Pädiatrie Flashcards
APGAR-Score
APGAR-Score: Der APGAR-Score wurde von der Anästhesistin Virginia Apgar erfunden (1952) und nach ihr benannt (Eponym) - gleichzeitig ist er aber auch ein Akronym! Beurteilung des klinischen Zustands des Neugeborenen: Beurteilung **jeweils 1, 5 und 10 Minuten nach der Geburt. **Normal 9-10 Punkte; grenzwertig 5-8 Punkte; gefährlich (vitale Bedrohung des Neugeborenen) <5 Punkte
- Appearance (Aussehen, Hautfarbe): blass/blau (0), Stamm rosig, Extremitäten blau (1), rosig (2)
- Pulse (Herzaktion): kein Puls, <100/min, >100/min
- Grimace (Gesichtsbewegung, Reaktion aufs Absaugen): keine, Grimassieren, Schreien
- Activity (Muskeltonus): schlaff, träge Flexionsbewegungen, spontane gute Eigenbewegung
- Respiration (Atmung): keine langsame, unregelmäßige Atmung bzw. Schnappatmung, regelmäßig (40/min)
Obere Plexuslähmung (Erb-Duchenne)
Obere Plexuslähmung (Erb-Duchenne) (>80%)
- Definition: Durch die Geburt entstandene Schädigung der Nervenfasern aus den Segmenten C5 und C6, Lähmung der betroffenen Muskeln: Z.B. Mm. deltoideus, biceps brachii, brachialis, brachioradialis
- Ätiologie: Zerrung des Plexus bedingt durch übermäßige Lateralflexion des Kopfes oder durch starkes Ziehen am Arm, Besonders infolge von Entbindungen mit der Zange
- Klinik: Lähmung des Schultergürtels, Herabhängender schlaffer Arm (innenrotiert und proniert), Außenrotation und Abduktion nicht mehr möglich, Arm kann im Ellenbogengelenk nicht gebeugt werden; Zwerchfellparese, wenn N. phrenicus (C4) mit betroffen
- Körperliche Untersuchung: Bizepssehnenreflex nicht auslösbar, Radiusperiostreflex nicht auslösbar, Moro-Reflex asymmetrisch
- Therapie/Prognose: Ruhigstellung durch eine Abduktionsschiene in Flexion und Außenrotation, Physiotherapie mit eventuell zusätzlicher Elektrotherapie, Verschwinden der Paresen meist nach einem Jahr
Untere Plexuslähmung (Klumpke)
Untere Plexuslähmung (Klumpke)
- **Definition: **Schädigung der Segmente C7, C8 und Th1 während der Geburt,
Parese der betroffen Muskulatur: Z.B. Mm. flexor digitorum superficialis et profundus - Ätiologie: Gleiche Ursachen wie bei der oberen Plexuslähmung
-
Klinik: Bewegung des Handgelenks und der Finger nicht möglich (Pfötchenstellung),
Horner-Syndrom (Ptosis, Miosis, Enophthalmus) bei gleichzeitiger Schädigung der zervikalen Sympathikusfasern - Körperliche Untersuchung: Fehlen des Greifreflexes, Bizepssehnenreflex intakt
- Therapie/Prognose: Schienung der Hand zur Korrektur der Pfötchenstellung, Physiotherapie mit eventuell zusätzlicher Elektrotherapie, Verschwinden der Paresen meist nach einem Jahr.
Torticollis bei Säuglingen
Torticollis bei Säuglingen
- Ätiologie: Geburtstrauma, Angeborene Fehlbildung mit einseitiger Verkürzung des M. sternocleidomastoideus (Torticollis muscularis congenitus)
- Klinik: Die Blickrichtung entspricht der gleichseitigen Kontraktion des Muskels → Patient neigt den Kopf zur kranken und guckt zur gesunden Seite, Evtl. tastbarer verdickter Muskelstrang
- Komplikation: Schädelasymmetrie, Skoliose der HWS
- Therapie: Schnelle Einleitung einer Krankengymnastik, Korrigierende Lagerung, Ggf. operativ am Ende des 1. Lebensjahrs: Tenotomie von Ansatz und Ursprung des betroffenen M. sternocleidomastoideus.
Periventrikuläre Leukomalazie
Periventrikuläre Leukomalazie
- Ischämische, meist beidseitige Läsionen im Bereich der periventrikulären weißen Substanz (deszendierende Fasern des Motorkortex).
- Treten insb. bei Frühgeborenen mit Asphyxie auf. Im Verlauf kommt es zur Zystenbildung (∅ bis 3cm) in dieser Region.
- Milde Schädigung: Meist Fasern der unteren Extremität betroffen (spastische Diplegie)
- Schwere Schädigung: Alle Fasern betroffen (spastische Tetraplegie) Therapie: Keine kausale Therapie möglich → Langjährige Physiotherapie zur frühen Förderung der motorischen Fähigkeiten
Glykogenose Typ V (McArdle)
Glykogenose Typ V (McArdle)
- Ätiologie: Defekt der Phosphorylase, die im Muskel Glykogen zu Glukose abbaut → Energie für die Muskeltätigkeit vermindert
- Klinik: Muskelhypotonie, Muskelschmerzen, Krämpfe nach Anstrengung, Beginn im Kindes- oder jungen Erwachsenenalter;
- Diagnostik: Myoglobinurie, Nachweis durch fehlenden Lactat-Anstieg im Lactat-Ischämie-Test
Galaktosämie
Galaktosämie
-
Ätiologie/Pathophysiologie: Autosomal-rezessiv vererbter Mangel an Galaktose-1-Phosphat-Uridyltransferase;
Galaktose-1-Phosphat kann nicht in Glukose-1-Phosphat umgesetzt und somit nicht in die Glykolyse eingespeist werden, Akkumulation von Galaktose-1-Phosphat - Epidemiologie: Etwa 1:40.000 in Deutschland
- Klinik: Trinkschwäche, Gedeihstörung (Gewichtsabnahme), Erbrechen, Durchfall,Hepatomegalie, Ikterus, Gerinnungsstörungen, akutes Leberversagen Komplikationen: Unbehandelt kommt es innerhalb von wenigen Wochen zu Katarakt,Leberzirrhose und geistiger Retardierung
- Diagnostik: Neugeborenen-Screening (Nachweis von Galaktose/Galaktose-1-Phosphat im Blut), Nachweis von Galaktose im Urin (Reduktionsprobe), Hyperbilirubinämie
- Therapie: Sofortiger Stopp der Lactose-Zufuhr! Lebenslange Galaktose bzw. Laktose-freie Diät
Hereditäre Fruktoseintoleranz
Hereditäre Fruktoseintoleranz
- Ätiologie: Autosomal-rezessiver Fruktose-1-Phosphat-Aldolase-Mangel;
Akkumulation von Fructose-1-Phosphat → Hemmung der Glykolyse → Hypoglykämie - Klinik: Beginn mit Umstellung von Muttermilch/ Pre-Milchnahrung auf saccharosehaltige Säuglingsmilch, Blässe, Schwitzen, hypoglykämische Krampfanfälle, Erbrechen, Hepatomegalie, Ikterus, Blutungsneigung, Gedeihstörung
- Diagnostik: Mutationsnachweis, Transaminasen↑, Quick↓, Fruktose-Belastungstest nur in Ausnahmefällen (i.v.-Gabe von Fruktose → Blutzucker/Phosphat↓)
- Therapie: Lebenslange Fruktose-/Saccharose-freie Diät
Dreimonats-Koliken
Bei Säuglingen: “Dreimonats-Koliken”
- Anhaltende Schreiattacken von Säuglingen nach den Mahlzeiten, Höhepunkt um die 6. Lebenswoche, Abklingen gegen Ende des 3. Lebensmonats
- Genaue Ursache unklar, Zu große Trinkmengen, Aerophagie, vermehrte Gasbildung mit Meteorismus und schmerzhafte Peristaltik werden diskutiert
- Keine Therapie erforderlich
- Blutbeimengungen im Stuhl sprechen gegen Dreimonats-Koliken und müssen in jedem Fall abgeklärt werden! (Mögliche Ursachen sind bspw. Darminvaginationen und infektiöse Darmerkrankungen)
Achondroplasie
Achondroplasie
- Definition: Autosomal dominante Erkrankung der enchondralen Ossifikation, zu 80% aber Neumutation;
Mutation im fibroblast-growth-factor-receptor-3-Gen (FGFR-3) - Epidemiologie: Häufigste Skelettdysplasie, Neumutationswahrscheinlichkeit steigt mit dem Alter des Vaters zum Zeitpunkt der Zeugung
- Klinik: Normale Rumpflänge, Überproportional vergrößerter Kopf mit gewölbter Stirn,
Kleine plumpe Extremitäten, Körperlänge <130cm, Spinalkanalstenose - Diagnostik: Röntgen der Wirbelsäule, Abgeflachte Wirbelkörper, Brust-Kyphose, Lenden-Lordose
Prader-Willi-Syndrom
Prader-Willi-Syndrom
- Definition: Defekt des Chromosoms 15 (paternale Deletion, maternale Disomie oder selten Imprinting-Fehler)
- Weitere Charakteristika: Muskuläre Hypotonie im Säuglingsalter, Hypogenitalismus, geistige Retardierung, im Verlauf unstillbarer Hunger der zu Adipositas per magna führt
Wiedemann-Beckwith-Syndrom
Wiedemann-Beckwith-Syndrom
- Konnatale Makrosomie
- Exophthalmus, Makroglossie, “Kerbenohren”, Mittelgesichtshypoplasie
- Organvergrößerungen (Herz, Leber, Niere etc)
- Omphalozele
- Hypoglykämien, Hyperinsulinismus
Sotos-Syndrom
Sotos-Syndrom
- Ätiologie: Mutation im NSD1-Gen auf Chromosom 5, Symptombeginn: Konnatal oder innerhalb der ersten 4. Lebensjahre Großwuchs
- Symptome: Gigantismus, Makrozephalus, Hohe Stirn, Langes Gesicht, Hypertelorismus, Spitzes Kinn, Hoher Haaransatz
- Psychomotorische Retardierung
- Endgröße des Erwachsenen oft nicht erhöht
Zentrale Pubertas praecox
Zentrale Pubertas praecox (früher Pubertas praecox vera)
- Eine vorzeitige hypothalamische Reifung kann zu einer Pubertas praecox führen, also zu einem vorzeitigen Auftreten von Pubertätszeichen. Das Krankheitsbild wird “zentrale Pubertas praecox” genannt und unterscheidet sich von der Pseudopubertas praecox durch ein erhöhtes GnRH.
- Ursache: Überproduktion von GnRH, z.B. bei Hypophysentumoren, Ektoper Hormonproduktion
- Therapie: Gabe von GnRH-Analoga im Rahmen eines engmaschigen Therapiemonitorings
- Eine Pubertas praecox hat einen zentralen Ursprung (z.B. Hypothalamus), eine Pseudopubertas praecox einen peripheren (z.B. Keimzelltumoren)!
Pubertätszeichen gelten als vorzeitig bei: Jungen vor dem vollendeten 9. Lebensjahr,
Mädchen vor dem vollendeten 8. Lebensjahr
Pseudopubertas praecox
Pseudopubertas praecox
- Bei einer Pseudopubertas praecox kommt es zu einer vorzeitigen Pubertätsentwicklung ohne Erhöhung von GnRH.
- Ursache: Überproduktion von Geschlechtshormonen, z.B. bei
Adrenogenitalem Syndrom, Hormonproduzierenden Keimzelltumoren (z.B. Granulosazelltumoren) - Diagnostik: Erhöhtes Östrogen/Testosteron bei supprimiertem FSH
- Therapie: Hormonelle Substitution abhängig von der Grunderkrankung, evtl. operative Verfahren zur Tumorentfernung
- Eine Pubertas praecox hat einen zentralen Ursprung (z.B. Hypothalamus), eine Pseudopubertas praecox einen peripheren (z.B. Keimzelltumoren)!
- Pubertätszeichen gelten als vorzeitig bei: Jungen vor dem vollendeten 9. Lebensjahr,
Mädchen vor dem vollendeten 8. Lebensjahr
Silver-Russel-Syndrom
Silver-Russell-Syndrom
Definition: Seltenes sporadisch auftretendes Syndrom des intrauterinen Kleinwuchses
Klinik: Körperlänge reduziert, Relative Makrozephalie, Charakteristische Gesichtsform: Unproportioniert dreieckig wirkendes Gesicht mit hoher Stirn, herabhängenden Mundwinkeln und spitzem Kinn, Klinodaktylie (Schiefstellung der Finger), Normale bis leicht verminderte geistige Leistungsfähigkeit
Langerhans-Zell-Histiozytose
Langerhans-Zell-Histiozytose
Umfasst folgende Entitäten (veraltete Bezeichnungen): Histiozytose X, Abt-Letterer-Siwe-Syndrom, Schüller-Christian-Hand-Syndrom, eosinophiles Granulom
Definition: Tumorähnliche Erkrankungen mit Proliferation histozytärer Zellen
Abt-Letterer-Siwe-Syndrom: Schwerste Verlaufsform
Eosinophiles Granulom: Milde Verlaufsform, Lokalisation: Schädel, Becken, Wirbelsäule, Rippen
Charakteristika: Auftreten insbesondere im Säuglingsalter, Akute und disseminierte Infiltration verschiedenster Organe (Lunge, Knochenmark, Haut, Leber, Milz, Lymphknoten mit Lymphadenopathie), Unbehandelt hohe Letalität
Infantile Zerebralparese
Infantile Zerebralparese
Definition: Frühkindliche Schädigung des unreifen Gehirns mit unterschiedlichem Ausprägungsbild motorischer Störungen
Ätiologie: Gefäßverschlüsse, Hirnblutung, Infektionen; Risikofaktor: Frühgeburt
Klinik: Spastische Erhöhung des Muskeltonus, Da sowohl der Muskeltonus der Agonisten als auch der Antagonisten erhöht ist, die Kraft der Beugemuskulatur aber i.d.R. überwiegt, kommt es zu charakteristischen Körperhaltungen, z.B. zu einer Spitzfußstellung (Überwiegen des M. triceps surae), Scherengang (durch spastische Paraparese der Hüftadduktoren), Extrapyramidale Störungen (Dystonie, Chorea), Gesteigerte Muskeleigenreflexe, positive Pyramidenbahnzeichen (Babinski-Reflex)
Retinoblastom
Beim Retinoblastom handelt es sich um den häufigsten malignen Tumor der Netzhaut im Kindesalter, welcher sporadisch oder hereditär auftreten kann. Diagnostisch wegweisend ist häufig eine Leukokorie, also ein weißer anstelle des normalen roten Fundusreflexes. Bei der Therapie kleiner, lokalisierter Tumoren wird eine visuserhaltende Therapie angestrebt, häufig bleibt allerdings nur die Enukleation als kurative Behandlungsoption. Die Heilungschancen bei früher Therapieeinleitung sind sehr gut. Deutlich erhöhtes Risiko für Osteosarkome
Neuroblastom
Das Neuroblastom ist ein maligner Tumor des sympathischen Nervensystems und nach ZNS-Tumoren der häufigste maligne solide Tumor im Kindesalter. Der Tumor entstammt den Zellen der Neuralleiste und kann in allen Geweben auftreten, in denen sich Ansammlungen von sympathischen Nervenzellen befinden, also bspw. im Nebennierenmark, im Grenzstrang oder in den Paraganglien (z.B. Glomus caroticum). Die Klinik ist entsprechend abhängig von der Lokalisation der Tumoren, deren spontane Regression samt begleitender Metastasen nicht selten beobachtet wird. Zumeist befinden sich die Primärtumoren aber im Abdomen und fallen durch unspezifische Bauchschmerzen und Vorwölbung des Abdomens auf. Bei der Diagnostik ist die Bestimmung der Vanillinmandelsäure im Urin wichtig. Die Therapie richtet sich nach dem Alter des Kindes und dem Stadium der Erkrankung. Die Prognose kann je nach Stadium sehr gut sein.
Mukoviszidose
Die Mukoviszidose ist eine autosomal-rezessiv vererbte Stoffwechselerkrankung, die auf einem Chloridkanal-Defekt beruht. Der hierdurch erhöhte Chloridgehalt des Schweißes kann mittels Pilocarpin-Iontophorese (Schweiß-Test) gemessen werden. Nicht selten wird die Erkrankung aber auch unmittelbar nach der Geburt durch das Ausbleiben des ersten Stuhls des Neugeborenen (Mekoniumileus) auffällig. Die späteren Symptome ergeben sich aus den hyperviskösen Sekreten der exokrinen Drüsen. Durch gestörten Sekretfluss der Atemwege ist das Auftreten von chronischen Infekten mit Husten und resistenten Keimbesiedlungen begünstigt, die langfristig zu einem Lungenemphysem führen. Eine gestörte Pankreas- und Gallenausscheidung führt zu Verdauungsstörungen sowie einer chronischen Schädigung dieser Organe. Die Therapie kann bis heute nur symptomatisch erfolgen, so dass die Lebenserwartung der Betroffenen auch heute noch stark eingeschränkt ist. Über 90% der Patienten versterben im frühen Erwachsenenalter (medianes Überleben liegt etwa bei 35 Jahren) meist an den Komplikationen der langjährigen Lungenerkrankung.
- Allgemein: Gedeihstörung, Verzögerte Pubertätsentwicklung
- Abdomen: Frühes Zeichen: Verzögerter Mekoniumabgang oder Ausbleiben des Mekoniumabgangs (→ Mekoniumileus, siehe Komplikationen) Beruht auf exokriner Pankreasinsuffizienz. Im Verlauf übelriechende, massive Fettstühle; Maldigestion; Aufgetriebenes Abdomen, Eventuell Rektumprolaps
- Respirationstrakt: Chronischer produktiver Husten, Rezidivierende Infekte mit charakteristischen Erregern (zunächst Haemophilus influenzae undStaphylococcus aureus, später gramnegative Problemkeime wie Pseudomonas aeruginosa oder Burkholderia cepacia, Hämoptysen, Bronchiektasenbildung, Chronische Sinusitis und eventuell Polyposis nasi
- Gallengang und Leber: Cholezystolithiasis, Cholestase, Leberverfettung (sonographisch erhöhte Echogenität) bis hin zur biliären Zirrhose
- Schweißdrüsen: Stark salzhaltiger Schweiß → Elektrolytverlust; Nahezu normale Schweißmengen
- Keimdrüsen: ♂: Infertilität durch Obliteration des Ductus deferens, ♀: Verminderte Fertilität
Diagnostische Verfahren
- Pränatal: Untersuchung von Chorionzottenproben
- Körperliche Untersuchung: Exspiratorisches Giemen (Obstruktion), feuchte Rasselgeräusche (Hinweis auf Pneumonie). Bei chronischer respiratorischer Insuffzienz: Uhrglasnägel und Trommelschlägelfinger bedingt durch chronische Hypoxie.
- Serum: Erhöhung des immunreaktiven Trypsins im Serum, Hypochlorämische Alkalose möglich (durch Salzverlust)
- Stuhl: Verminderung des Chymotrypsin- bzw Pankreaselastasegehaltes im Stuhl
- Pilocarpin-Iontophorese (Schweiß-Test): Dreimalige Durchführung, Werte von Natrium oder Chlorid >60mval/l gelten als pathologisch. In den ersten sechs Lebenswochen zeigen sich auch bei gesunden Neugeborenen/Säuglingen erhöhte Werte → erst Werte >90mval/l pathologisch (und beweisend für Mukoviszidose).
Komplikationen
- Mekoniumileus: Definition: Ausbleiben des Stuhlgangs beim Neugeborenen (Mekoniumabgang physiologisch nach 24-48 Stunden); Ätiologie: Häufigste Ursache ist Mukoviszidose (>90%); Klinik: Bild des tiefen Dünndarmileus; Diagnostik: Röntgen-Abdomen im Hängen (mit Kontrastierung des Darms), Geblähter Dünndarm, Mikrokolon, “Soap-bubbles” (Neuhauser-Zeichen), Mekoniumileus zeigt aufgrund klebriger Stuhlbeschaffenheit oftmals keine Spiegel; Therapie:Kontrastmitteleinlauf; Operation bei Perforation oder Volvulus indiziert
- ABPA (allergische bronchopulmonale Aspergillose; ca. 10% der Patienten im Verlauf des Lebens) Lungenemphysem, Pneumothorax, Cor pulmonale
- Pankreopriver Diabetes mellitus mit seinen Folgen
- Biliäre Zirrhose mit portaler Hypertension
AGS
Das adrenogenitale Syndrom subsumiert eine Gruppe von autosomal-rezessiven Stoffwechselstörungen, die in der Nebennierenrinde zu einer verminderten Kortisolsynthese und gelegentlich zusätzlich zu verminderter Aldosteronsynthese führt. Durch den negativen Feedback-Mechanismus auf die Nebenniere (ACTH↑) werden verstärkt Androgene produziert. Deshalb kann bei der Geburt bei Mädchen eine Klitorishypertrophie und bei Jungen ein vergrößerter Penis auffallen. Ist von der Stoffwechselstörung auch die Aldosteronsynthese betroffen, entwickelt sich postnatal oftmals schnell eine lebensbedrohliche Krise mit Hyperkaliämie und metabolischer Azidose. Symptome dieser Salzverlust-Krise können Erbrechen, Exsikkose und Schock sein. Bekannte Enzymdefekte: 21-Hydroxylase (ca. 85%). Beim adrenogenitalen Syndrom liegt eine Störung der Kortisolsynthese in den Nebennierenrinden vor, wodurch es zu einer erhöhten Produktion der Hormonvorstufen (Testosteron) kommt. Beim weiblichem Genotyp kommt es aufgrund der hohen Testosteronspiegel zur Ausbildung eines männlichen Phänotyps, was als Pseudohermaphroditismus femininus bezeichnet wird.
Adrenogenitales Syndrom ohne Salzverlustsyndrom
- *Weibliches Geschlecht**: Pseudohermaphroditismus femininus: Weiblicher Genotyp (XX) bei männlichem Phänotyp; Äußere Genitalien: Klitorishypertrophie von Geburt an, Innere Genitalien: Regelrechte Anlage von Uterus und Ovar, Polyzystische Ovarien, _Frühzeitige Pubarche mit männlichem Behaarungstyp (Hirsutismus), _Pseudopubertas praecox (frühzeitige Pubertät ohne Erhöhung von GnRH), Gestörte Menstruation
- *Männliches Geschlecht**: Pseudopubertas praecox (frühzeitige Pubertät ohne Erhöhung von GnRH), Äußere Genitalien: Vergrößerter Penis aber __Kleine Hoden, hyperpigmentiertes Skrotum (Eine generell vermehrte Hyperpigmentierung der Haut kann sich bei männlichen und weiblichen Betroffenen zeigen; häufig beschrieben ist die Hyperpigmentierung des Skrotums)
Die Patienten zeigen aufgrund des Überangebotes an Androgenen ein schnelles Knochenwachstum und eine frühe Knochenreife - sie sind daher als Kinder überdurchschnittlich groß! Jedoch sind sie durch den verfrühten Epiphysenschluss im Erwachsenenalter wiederum eher klein
Adrenogenitales Syndrom mit Salzverlustsyndrom
Beim Salzverlustsyndrom ist die Aldosteronproduktion ebenfalls gestört. Die Erkrankung ist aufgrund Dehydratation und Elektrolytstörungen bereits in den ersten Lebenswochen lebensgefährlich (schwerer Hypoaldosteronismus): Natrium↓, Kalium↑, metabolische Azidose, Exsikkose, Erbrechen, Gewichtsverlust, Apathie; Normalerweise kommt es durch Erbrechen zu einer Hypokaliämie - Kinder mit AGS mit Salzverlustsyndrom haben dennoch eine Hyperkaliämie!
α1-Antitrypsin-Mangel (ATT-Mangel)
α1-Antitrypsin-Mangel (ATT-Mangel)
- Vererbungsmodus: Autosomal-rezessiv vererbt; Homozygote (schwere) Form (<0,2% der Bevölkerung); Heterozygote (leichte) Form (5-10% der Bevölkerung)
- Pathophysiologie: α1-Antitrypsin ist ein hepatisch synthetisierter Protease-Inhibitor. Bei Erkrankung an α1-Antitrypsin-Mangel liegt in den meisten Fällen eine Genmutation vor, die zu einer Konformationsänderung und gestörten Sekretion von α1-Antitrypsin aus den Hepatozyten führt (es gibt auch eine Form des α1-Antitrypsin-Mangels, bei der überhaupt kein α1-Antitrypsin synthetisiert wird): Folgen für die Leber: Gestörte Sekretion aus den Hepatozyten → Intrazelluläre Akkumulation → Hepatitis und Leberzirrhose; PAS-positive, kugelige Einschlüsse in periportalen Hepatozyten. Folgen für die Lunge: Mangel an α1-Antitrypsin im Plasma → Gesteigerte Proteaseaktivität in der Lunge und Zerstörung der Lungenarchitektur → Lungenemphysem
- Symptome: Schwere Form zeigt früh hepatische Manifestation → Prolongierter Ikterus neonatorum, Hepatitis und Leberzirrhose (bereits im Kindesalter möglich), Lungenemphysem meist erst im Verlauf; Leichte Form zeigt vor allem pulmonale Manifestation im jungen Erwachsenenalter, auch hepatische Beteiligung möglich.
- Diagnostik: Elektrophorese (erniedrigte Alpha1-Zacke), Antitrypsin-Spiegel, Leberbiopsie
- Therapie: Antitrypsin-Substitution, symptomatisch, ggf. Lebertransplantation (beseitigt ATT-Mangel!)
Phenylketonurie
Phenylketonurie (PKU)
Erbgang: Autosomal-rezessiv
Pathophysiologie: Defekt der Phenylalaninhydroxylase (PAH) in der Leber → Umwandlung von Phenylalanin in Tyrosin gestört → Kumulation von Phenylalanin (im ZNS, nicht in der Leber!) → Beeinträchtigung des Hirnwachstums sowie Ausscheidung (auch von Metaboliten) im Urin↑ (“Phenylketonurie”)
Klinik: Ab dem 4.-6. Monat fällt beim Kind ein psychomotorischer Entwicklungsrückstand auf, 50% zerebrale Krampfanfälle, Oft helle Haare
Diagnostik/Prophylaxe: Heute: Direkte Bestimmung von Phenylalanin im Rahmen des Neugeborenenscreenings aus Fersenblut am 2. Lebenstag;
Bei Nachweis einer Hyperphenylalaninämie: Oraler Tetrahydrobiopterin-Belastungstest,
Indirekte Phenylalaninmessung am 5. Lebenstag (Guthrie-Test)
Therapie: Phenylalanin-arme Diät
Lesch-Nyhan-Syndrom
**Lesch-Nyhan-Syndrom **(Stoffwechselstörung der Harnsäure)
Ätiologie: X-chromosomal-rezessive Vererbung, Defekt der Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyl-Transferase;
Klinik: Bis 6. Lebensmonat klinisch unauffällig, Choreoathetotische Bewegungsstörungen mit Autoaggression, Geistige Entwicklungsminderung
Diagnostik: Nachweis des Enzymdefekts, Hyperurikämie (Störung des Purinstoffwechsels)
Therapie: Allopurinol (kausale Behandlung nicht möglich), Purin-arme Diät
Prognose: Unbehandelt in den ersten Lebensjahren tödlich (durch Hyperurikämie induzierte Organschäden → Nierenversagen)
Martin-Bell-Syndrom (Fragiles-X-Syndrom, Marker-X-Syndrom)
Martin-Bell-Syndrom (Fragiles-X-Syndrom, Marker-X-Syndrom)
Definition: X-chromosomal-rezessiv vererbte Erkrankung durch Veränderung des FMR1-Gens (fragile X mental retardation 1-Gen) → Durch Verlängerung der CGG-Tripletts (Trinukleotid-Repeat-Erkrankung) kann das Genprodukt nicht mehr abgelesen werden.
Epidemiologie: Nach Trisomie 21 häufigste Ursache geistiger Retardierung; Geschlecht: ♂>>♀
Klinik: Unterschiedlich ausgeprägte geistige Retardierung, Verzögerung der Sprachentwicklung, autistisches Verhalten, Hyperaktivität, Körpergröße und Kopfumfang liegen im oberen Normbereich, Anomalien der Körperstrukturen, z.B. langes Gesicht, große Ohren, überstreckbare Gelenke; Bei männlichen Patienten: Große Hoden (können bereits vor der Pubertät vergrößert sein)
Diagnose: Molekulargenetisch (PCR, Southern Blot), Zytogenetischer Nachweis, Therapie: Symptomatische Förderung
Zellweger-Syndrom
Zellweger-Syndrom (zerebrohepatorenales Syndrom)
Definition: Autosomal-rezessive Störung der Peroxisomenbildung
Klinik: Missbildung des Gesichts und Kopfes, Hypotonie der Muskeln, Hepatomegalie, Zystennieren, Krampfanfälle
Diagnostik: Erhöhte Konzentration überlangkettiger Fettsäuren im Blut Prognose: Tod bereits im Säuglingsalter, keine Therapie möglich
Di-George-Syndrom
Di-George-Syndrom
Definition: Defektimmunopathie, die auf einer Thymushypoplasie mit T-Lymphozyten-Störung fußt
Genetik: Mikrodeletion auf Chromosom 22 (22q11.2), Nachweis durch Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) oder Sequenzierung des TBX1-Gens
Synonym: CATCH-22-Syndrom
Cardiac Anomalies = Herzfehler, Anomalous Face = Gesichtsdysmorphie, Thymusaplasie/Hypoplasie, Cleft palate = Gaumenspalte, Hypocalcaemia = Hypoparathyreoidismus
Betroffenes Chromosom = 22
Therapie: Behandlung der Immundefizienz: Antibiotika, Virostatika und Antimykotika, Thymustransplantation
Pierre-Robin-Sequenz (Pierre-Robin-Syndrom)
Pierre-Robin-Sequenz (Pierre-Robin-Syndrom)
Definition: Fetale Fehlbildung des Mund-Kiefer-Gesichtsbereichs unklarer Genese
Klinik: Gaumenspalte, Glossoptose, Mikroretrogenie, Eventuell geistige Retardierung
Komplikationen: Gefahr der akuten Atemnot und der Aspiration, Begleitfehlbildung
Therapie: Symptomatische Therapie, Operative Korrektur
Rett-Syndrom
Rett-Syndrom
Nach einer scheinbar normalen frühen Entwicklung erfolgt beim Rett-Syndrom ein teilweiser bis vollständiger Verlust der Intelligenz und kognitiver Fähigkeiten wie Sprache, Lokomotion und Gebrauchsfähigkeiten der Hände. Die Erkrankung betrifft fast nur Mädchen.
Beginn: 7.-24. Lebensmonat
Genetik: Mutation im MECP2-Gen, X-chromosomal-dominanter Erbgang; Meist kein vererbter Gendefekt, sondern spontane Neumutation. Oft kann die mutierte Kopie des MECP2-Gens dem Allel des Vaters zugeordnet werden. Eine zufällige Mutation bei der Spermienbildung ist die Ursache. Folglich sind meist Mädchen von der Erkrankung betroffen. Erkrankungsrisiko wird demnach nicht beeinflusst, wenn Verwandte betroffen sind
Klinik: Entwicklungsstillstand innerhalb des ersten Lebensjahres nach vorher normaler Entwicklung, Verlust zielgerichteter Handbewegungen mit Stereotypien (windend-wringende Drehbewegungen der Hände), Rumpfataxie, Apraxie, choreatische Bewegungen, Hyperventilation, Mikrozephalie, Geistige Retardierung.
Wiskott-Aldrich-Syndrom
Wiskott-Aldrich-Syndrom
X-chromosomal-rezessive Erkrankung
Klinik: Atopische Dermatitis, Thrombozytopenische Purpura, Blutige Diarrhöen, Opportunistische Infektionen in den ersten Lebensjahren
Atopische Dermatitis
Atopische Dermatitis (Atopisches Ekzem, …)
Der Begriff “Atopie” bezeichnet eine genetisch angelegte Prädisposition, nach Kontakt mit bestimmten exogenen und endogenen Substanzen gegen diese verstärkt sensibilisiert zu werden. Die atopische Dermatitis (Synonyme: atopisches Ekzem; endogenes Ekzem; Neurodermitis) wiederum ist eine atopische Hauterkrankung, die zumeist im Säuglings- oder Kindesalter auftritt und nicht selten in der Pubertät von allein abheilt. Typischerweise entstehen schubartig beugeseitige Ekzeme mit starkem Juckreiz und weitere Stigmata (Dennie-Morgan-Zeichen, Glanznägel, etc.). Bei der Erkrankung ist die Ätiologie nicht abschließend geklärt, es wird jedoch von einer polygenen Vererbung sowie einer Auslösung durch verschiedenste endogene oder exogene Triggerfaktoren ausgegangen. Die Therapie wird mit lokalen Pflegemitteln begonnen und mit lokaler (z.B. Hydrocortisonsalbe) und bei Therapierefraktärität auch mit systemischer Immunsuppression eskaliert.
Häufige Hauterkrankung des Kindesalters: ca. 10-15% aller Kinder, Rückgang der Erkrankung im Erwachsenenalter, Erstmanifestation häufig zwischen dem 3. und 6. Lebensmonat.
Leitsymptome: Starker Juckreiz, trockene Haut, Effloreszenzen: Papulovesikulöse Rötung, Krustenbildung, Nässen, Erosionen, Hyperpigmentierungen, Prädilektionsstellen und klinisches Bild altersabhängig
**Säuglingsalter: **Beginn mit Milchschorf, Eventuell weitere Läsionen an Stamm, Gelenkbetonung, Beinstreckseiten bevorzugt (Im Gegensatz zum Erwachsenen)
Kindesalter: Gelenknahe Beugeseiten, Körperfalten, Handrücken Beim Jugendlichen: Beugeseiten Im Erwachsenenalter dominieren Papeln, nummuläre Ekzeme und Prurigo
**Spezielles: **Lichenifikation ab dem Jugendalter, Glanznägel (Poliernägel): Durch ständiges Kratzen der Haut können die Nageloberflächen glänzend erscheinen _Pulpitis sicca (Dermatitis hiemalis)_: Feine Schuppung an Finger- und/oder Zehenkuppen
Assoziierte Stigmata: Dennie-Morgan-Zeichen: Doppelte Unterlidfalte, Hertoghe-Zeichen: Ausdünnung der lateralen Augenbrauen (z.B. auch bei Hypothyreose), Weißer Dermographismus: Abblassen der Haut auf mechanischen Reiz durch reflektorische Vasokonstriktion, Tiefer Haaransatz, Assoziation mit weiteren Erkrankungen aus dem Formenkreis der Atopie
Die klinische Symptomatik ist wechselhaft und ändert sich meist im Laufe des Lebens - Juckreiz und trockene Haut stehen meist im Vordergrund!
Masern
Masern beschreiben eine hochansteckende virale Infektionskrankheit, die typischerweise 2-phasig mit einem katarrhalischen Stadium und einem an vorübergehende Entfieberung anschließenden Exanthemstadium verläuft. Das katarrhalische Stadium zeichnet sich durch Fieber, Konjunktivitis, Rhinitis, Enanthem und die pathognomonischen Koplik-Flecken aus - im Folgestadium manifestiert sich das makulopapulöse Exanthemtypischerweise zuerst hinter den Ohren, betrifft im Verlauf den gesamten Körper und geht mit schwerem Krankheitsgefühl und hohem Fieber einher. Masern führen zu einer passageren Immunsuppression, teils schwerwiegende Komplikationen wie Enzephalitis, Otitis oder Pneumonien können auftreten. Bei Immunsupprimierten ist die Gabe von Immunglobulin nach Exposition möglich. Nach durchgemachter Infektion besteht lebenslange Immunität. Die Impfung gegen Masern (2-malige aktive Immunisierung) wird zusammen mit der Mumps- und Röteln-Impfung zwischen dem 11. und 14. Lebensmonat sowie zwischen dem 15. und 23. Lebensmonat empfohlen. Eine seltene aber stets letale Spätkomplikation von Masern, die auch Immunkompetente betreffen kann, ist die subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE).
Inkubationszeit: Etwa 8-10 Tage bis Prodromi auftreten, 12-15 Tage bis zum Auftreten eines Exanthems
Prodromalstadium (Katarrhalisches Vorstadium): Schnupfen, bellender Husten, Fieber, Konjunktivitis, Lichtscheu, Nach ca. 3 Tagen Enanthem der Mundhöhle mit Koplik-Flecken (“Kalkartige Spritzer” an der Wangenschleimhaut, Mit Spatel nicht abwischbar, Pathognomonischer Befund)
Exanthemstadium: Hohes Fieber, schweres Krankheitsgefühl, Lymphadenopathie, Makulopapulöses, großfleckiges, teils konfluierendes Exanthem, Häufig retroaurikulärer Beginn, Ausdehnung von dort über den ganzen Körper, Abblassung des Exanthems nach 4-5 Tagen, teils mit “kleieförmiger” Schuppung, Ggf. Diarrhoe
Zweigipfliges Fieber: kurzzeitige Entfieberung beim Übergang vom Prodromalstadium in das Exanthemstadium!
Grundimmunisierung: Grundimmunisierung durch 2 Impfungen (1. Impfung im Alter von 11-14 Monaten, 2. Impfung im Alter von 15-23 Monaten) → Impfkalender;
Lebendimpfstoff in Kombination mit Mumps, Röteln (MMR) und ggf. Varizellen (MMRV)
Postexpositionelle Impfung: Die postexpositionelle Schutzimpfung ist bis 3 (maximal 5) Tage nach Kontakt möglich; Indikation: Bei negativer oder unklarer Serologie (bisher ausgebliebene Infektion oder Impfung)
Immunkompetente Patienten: Einmalige aktive Immunisierung, optimalerweise mit dem MMR-Impfstoff→ Dadurch kann der Ausbruch der Erkrankung verhindert bzw. die bereits bestehende Symptomatik abgeschwächt sowie die Erkrankungszeit verkürzt werden
Auch als Postexpositionelle Riegelungsimpfung: Aktive Immunisierung aller ungeimpften bzw. nur einmal geimpften und nie erkrankten Personen in Gemeinschaftseinrichtungen, um die weitere Verbreitung des Erregers zu unterbinden. Die Impfungen sollten innerhalb der Inkubationszeit(möglichst innerhalb von 3 Tagen nach Kontakt) durchgeführt werden.
Besonders gefährdete, chronisch kranke und abwehrgeschwächte Patienten: Passive Immunisierung durch Gabe von Immunglobulinen innerhalb von 2-3 Tagen nach Kontakt
Nach §6 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) sind Krankheitsverdacht, Erkrankung und Tod an Masern namentlich an das zuständige Gesundheitsamt zu melden
Scharlach
Scharlach bezeichnet eine bakterielle, ansteckende Infektionskrankheit, die durch Scharlach-Toxin-tragende β-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A hervorgerufen wird und vorwiegend Kinder zwischen dem 4. und 10. Lebensjahr betrifft. Der Erreger manifestiert sich meist als Tonsillopharyngitis mit hohem Fieber. Charakteristisch für Scharlach ist eine Rötung der Wangen, eine periorale Blässe, ein hochrotes Enanthem des Rachens mit “Erdbeerzunge” und ein feinfleckiges Exanthem, welches in den Leisten am stärksten ausgeprägt ist. Nach etwa einer Woche beginnt eine Hautschuppung des Körpers, die insbesondere die Hand- und Fußinnenflächen betrifft. Da Scharlach zu schweren Verläufen bzw. die Infektion mit Streptokokken der Gruppe A zu Folgeerkrankungen wie dem rheumatischen Fieber führen kann, ist die konsequenteantibiotische Therapie mit Penicillin von Bedeutung. Scharlach wird durch verschiedene Toxintypen ausgelöst, wiederholte Infektionen sind daher möglich. Streptokokken der Gruppe A (Streptococcus pyogenes), die ein erythrogenes Scharlach-Toxin (A, B oder C) produzieren.
Inkubationszeit: 2-7 Tage
Frühsymptome (siehe auch Angina tonsillaris): Abrupter Beginn mit hohem Fieber, Beeinträchtigtes Allgemeinbefinden, Erbrechen, ggf. flüchtige Gelenkbeschwerden, Halsschmerzen und Schluckbeschwerden (Pharyngitis und/oder Tonsillitis), Vergrößerung submandibulärer Halslymphknoten, Initial weißlich belegte Zunge
Exanthemstadium (Beginn innerhalb von 48 Std. nach Krankheitsbeginn): Feinfleckiges makulopapulöses Exanthem (sandartiges Gefühl bei Palpation), Ausbreitung auf Kopf-Hals-Bereich, Stamm und Extremitäten, Deutlichste Ausprägung in der Leiste und in den anderen Gelenkbeugen, Typischerweise Wangenrötung mit perioraler Blässe Enanthem am weichen Gaumen, Gerötete Zunge mit Tonsillenhyperplasie → Sogenannte Erdbeerzunge oder Himbeerzunge Abblassen des Exanthems nach etwa 1 Woche Kleieförmige Schuppung der Haut in der 2.-4. Erkrankungswoche (Betrifft Gesicht, Stamm und vor allem Innenfläche der Hand und Fußsohlen).
Therapie: Jeder Scharlach sollte antibiotisch behandelt werden, um Streptokokken-assoziierte Folgeerkrankungen, aber auch toxische Komplikationen zu verhindern, Mittel der ersten Wahl: Penicillin V
Röteln
Bei Röteln handelt es sich um eine durch das Rötelnvirus hervorgerufene virale Infektionskrankheit, die typischerweise Kinder im Alter von 5-9 Jahren betrifft und mit einem hinter den Ohren beginnenden und im Verlauf generalisierten, feinfleckigen Exanthem sowie mit einer Schwellung der nuchalen Lymphknoten einhergeht. Oft folgt das Exanthem einem Prodromalstadium mit Zeichen eines leichten grippalen Infekts. Die Übertragung erfolgt über Tröpfcheninfektion, der Krankheitsverlauf ist meist milde. Dennoch wird eindringlich zur Impfung geraten, da eine Rötelninfektion in der Schwangerschaft zur Rötelnembryofetopathie mit schweren Fehlbildungen (Taubheit, Katarakt, Herzfehler und geistige Retardierung) führen kann. Eine spezielle Therapie besteht nicht. Die Impfung ist als Lebendimpfungzusammen mit der Masern- und Mumpsimpfung zwischen dem 12. und 15. Lebensmonat und erneut vor Vollendung des 2. Lebensjahres empfohlen. Attenuierter Lebendimpfstoff in Kombination mit Masern und Mumps-Impfung (MMR-Impfstoff).
Inkubationszeit: 14-21 Tage
In 50% der Fälle asymptomatisch
Klinik bei Manifestation: Geringe Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes; Milde Prodromalsymptome: Temperaturerhöhung bis 38°C, Rhinokonjunktivitis, Kopf- und Gliederschmerzen, Nuchale und retroaurikuläre Lymphadenopathie sind typisch, tlw. auch Splenomegalie; Effloreszenzen (wenige Tage nach Beginn der Prodromalzeichen), Makulopapulöses hellrotes Exanthem, eher nicht konfluierend, mittelgroß; Beginn am Kopf, oft hinter den Ohren → Übergang auf Rumpf und Extremitäten; Flüchtig, Rückbildung meist innerhalb von drei Tagen!
Ringelröteln (Erythema infectiosum)
Bei Ringelröteln handelt es sich um eine durch das humane Parvovirus B19 ausgelöste Tröpfcheninfektion, die am häufigsten Kinder zwischen dem 5.-15. Lebensjahr betrifft. Die Mehrheit der Infektionen verläuft klinisch inapparent. Kommt es zu Symptomen, so tritt typischerweise im Gesicht ein Erythem der Wangen mit perioraler Aussparung auf, man spricht hier auch vom sog. “Ohrfeigenexanthem”. Das Exanthem breitet sich im Verlauf makulopapulös und später innerhalb weniger Tage “girlandenartig” über Rumpf und Extremitäten aus. Zum Zeitpunkt des Exanthems sind die Betroffenen bereits nicht mehr ansteckend. Das Allgemeinbefinden insbesondere von Kindern ist meist nur gering beeinträchtigt und nur bei einem Teil bestehen subfebrile Temperaturen und/oder milder Juckreiz. Da sich das Parvovirus B19 in den Erythroblasten ansiedelt, kommt es passager zu einer gestörten Erythropoese. Die Erkrankung ist selbstlimitierend, das Exanthem blasst nach wenigen Tagen wieder ab, kann aber über Monate rekurrieren. Die durchgemachte Infektion hinterlässt lebenslange Immunität. Eine Therapie ist in der Regel nicht erforderlich und eine Impfung existiert nicht.
Eine v.a. bei Erwachsenen häufige Komplikation ist die Parvovirus B19-assoziierte Arthritis (Arthralgien bei symmetrischer Polyarthritis (v.a. Finger-, Hand-, Knie- und Sprunggelenke). Sie betrifft hauptsächlich die kleineren Gelenke der Hände sowie Knie- und Sprunggelenke. Bei Patienten mit chronisch hämolytischen Anämien (z.B. Sichelzellanämie) kann es durch die gestörte Erythropoese zur aplastischen Krise kommen. Bei Immuninkompetenten ist die Viruselimination vermindert, wodurch es zu chronisch rezidivierenden Anämien und zur verlängerten Infektiosität kommen kann.
Gefährlich werden kann eine Infektion mit Ringelröteln auch in der Schwangerschaft. In ca. 30% der Fälle kommt es bei einer Primärinfektion der Schwangeren zu einer diaplazentären Übertragung auf das ungeborene Kind, was eine Anämie des Kindes zur Folge haben kann. Insbesondere bei einer Infektion zwischen der 13. und 20. SSW führt dies bei ca. 10% der Feten zum Hydrops fetalis und auch eineMyokarditis mit Herzinsuffizienz kann sich beim Kind entwickeln. Zum Tod des Feten kommt es bei ca. 1-2%. Bei einer Infektion der Mutter während der Schwangerschaft mit Parvovirus B19 sind engmaschige Ultraschallkontrollen des Kindes zum Ausschluss eines Hydrops fetalis erforderlich, bei ausgeprägter Anämiemuss über die Nabelschnur Blut transfundiert werden. Eine antivirale Therapie existiert nicht. Da das Parvovirus nicht teratogen ist, ist kein Schwangerschaftsabbruch indiziert.