aber auch Übersetzungen. Wurde aus einer Machtposition heraus geschaffen – durch unterschiedliche Diskurse. Kulturen sind nicht, sie erfahren Zuschreibungen (von Machtpositionen heraus).
Gaytri Chakravorti Spivak - Postkolonialismus
Gaytri Chakravorti Spivak – bezeichnet sich als „bricoleur“. Hat Elemente aus verschiedenen Theorien genommen und so ihren Ansatz entwickelt. Betrachtet Genderfragen mit Dekonstruktion, Postkolonialismus und marxistischen Prozessen. Kritisiert Said – Prozesse sind viel Komplexe. Sie interessiert die Brücke, die Widersprüche die es in diesem Postkolonialem Bereich gibt.
Subalternität. Übernommen von marxistischem Philiosophen (Gramsci). Subalterne Menschen gehören keiner politischen Klasse an. Deshalb haben sie keine Stimme, es gibt keinen für die jemand spricht. ( heute: Obdachlose, z.B. ) Spivak sagt: diese Gruppen brauchen auch jemanden. Wie spreche ich über sie? Indien: Frauen doppelt ausgeschlossen. Patriarchalisches System und wirtschaftliche Ausbeutung. Man muss irgendwie an Machtstrukturen angebunden sein, sonst wird man nicht gehört. -> Übersetzung.
Homi Bhabha
Homi Bhabha – 2 Konzepte:
Hybridität. Kritisiert Said. Hat Kulturvorstellung die es nicht gibt, abgeschlossene Kulturelle Einheit. Es gibt keine „Reinheit“ der Kultur. Sie sind immer Hybride. Nicht Unterschiedlichkeit ist wichtig, sondern hybride Dimension.
Dritter Raum. Durch Kolonialisierung trafen Kulturen gewaltsam zusammen. Aushandlungsprozesse in denen Dinge passierten. Beide Kulturen wurden dadurch verändert, es kam zu Hybridisierungen. Dieses Aufeinandertreffen passiert im Dritten Raum. Identitäten werden neu geschaffen, Kulturen werden vermischt. Es entsteht etwas Drittes, Neues. Diese Hybridisierungen können auf sprachlicher, kultureller, ethnischer, politischer Ebene passieren. „Kutluren sind sowohl transnational als auch translational.“ Sind immer schon über schon über Nationen hinaus und sind immer schon übersetzt. Darum sind Kulturen unübersetzbar (weil sie schon übersetzt sind.) Wenn alles verbunden ist, wie soll ich dann von einem zum anderen kommen?
Hybridisierung führt zur Kreolisierung, Metissage etc.
Worauf fokussiert die postkoloniale Translationswissenschaft
Blick durch 3 Perspektiven:
- Macht
- Kultur
- Konflikt