Kleist Modul Glossär Flashcards
Analytisches Drama
Def.: Auch Entdeckungs- oder Enthüllungsdrama. Dramenform, deren Eigenart sich daraus ergibt, dass das wesentliche Ereignis der Bühnenhandlung voraus liegt.
Exp.: Beim analytischen Drama liegt das entscheidende Ereignis vor der Bühnenhandlung und ist den Figuren im Moment des Spiels entzogen. Die Handlung besteht aus der schrittweisen Aufdeckung dieses Ereignisses, wodurch keine neuen Konflikte entstehen. Dies verleiht dem Drama eine Finalstruktur und rückt die Anagnorisis, also die Erkenntnis oder Enthüllung, in den Mittelpunkt. Der Fokus liegt nicht nur auf dem Ereignis, sondern auch auf den Bedingungen seiner Erkenntnis, was oft eine deterministische Perspektive fördert.
Drama
Definition:
Das Drama ist eine literarische Textgattung, die neben der Lektüre auch auf einer Theaterbühne inszeniert werden kann und sich durch die Darstellung von Handlung und Konflikten auszeichnet. Durch die unvermittelte Rede (Dialog) der beteiligten Figuren wird die Handlung unmittelbar gegenwärtig gemacht.
Explanation:
Das Drama ist eine der drei klassischen literarischen Hauptgattungen neben Epik und Lyrik. Der Unterschied zeigt sich in der Struktur: als Text verbindet das Drama Figurenrede (Haupttext) mit Nebentext, der diese rahmt und situiert. Im Zentrum eines Dramas steht meist ein Konflikt, der die Hauptfiguren vor Herausforderungen stellt und oft moralische, soziale und persönliche Fragen aufwirft. Die Handlung entfaltet sich durch den Dialog zwischen den Charakteren und ihren Taten, ohne dass ein Erzähler eingreift. Die dramatschen Hauptgattungen nach Aristoteles sind die Tragödie (Trauerspiel) und die Komödie (Lustspiel).
Epik
Definition
‚Epik‘ ist ein klassifikatorischer Begriff, der alle Formen der erzählenden Literatur unter sich erfasst.
Explikation
Die Dreigliederung der Literatur in Epik, Dramatik und Lyrik setzt sich in Deutschland seit dem 18. Jh. durch. Nach Goethes Konzept der drei Naturformen der Dichtung steht die ‚klar erzählende‘ Epik, neben der ‚enthusiastisch aufgeregten‘ Lyrik und der ‚persönlich handelnden‘ Dramatik.
Zur Epik gehörende Texte werden durch eine Erzählinstanz und einen Erzählgegenstand (Histoire, Plot, Handlung) bestimmt.
Der Begriff ist neutral gegenüber der Unterscheidung zwischen Vers- und Prosaform, denn epische Texte können in beiden Formen erscheinen.
Epische Texte können einen kleinsten (z. B. Fabel, Kürzestgeschichte), mittleren (Novelle) oder großen Umfang aufweisen (Epos, Roman).
Die moderne Erzähltheorie verwendet den Begriff ‚Epik‘ weniger und bevorzugt stattdessen ‚Erzählung‘.
Erlebte Rede
Definition:
Form der psychologisierenden Redewiedergabe in erzählenden Texten.
Merkmale:
steht zwischen reiner Figurenrede (z. B. innerer Monolog) und reiner Erzählerrede (z. B. Redebericht)
Mischform aus direkter und indirekter Rede, die Äußerungen, Gedanken, Gefühle und Wahrnehmungen einer Figur wiedergibt
wird in der 3. Person Singular, im Präteritum und ohne Einleitung durch verba dicendi et sentiendi (z. B. “dachte”, “sagte”) formuliert
dabei verschmelzen die Stimmen von Erzähler und Figur
steht meistens ohne Anführungszeichen
stilistische Kennzeichen: kann syntaktische und lexikalische Elemente mündlicher Rede wie Ellipsen, Parataxe oder rhetorische Fragen enthalten
Erzähler
Der Erzähler ist die Instanz in narrativen Texten, die die Informationen über die erzählte Welt sowie zwischen (implizitem) Autor und (implizitem) Leser vermittelt.
Der Erzähler…
“spricht” den Text und “erzählt” die Geschichte
kann individuell oder unbemerkbar sein, aber nicht fehlen, außer ein Text ist vollständig im Inneren Monolog oder in direkter Rede verfasst
wird durch verschiedene Ansätze geordnet:
Typenbildung
= Skala der Auffälligkeit des Erzählers, deren Extreme “objektives” und “subjektives” Erzählen oder “Showing” und “Telling” sind
Klassifikation
= betrachtet den Gebrauch der Personalpronomina und unterscheidet zwischen Ich-Erzählung (der Erzähler ist mit einer als “Ich” bezeichneten Figur identisch) und Er-Erzählung (der Erzähler spricht von allen Figuren in der dritten Person)
—> Genette beschreibt das Verhältnis des Erzählers zur erzählten Welt (Diegese) und unterscheidet nach:
extradiegetisch = der Erzähler steht außerhalb der erzählten Welt steht
intradiegetisch = der Erzähler ist eine Figur innerhalb der erzählten Welt
heterodiegetisch = der Erzähler erzählt eine fremde Geschichte
homodiegetisch = der Erzähler erzählt eine Geschichte, an der er teilnimmt
autodiegetisch = der Erzähler erzählt seine eigene Geschichte erzählt
Erzähltempo
Definition
Das Erzähltempo beschreibt das Verhältnis der Handlungsdauer (erzählte Zeit = Dauer der Geschichte) und der Textlänge (Erzählzeit = Zeit, die ein Erzähler für das Erzählen seiner Geschichte benötigt) in erzählenden Texten.
Es gibt fünf Grundformen des Erzähltempos:
Zeitsprung (Ellipse): Die Erzählzeit ist gleich Null, bestimmte Handlungen werden ausgelassen oder übersprungen.
Zeitraffung: Die Erzählzeit ist kürzer als die Handlungszeit, viele Ereignisse werden kurz zusammengefasst.
Zeitdeckung: Erzählzeit und Handlungszeit stimmen nahezu überein.
Zeitdehnung: Die Erzählzeit ist länger als die Handlungszeit, das Geschehen wird ausführlich beschrieben.
Erzählpause: Die erzählte Zeit ist gleich Null, die Handlung steht still, während der Erzähler Beschreibungen oder Kommentare einfügt.
Erzählung
Definition:
“Erzählung” bezeichnet 1) die Textsorten-Klasse “Darstellung tatsächlicher oder fiktiver Ereignisse bzw. Handlungen in mündlicher, schriftlicher oder visueller Form” und 2) narrative Texte kürzeren bis mittleren Umfangs.
Erläuterung:
Der Begriff bezeichnet 1) als Oberbegriff jede narrative Darstellung von Geschehnissen, ob faktual/real oder fiktiv. Dies umfasst …
literarische Erzähltexte wie Epen, Romane, Novellen oder Balladen (ersetzt in der neueren Literaturwissenschaft den älteren Begriff der “Epik”)
alltägliche oder nicht-literarische Texte wie Alltagserzählungen, Biografien, Geschichtsschreibung oder Zeitungsberichte, sofern sie eine Erzählinstanz aufweisen, die von einem Ereignis erzählt
Als 2) Gattungs- oder Sammelbegriff bezeichnet er literarische Erzähltexte mittleren Umfangs. Als Sammelbegriff steht die Erzählung (wie auch “Kleinepik” oder kürzere “Erzählprosa”) zwischen kürzeren Formen wie Witz oder Skizze und längeren wie Romanen oder Epen. Die Verwendung als Gattungsbegriff im Gegensatz zur Kurzgeschichte, Novelle, Fabel, Märchen usw. ist der Begriff umstritten, da keine begriffsscharfe Bestimmung vorliegt.
Fiktionalität
Def.:
Ist eine Eigenschaft vieler literarischer Texte und bezeichnet eine bestimmte Sprachverwendung: Fiktionale Texte beanspruchen Wahrheit, aber nicht in Bezug auf unsere Realität, sondern in Bezug auf ihre imaginäre Welt. Der Gegenbegriff zum Fiktionalen ist das Faktuale.
Expl.:
zu Fiktion: lat. fictio (sub) zu fingere (verb) = gestalten, erdichten, vortäuschen
normaler Sprachgebrauch: ›Erfindung‹ oder ›Einbildung‹ im Gegensatz zur Realität
in lit. Texten: imaginärer Status von Figuren, Orten und Ereignissen
›fiktional‹ bezieht sich auf den Status des Textes, ›fiktiv‹ auf das, was Teil des fiktionalen Textes ist
Grenzfälle Autofiktion und Autobiographie: fiktive und reale Elemente werden vermischt
Fiktionalität unterliegt historischen Entwicklungen und Veränderungen (z. B. im Mittelalter: Stoffe werden als historisch-faktual bewertet und rhetorisch neu inszeniert)
Texte können Fiktionssignale haben:
außerhalb des Textes: Paratexte, Gattungsbezeichnung (z. B. Roman)
textinterne Darstellungsformen: erlebte Rede, allwissendes Erzählen
Gebet
Kurz:
Ein Gebet ist ein literarischer Text, der an ein höheres Wesen gerichtet ist. Gebetsanliegen können Bitte, Dank, Preis oder Klage sein. Es gibt sowohl pragmatische als auch poetische Formen.
Detailliert:
Das Gebet ist eine Sonderform der Apostrophe und zeichnet sich durch seine besondere Sprechsituation aus. Typische Elemente sind eine einleitende Anrede, ein Lobpreis, eine oder mehrere Bitten (oder andere Anliegen), eine Doxologie und eine Schlussformel. Man unterscheidet zwischen pragmatischen Gebeten, die für den Glaubensvollzug bestimmt sind, und poetischen Gebeten, die primär als Dichtung konzipiert sind. Poetische Gebete sind oft lyrisch, aber nicht an bestimmte Gattungen gebunden (z.B. Prosagebete), und können eigenständig oder als Teil anderer literarischer Werke auftreten.
Genera dicendi
Interpretation
Definition
Der Begriff Interpretation beschreibt den Prozess und das Ergebnis der Auslegung oder Deutung von mündlichen, schriftlichen und allgemein zeichenhaften Äußerungen auf der Basis des Verstehens.
Explizit
Literaturwissenschaftliche Interpretation unterscheidet folgende Formen:
Philologische Interpretation: beschäftigt sich mit der semantischen und grammatischen Aufklärung von zeitgenössischen und vergangen, ‚fremd‘ gewordenen Texten
Ästhetische Interpretation: reflektiert den integrativen Zusammenhang von Form und Inhalt eines literarischen Kunstwerkes, dessen Sprache über die ‚reine‘ Information hinausgeht. Sie teilt sich in:
werkimmanente Interpretation: bestimmt immanenten philologischen Sinn sowie Textintention, konzentriert sich auf das Beziehungs- und Formenreichtum des Textes, versucht den Text aus sich selbst heraus zu verstehen
werktranszendierende Interpretation: folgt auf die werkimmanente Interpretation, ist weitreichender und kann das Werk
a) als Material für historische, soziologische, ideengeschichtliche, psychologische Erklärungen verwenden
b) auf Gattung, Stil, Idee einer Epoche beziehen
c) auf die Intention und Entwicklung des Autors / der Autorin beziehen
d) in Zusammenhänge ziwschen Kultur-/Sozialgeschichte und soziopsychologischen Gegebenheiten stellen
Komödie
Def.:
Die Komödie ist neben der Tragödie die zweite dramatische Hauptgattung, die über größere Partien eine oder mehrere Zentralfiguren als komisch präsentiert, bzw. auf eine komische Bloßstellung von Personen, Verhältnissen, menschlicher Schwächen zeilt und meist einen guten Ausgang hat.
Expl.:
der Begriff leitet sich vom griech. ‚komedia‘ ab, bezieht sich auf den ‚komos‘, den Gesang der umherschwärmenden Menge im Dionysosdienst, = festlich-ausgelassener Umzug und Gesang
‚Lustspiel‘ ist das seit Gottsched etablierte deutsche Synonym
Merkmale:
meist Happy End, z. B. durch Versöhnung oder Heirat
ironische Durchbrechung der Theaterillusion
übertriebene, typenhafte Überzeichnung der Charaktere
komische Figuren wie den ‚Hanswurst‘
hat ‚schlechtere Menschen‘ zum Gegenstand, d. h. Menschen mit ‚untragischen‘ Fehlern, die das (Ver-)Lachen provozieren
thematisiert Alltagsprobleme, soziale Beziehungen, das Kreatürliche, Körperliche und Triebhafte des Menschen
Konflikte sind vor tragischer Vertiefung bewahrt (Unschädlichkeitsklausel)
es gibt auch eine ernste Variante mit tragischen Elementen, die nicht auf das Verlachen, sondern auf die Belehrung aus ist (Rührstück)
die Mischform aus Komödie und Tragödie bezeichnet man als Tragikomödie
Literarizität und Poetizität
Def.:
‚Literarizität‘ und/oder ‚Poetizität‘ bezeichnen eine besondere Art der Sprachverwendung, d. h. bestimmte Formen der Sprache gelten als ‚poetisch‘ oder ‚literarisch‘ und lassen sich von der Alltagssprache unterscheiden.
Expl.:
Die Begriffe Literarizität und Poetizität werden teilweise als Synonyme verwendet. Das ist nicht unproblematisch, denn:
Literarizität ist ein Begriff aus dem russischen Formalismus und beschreibt das Charakteristische der literarischen Sprachverwendung. Gemeint ist das, was literarische Texte ‚zur Literatur‘ macht und das wir an den literarischen Texten feststellen können (Sprache, Struktur, Stil…).
Poetizität beschreibt in engerer Verwendung die sprachliche Besonderheit von ‚poetischen Texten‘ (Poesie vs. Prosa). Poetizität ist nach dieser Bedeutung ein Unterbegriff der Literarizität.
Poetizität kann jedoch auch als eine soziale Erfahrungskategorie verstanden werden, indem sie auf sprachliche Formen verweist, die als ‚poetisch‘ gelten oder als ‚poetisch‘ erfahren werden.
» Grundbegriffe Literaturwissenschaft
Literatur
Def.:
Literatur ist, je nach Zusammenhang, entweder die Gesamtheit aller geschriebenen bzw. gedruckten Werke, die Gesamtheit der Texte, die ein gemeinsames Thema, gleiche Merkmale oder den gleichen Wert teilen oder ein gesellschaftliches Handlungssystem.
Expl.:
Synonym von Publikationen/Schrifttum: Gesamtheit des Geschriebene/Gedruckten
Sekundärliteratur: Gesamtheit des zu einem Thema Geschriebenen/Gedruckten
Primärliteratur: Gesamtheit besonderer Texte
Gesamtheit der von einer Person geschriebenen literarischen Texte
System gesellschaftlicher Handlungen
Ein Werk qualifiziert sich als literarischer Text, wenn…
a) die übliche Lese-Einstellung (Rezeptionshaltung), einen Text nach Richtigkeit zu prüfen, überkommen wird und eine besondere Lese-Einstellung eingenommen wird und b) der Text neben der Funktion der Information, auch zum Zeitvertreib, als Genussmittel, als Objekt der Beurteilung oder auch als Objekt der Untersuchung und Analyse verwendet wird.
Literaturbegriff
Definition: Der Terminus Literaturbegriff bezeichnet historisch kontingente Vorstellungen von Literatur, die eine soziale Gruppe teilt. Der Literaturbegriff kann sich je nach Epoche und kulturellem Kontext unterscheiden. Er trennt literarische Texte von nicht literarischen Texten: Die Angabe “ist literarisch” ist folglich eine Zuschreibung, die auf einem spezifischen Literaturbegriff basiert.
Explanation: Literaturbegriffe antworten auf die Frage: “Was ist Literatur?”, was für verschiedene historische oder kulturelle Kontexte verschieden ausfallen kann: Vor 1800 meinte der Begriff ‚Literatur‘ z.B. das gesamte Schrifttum, mit der Frühaufklärung entsteht dann die Vorstellung von Literatur als ‚imaginationsbestimmes Schreiben‘. Es gibt einen weiten und einen engen Literaturbegriff:
enger, normativer Literaturbegriff: nur Werke, die als gelungene sprachliche Kunstwerke angesehen werden
weiter, deskriptver Literaturbegriff: gesamter Bestand an Schriftwerken, bzw. alle Texte, die zu verschiedenen Zeiten als Literatur angesehen wurden
Literaturtheorie
Kurz:
Im allgemeinen Sinne jede mehr oder weniger systematische Reflexion literarischer Texte. Im spezifischen Sinne kanonisierte Bündel an Theoriekomplexen, die der Interpretation lit. Texte dienen.
Lang:
gr. theoría = Betrachtung, Reflexion
Die Reflexion literarischer Texte kann ein impliziter oder expliziter Teil lit. Werke selbst sein. Die Literaturtheorie umschließt Prinzipien, Methoden und Konzepte, um Literatur zu analysieren, interpretieren und verstehen. Sie liefert Interpretationsansätze und Strukturmodelle. Außerdem beschäftigt sich die Literaturtheorie mit Problemen des Verhältnisses von Form und Inhalt eines lit. Textes.
Sie setzt sich aus mehreren, sich widersprechenden und/oder ergänzenden Literaturtheorien zusammen. Unterschiedliche Theorien bieten auch unterschiedliche „Lese-Arten“ von lit. Texten. Lit. und lit. theoretische, philosophische und ästhetische Reflexion liefern neue, übergreifende Denkmöglichkeiten.
Motiv
Def:
Kleinste selbständige Inhalts-Einheit oder tradierbares intertextuelles Element
eines literarischen Werks.
Expl:
Es ist unabhängig von einem konkreten historischen Kontext und dient zur
Gestaltung von Ort, Zeit und Figuren. Damit kann ein Motiv in verschiedenen Werken
auftreten und einen Wiedererkennungswert in der literarischen Tradition haben.
Motive können sowohl textbildend als auch -strukturierend wirken, insbesondere in
Verbindung mit anderen Motiven und durch mehrfache Verwendung.
Einteilung der Motive:
horizontal: nach Gestaltung der Ereignisfolge oder Grundgattungen
vertikal: Gewichtung der Motive in Haupt- und Nebenmotive
nach Referenzen: Typen, Lokalitäten, Situationen
Abgrenzung:
Im Gegensatz zum Stoff ist das Motiv ein nicht festgelegtes inhaltsbezogenes Schema und damit frei für die Gestaltung verfügbar.
Durch einen höheren Grad an Konkretheit und eine geringere Reichweite hebt das Motiv sich vom Thema eines Textes ab.
Nebentext
Definition:
Nebentext:
alle expliziten Textbestandteile und Informationen außerhalb der Figurenrede
nicht-sprachliche Zeichen
z. B. Personenverzeichnis, Regieanweisung, Dramentitel, Akt- und Szenenmarkierung, Danksagung Autor:in, …
je nach Drama unterschiedlich hoher Anteil
Nebentext ≠ Nebensache
Haupttext:
Redeanteil Personen (Figurenrede)
sprachliche Zeichen
teilweise fließende Übergänge z. B. indirekte Regieanweisung (verbale Ausformulierung Regieanweisung, v. A. französische Klassik)
Ausführung:
Qualitatives Verhältnis von Haupt- und Nebentext:
analytische Relation: inhaltliche Entsprechung, Nebentext unterstützt Aussage des Haupttextes
synthetische Relation: Aussagen in Haupt- und Nebentext widersprechen oder kommentieren sich
Multifunktionalität/Multidirektionalität
thematisiert Theater als konkreten Bühnenraum mit Begriffen wie “Kulisse” und “Prospekt”
ist “fiktionsbildend”: verstärkt Fiktion des Textes durch Beschreibung konkreter Räume, Mimik, Gestik von Personen
Erzählfunktion
Regiebemerkungen haben epische Anteile, d. h. sie vermitteln erzählerisch
artikulieren Erzähler bzw. Erzählfunktion = “auktorialer Nebentext”
Direktion
zielt auf Aufführung = theaterbezogen (beschreibt Bühnenbild usw.)
zielt auf außersprachlichen Kontext, d. h. dient der Ausgestaltung der dramatischen Situation = Fiktion Dramentext (unabhängig von konkretem Bühnenbild usw.)
Novelle
Novelle
Def.:
Die Novelle ist eine kürzere Erzählgattung. Sie berichtet von einem „unerhörten“ Ereignis, das sowohl ‚noch nie dagewesen‘ als auch ‚skandalös‘ sein kann, d.h. gegen die konventionelle gesellschaftliche Norm verstößt.
Expl.:
Die Bezeichnung ‚Novelle‘ leitet sich ab von ital. ‚kleine Neuigkeit‘ und lat. ‚novus‘ = neu.
Von anderen kürzeren Erzählgattungen (Märchen, Kurzgeschichte, Anekdote usw.) unterscheidet sich die Novelle durch…
einen ausdrücklichen Realitätsbezug
die Ausformulierung des zentralen Konflikts
eine Tendenz zur geschlossenen Form
einen bewusst kunstvollen Aufbau
Giovanni Boccaccios Decamerone (1348–53) begründet die literarische Tradition und bildet die folgenden gattungskonstitutiven Merkmale aus:
gesellschaftliche Erzählsituation und gesellig-mündlicher Erzählton (genus medium)
durch häufiges Wiedergeben des Dialogs dramatisch vergegenwärtigtes Geschehen
Konzentration auf den Handlungshöhepunkt (häufig durch Symbol repräsentiert)
beschränktes Repertoire an Figuren und Handlungsmomenten
eine begrenzte Spielfläche (Haus, Zimmer)
immer wieder neu arrangierte Beziehungen: der Auslöser für das Geschehen ist oft ein Gegensatzpaar (Vater/Tochter, Mann/Frau, …) zu dem eine dritte Person hinzukommt, am Ende werden oft die Merkmale und Positionen getauscht
Paratext
Mit ‚Paratext‘ bezeichnet ist das Beiwerk und die Rahmenstücke eines Textes. Gemeint ist damit die Gesamtheit der textuellen Umgebung, die nicht zu einem Text selbst gehören, aber einen deutlichen Bezug zu ihm aufweisen.
Zum Paratext gehören: der Titel des Textes, der Autor:innen-Name, die Widmung, das Vorwort oder der Prolog, das Nachwort oder der Epilog, Überschriften, Kapitel, der Klappentext usw.
Der Paratext bildet eine Schnittstelle zwischen dem Haupttext und seiner Außenwelt. Er dient dazu, den Leser auf den Text vorzubereiten, ihn zu lenken oder sogar seine Wahrnehmung zu beeinflussen.
Paratexte können sowohl peritextuell als auch epitextuell sein:
Peritext: Alle Textelemente, die direkt mit dem Buch verbunden sind, z. B. Titel, Vorwort, Klappentext, Fußnoten, Widmung oder Typografie.
Epitext: Texte, die sich außerhalb des Buches befinden, z. B. Rezensionen, Interviews mit dem Autor, seine privaten Notizen oder mündliche Mitteilungen, Werbung oder Leserkommentare.
Perspektive (Fokalisierung)
Die Perspektive (Fokalisierung) ist ein Mittel der gesteuerten Informationsvergabe in erzählenden Texten. Sie bestimmt, wer das Erzählte sieht, also aus welcher Sicht das in einer fiktionalen Erzählung Erzählte vermittelt wird. Sie hängt von dem Wissen ab, über das der Erzähler im Vergleich zu seinen Figuren verfügt.
Es lassen sich drei Typen von Fokalisierung unterscheiden:
NULLFOKALISIERUNG
Erzähler > Figur
Übersicht
Der Erzähler verfügt über ein uneingeschränktes Wissen, d. h. er weiß bzw. sagt mehr, als irgendeine der Figuren weiß bzw. wahrnimmt.
Bsp.: Ein allwissender Erzähler, der alle inneren und äußeren Vorgänge kennt.
INTERNE FOKALISIERUNG
Erzähler ≈ Figur
Mitsicht
Der Erzähler teilt das Wissen einer bestimmten Figur (Fokalfigur) und ist auf deren Wahrnehmungen, Gedanken und Gefühle beschränkt.
Bsp.: Eine Erzählung aus der Ich-Perspektive oder der Perspektive einer Figur.
EXTERNE FOKALISIERUNG
Erzähler < Figur
Außensicht
Der Erzähler weiß bzw. sagt weniger als jede der dargestellten Figuren und beschreibt nur das äußere Geschehen an einem Ort, ohne Einblick in die inneren Gedanken und Gefühle der Figuren.
Bsp.: Eine Erzählung, die sich ausschließlich auf das sichtbare Verhalten der Figuren konzentriert.
Sonerfälle der internen Fokalisierung bilden die zwei Formen multiperspektivischen Erzählens:
variable interne Fokalisierung = die Person, durch die fokalisiert wird, wechselt bei fortschreitender Handlung
multiple interne Fokalisierung = ein einzelnes Eriegnis wird aus der Perspektive verschiedener Figuren erzählt
Prosa
Definition
Der Begriff ‚Prosa‘ (lat. prorsus aus pro versus = geradeaus gekehrt; die gerade bzw. ungebundene Rede) ist der Gegensatz zum ‚Vers‘ und meint 1. einen Text ohne Versifizierung, d. h. ohne regelmäßige Zeilenumbrüche, und 2. die Form eines solchen nicht-versifizierten Textes.
Erläuterung
‚Prosa‘ fungiert als unspezifischer Sammel- oder Oberbegriff für alle Arten fiktionaler Texte von Roman bis hin zu kleinen Erzählformen.
Nicht-fiktionale Texte, die ebenfalls in Prosa geschrieben sind, werden nicht als ‚Prosatexte‘ , sondern als ‚expositorische Texte‘, ‚Fach-‘ oder ‚Sachtexte‘ bezeichnet.
Stoff
Def:
Material für die Handlung eines literarischen Werkes
Expl:
Der literarische Stoff ist eine konkrete Konstellation von Figuren, Ereignissen, Handlungen und Konflikten.
Er bildet die materielle und inhaltliche Grundlage erzählender und dramatischer Texte.
Der Stoff das konkrete Handlungsgerüst eines literarischen Werkes, das aus der Form herauslösbar und erzählbar ist.
Er ist an bestimmte Figuren, Orte oder Zeiten gebunden und kann aus verschiedenen Quellen wie Mythen, Religion, Geschichte oder anderen literarischen Werken stammen.
Beispiel: der Faust-Stoff – Die Geschichte einer von Erkenntnis und Macht getriebenen ‚Faust-Figur‘, die einen Pakt mit dem Teufel eingeht, wurde von vielen Autoren bearbeitet, z. B. von Christopher Marlowe mit seinem Drama “Doctor Faustus” (1592), von Johann Wolfgang von Goethe in seiner Tragödie “Faust” (1808, 1832) oder von Klaus Mann in seinem Roman “Mephisto” (1936).
Abgrenzung:
Als konkreter Inhalt grenzt sich der Stoff vom Thema ab, das die zentrale Problematik unabhängig von ihrer inhaltichen Besetzung meint.
Vom Motiv unterscheidet sich der Stoff dadurch, dass er das ganze Werk global organisiert, nicht nur einzelne Teile.
Textkritik
Def.: Die Textkritik ist ein wissenschaftliches Verfahren zur Erstellung einer Edition (Ausgabe) eines Textes. Dabei werden Überlieferungen eines Textes gesichtet, bewertet und verglichen.
Expl: Die Sichtung der Überlieferungslage und die damit verbundene vollständige Sammlung sowie die Ermittlung aller zum Text gehörenden, überlieferten Textträger ist eine zentrale Aufgabe des Editors. Im Anschluss werden Beziehungen zwischen den Textträgern ermittelt und in einem Stammbaum zusammengestellt.
Je nach historischer Entstehungszeit lassen sich zwei Überlieferungssituationen unterscheiden, die verschiedene textkritische Verfahren erfordern. Literatur, die im Mittelalter entstanden ist, ist meistens nicht in Autorenhandschrift (Autograph) oder vom Autor gebilligt überliefert. In der Regel handelt es sich um Abschriften (Apograph), die teilweise Jahrzehnte oder Jahrhunderte später erstellt wurden. Texte der neueren deutschen Literatur liegen weitgehend als Autorhandschrift oder in einer vom Autor gebilligten Form vor.
Thema
Def.:
In der Literatur meint “Thema” den zentralen Leitgedanken bzw. die zugrundeliegende Problemkonstellation eines Textes.
Expl.:
Unter Thema versteht man das zentrale Organisationsprinzip, dem sich alle anderen Elemente und Strukturen eines Textes oder Textabschnitts, aber auch einer Textgruppe nachordnen lassen. Bei narrativen, dramatischen oder lyrischen Texten meint Thema einen Leitgedanken, auf den hin sich der Inhalt zusammenfassen lässt, oder eine abstrakte Grundkonstellation, die durch die Darstellung und das Geschehen konkret ausgestaltet wird.
Abgrenzung:
Im Unterschied zum Stoff bezeichnet Thema nicht das konkrete, an Figuren und Handlungen gebundene Material, sondern die darin enthaltene Problemkonstellation: ‚Romeo und Julia‘ ist der Stoff, die ‚illegitime Liebesbeziehung‘ ist das Thema.
Im Unterschied zum Motiv hat das Thema eine größere Reichweite für die Gesamtorganisation des Textes und strukturiert den gesamten Text, nicht nur einzelne Teile. Der Grad der inhaltlichen Ausgestaltung ist beim Thema abstrakter, beim Motiv konkreter.
Tragödie
Def.:
Die Tragödie ist eine Gattung des Dramas. Das Ende ihres zentralen tragischen Konflikts zeigt oft das Scheitern ihrer Heldenfigur in einem Moment des Affekts, der Verblendung oder Selbstüberschätzung.
Expl.:
Der Begriff “Tragödie” stammt vom griechischen tragōdía = Bockgesang. Im antiken Theaters basierte die Struktur zunächst auf dem Wechselspiel zwischen Chorgesang und dramatischer Rede eines Schauspielers. Der Stoff der antiken Tragödie war hauptsächlich aus den epischen Heroenmythen geschöpft.
Nach Aristoteles verhandelt die Tragödie die überlieferte Handlung (Mythos) eines “mittleren Menschen”, der eine Wandlung zum Negativen erlebt. Durch die tragsiche Verfehlung des Helden (harmatia), z. B. moralische Schwäche, Verblendung, Leichtsinn oder Hybris, endet die Tragödie in der Katastrophe.
Die Handlung soll im Zuschauer phobos und eleos (Schauder und Jammer) – eine Mischung aus Anteilnahme und Distanz – hervorrufen, wodurch er sich emotional/psychisch “reinigt” (katharsis).
Vers
Der Begriff ‚Vers‘ (lat. versus = „Wendung“) bezeichnet ein Formelement eines Textes, der nicht in Prosa, sondern in gebundener Rede verfasst ist. Im Unterschied zum abstrakten Metrum ist der Vers ein sprachlich realisiertes Element.
Beschreibung
Ein Vers weist drei Bereiche auf:
Anfang: Unterscheidung zwischen Auftakt (unbetonte Silbe) und Auftaktlosigkeit (betonte Silbe zu Beginn).
Schluss (Kadenz): Differenzierung zwischen:
katalektischem (verkürztem),
akatalektischem (vollständigem),
hyperkatalektischem (verlängertem) Versschluss.
Zudem kann die Kadenz betont („männlich“) oder unbetont („weiblich“) sein.
Binnenstruktur: Je nach Versifikationsprinzip wird die Struktur bestimmt durch:
Silbenanzahl (silbenzählendes Prinzip),
Anzahl betonter Silben (akzentzählendes Prinzip),
Abfolge von Silbentypen (quantitierendes Prinzip).
Zusätzlich können metrische Grenzen wie die Zäsur im Versinneren auftreten (z. B. im Alexandriner).