Kriminologie II Flashcards
Wie lautet eine Definition von Kriminologie?
„Criminology is the body of knowledge regarding crime as a social phenomenon. It includes within its scope the processes of making laws, of breaking laws, and of reacting toward the breaking of laws. … The objective of criminology is the development of a body of general and verified principles and of other types of knowledge regarding this process of law, crime, and treatment.“
(Sutherland/Cressey)
Was möchte Kriminologie erreichen?
Die Kriminologie versucht, die Entstehung von Kriminalität zu erklären, vorherzusagen und präventiv zu vermeiden.
Welche zwei wichtigen Forschungsmethoden (-gruppen) werden in der Kriminologie unterschieden?
- Qualitative Methoden
- Quantitative Methoden
Welche Methoden werden unter den quantitativen Methoden zusammengefasst und welche Instrumente bestehen?
- Experimente, Quasi-Experimente, Querschnitt- und Längsschnitterhebung, Sekundäranalyse, Evaluationen
- Instrumente: Befragung (face-to-face, telefonisch, schriftlich, online), Beobachtung, Inhaltsanalyse, nicht-reaktive Instrumente (Feldexperimente)
Welche Methoden werden unter den qualitativen Methoden zusammengefasst und welche Instrumente bestehen?
- Einzelfallstudie (case study), Dokumentenanalyse, Handlungs- und Feldforschung
- Instrumente: Interview (problemzentriert, narrativ, teilnehmend Gruppendiskussion), Inhaltsanalyse (Text, Bild, Ton), Sekundäranalyse, oral history
Welche Arten von Hypothesen werden unterschieden? Wie werden sie falsifiziert?
- Deterministische Hypothesen: „Wenn…dann-Sätze“ (Naturwissenschaften) → werden mit einer konträren Erfahrung widerlegt («Praxis» genügt)
- Probabilistische Hypothesen: „Je…desto“-Sätze (Sozialwissenschaften) → werden mit Statistik (und systematischer Beobachtung) widerlegt
Welche Gruppen kriminologischer Theorien werden Unterschieden?
- Biologische Theorien
- Soziale Lerntheorien
- Kontrolltheorien
- «Rationale» Theorien
- Kritische Theorien
Welche sind berühmte Vertreter der Kriminalanthropologie und was ist ihre wesentliche Aussage?
- Cesare Lombroso (1835-1909) (L’uomo delinquente, 1876)
- Enrico Ferri (1856-1929) (Sociologia criminale, 1892)
- Raffaele Garofalo (1852-1934) (Criminologia, 1885)
→ Glaube, dass Kriminelle verschiedene physische Anormalitäten aufweisen; «atavistische» resp. degenerierte Natur von Straftätern
Was ist die Kernaussage der sozialen Lerntheorien? Welche drei wichtigen Formulierungen gibt es?
- Kriminelles Verhalten wird im sozialen Kontext erlernt
- Es erfolgt keine Unterscheidung zwischen verschiedenen Deliktsformen
3 einflussreiche Formulierungen:
- Theorie der differentiellen Assoziation (Differential Association Theory), Edwin Sutherland, 1939/1947
- Lernen am Modell (Observational learning), Albert Bandura, 1977
- Soziale Lerntheorie (Social learning theory) Ronald Akers, 1998
Was ist die Aussage der Theorie der differentiellen Assoziation? Von wem stammt sie? Unter welchen Umständen wird gemäss dieser Theorie eine Person kriminell?
Kriminelles Verhalten ist erlernt
- Deviantes Verhalten wird im sozialen Umfeld erlernt (genau gleich wie konformes Verhalten)
- Zwei Grundlagen werden gelernt:
- Techniken (wie begehe ich Delikte)
- Definitionen (Werte, Motivation, Haltungen, Rationalisierungen…)
Die Theorie stammt von Sutherland.
→ Eine Person wird kriminell, weil die positiven Definitionen bezüglich des Normbruchs die negativen überwiegen.
Was ist die Aussage der Lerntheorie von Bandura? Worin besteht der Unterschied zu Sutherland?
Es gibt 3 Einflussfaktoren für eine Verhaltensmotivation:
- Externe Verstärkung (operante Konditionierung)
- Vikariierende Verstärkung (Lernen durch Beobachtung der Belohnung oder Bestrafung des Verhaltens anderer Menschen)
- Selbstverstärkung (positive Emotionen im Zusammenhang mit eigenen Handlungen, die als Verhaltensmotivator für das zukünftige Verhalten wirken
→ Man lernt nicht nur anhand der direkten Interaktion mit einer Gruppe, auch Lernen am Modell ist möglich
Wo findet Lernen am Modell gemäss Bandura insbesondere statt?
V.a. in drei Kontexten:
- In der Familie
- In der vorherrschenden Subkultur, Peergruppe
- Durch kulturelle Symbole wie Fernsehen und andere Medien
Besonders bei Kindern ist das Lernen am Modell und Imitieren von Vorbildern häufig.
Was besagt die soziale Lerntheorie von Akres?
- Weiterentwicklung von Sutherland’s Theorie der differentiellen Assoziation
- Nicht nur kognitive Inhalte („Definitionen“) werden gelernt, sondern Verhalten wird durch soziales Lernen auch direkt angenommen (Anlehnung an Banduras Lernen am Modell)
- Lernprozesse finden nicht nur in sozialen Gruppen statt → Lernen funktioniert auch mittels operanter Konditionierung (Verhalten wird durch seine Konsequenzen verstärkt, der Lernende ist aktiv im Gegensatz zur klassischen Konditionierung)
- Der Lernprozess läuft in zeitlichen Sequenzen ab und wird durch Rückkopplungen verstärkt oder abgeschwächt
- Bei Jugendlichen ist die Peergruppe sehr wichtig
- Es gibt Jugendliche ohne Freundeskreis
- Solche mit einem guten Freundeskreis
- Solche mit Freunden, welche ab und zu ein Delikt begehen
- Gangs
- Alle Jugendliche aus 3 und 4 Gruppe begehen viel öfter Delikte
- Wahrscheinlichkeit delinquent zu werden steigt enorm
Wovon gehen die Kontrolltheorien aus? Welche wichtigen Kontrolltheorien gibt es?
Wenn keine eingreifenden Umstände bestehen, ist grds. jeder kriminell.
- Travis Hirschi 1969, Social control theory
- Michael R. Gottfredson / Travis Hirschi 1990, Self-control theory
- Robert Sampson / John Laub 1993, Life course theory
Welche wichtigen Gruppen sozialer Bindungen, welche der Entstehung von Kriminalität entgegenwirken, bestehen gemäss der Kontroll- / Bindungstheorie Hirschis?
Wann und weshalb entsteht Kriminalität gemäss Hirschi?
- Kriminalität entsteht dort, wo die genannten Bindungen geschwächt sind.
- Soziale Bindungen verhindern, dass es zu äusseren Gelegenheiten für kriminelle Handlungen kommt, und sie sind auch innere Hemmfaktoren.
- Konsenstheorie, d.h. es besteht Einigkeit über die zentralen Verhaltensnormen (Tötung, Raub, Diebstahl)
Was ist die Aussage der self-control-theory von Gottfredson/Hirschi? Wodurch sind Personen mit niedriger Selbstkontrolle charakterisiert?
Individuen begehen mit grösserer Wahrscheinlichkeit Delikte, wenn sie eine geringe Selbstkontrolle haben, mangels Berücksichtigung der (langfristigen) Konsequenzen. Personen mit niedriger Selbstkontrolle:
- haben eine Hier-und-jetzt-Orientierung. Sie suchen nach sofortiger, nicht aufgeschobener Bedürfnisbefriedigung.
- bevorzugen einfache, leicht zu erfüllende Aufgaben und haben eine Abneigung gegen Aktivitäten, die Konzentration, Planung und Ausdauer verlangen.
- begeben sich in riskante Situationen und suchen den «Kick».
- sind unfähig, die längerfristigen Vorteile einer Einbindung in soziale Institutionen zu erkennen.
- sind selbstbezogen und gefühllos, unemphatisch gegenüber anderen
Was ist die Grasmick-Skala?
Die Grasmick et al. Skala enthält 24 Fragen über Einstellungen zu sechs symptomatischen Merkmalen der Selbstkontrolle:
- Impulsivität
- VorliebefüreinfacheAufgabenstellungen
- Risikoverhalten(SuchenachdemKick)
- KörperbetonteAktivitäten
- Selbstbezogenheit
- Temperament/Reizbarkeit
4-stufige Likert-Skala (4 = stimme ganz zu, 3 = stimme etwas zu, 2 = stimme eher nicht zu, 1 = stimme gar nicht zu)
Was sagt die life-course-theory? Von wem stammt sie?
- Die Entstehung von Bindungen endet nicht in der Kindheit
- Es gibt turning points im Lebenslauf eines Karrierekriminellen. Zwei davon sind sehr einflussreich: beruflicher Einstieg und später Eheschliessung = Sozialkapital
- Neuauswertungen der Kohortenstudie von Glueck/Glueck aus den 1940er Jahren bestätigen diese Hypothesen. Kriminelles Verhalten ist dynamisch und abhängig vom Lebenslauf
Die Theorie stammt von Sampson/Laub.
Was sagt die rational-choice-Theorie? Was ist die Kritik daran?
- Homo oeconomicus als Prinzip auf die Kriminologie angewandt → Nutzenmaximierung
- Tat als rationale Entscheidung des Täters, womit kriminelles Verhalten nicht Ausdruck eines „kriminellen Charakters“, sondern einfach eine Funktion aus „Werten“ und „Erwartungen“ der Person ist.
Kritik:
- Soziale, psychische und biologische Einflussfaktoren bleiben bei dieser Theorie als Entscheidungsvariabel unberücksichtigt
- Kriminalität oft gerademal Ausdruck von Plan- und Ziellosigkeit und nicht von rationalem Kalkül
Von wem stammt der routine activity approach (situative Ansätze) und was besagt er?
- „Routine Activity Approach“ stützt sich auf die Verteilung und Entwicklung krimineller Gelegenheiten
- Danach kommt es zu einer Straftat, wenn…
- (1) ein potenzieller Täter auf ein
- (2) geeignetes und attraktives Tatobjekt trifft, das
- (3) nicht ausreichend geschützt ist
Dieser approach stammt von Cohen/Felson.