Keramik Fragen Kompendium Flashcards

1
Q

Welches sind die jeweiligen Rohstoffe der drei Keramikbranchen?

A

Silicatkeramik: Natürliche Rohstoffe
Feuerfest: natürliche und synthetische Werkstoffe
Hochleistungskeramik: synthetische Werkstoffe: reine und komplexe Oxide, Nichtoxide

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
2
Q

Wie sehen die Gefüge der Silikatkeramik, der feuerfesten Werkstoffe und der Hochleistungskeramik prinzipiell aus?

A

Silicatkeramik: heterogen, porös, Korngröße wenig relevant Feuerfest: heterogen, 15-17vol% Porosität, sehr grobkörnig
Hochleistungskeramik: extrem homogen, Porosität und Korngröße auf Anwendungsfall zugeschnitten

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
3
Q

Welche Stückzahlen werden jeweils pro Muster/Werk und Jahr hergestellt?

A

Silicatkeramik: Dachziegel/Fliesen u.a. Baukeramik: > 10 Mio Stück Geschirr, Sanitär: ca. 10.000 Stück
Feuerfest: 1.000-10.000 t (ungeformte Massen) > 10.000 Formteile
Hochleistungskeramik: 10.000 (Strukturkeramik) -&raquo_space; 1 Mio Stück (Elektronikkomponenten)

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
4
Q

Welche Qualitäten an Rohstoffen (Reinheit, Feinheit…) sind erforderlich?

A

Silicatkeramik: spielt kaum eine Rolle [Ausnahme weiße Keramik]
Feuerfest: hohe Reinheiten wegen Korrosion, grobkörnig (100 μm- 10 mm)
Hochleistungskeramik: extreme Reinheiten, Strukturkeramik extrem feinkörnig (1 μm)

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
5
Q

Wie steht es mit der Wertschöpfung?

A

Silicatkeramik: niedrig (Ausnahme Kunstgewerbe und besondere Marken)
Feuerfest: mittel, spezielle Formteile hochpreisiger als Massen
Hochleistungskeramik: hohe Wertschöpfung (Ausnahme: konventionelle Elektronik, dort sehr hohe Stückzahlen: Kondensatoren z.B. > 1012 Stück/Jahr)

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
6
Q

Wie schätzen Sie den Standort Deutschland/Westeuropa für diese Branchen ein? Wo gibt es steigende, wo stagnierende, wo fallende Umsatzzahlen? Warum ?

A

Silicatkeramik: hohe Personalkosten wg. Handarbeit; kann wieder attraktiv werden, wenn Automatisierungsgrad erhöht wird (Fliesen, Dachziegel, Geschirr), sonst allgemeine Stagnation
Feuerfest: leicht steigende Tendenz wegen Stahlboom; Rohstoffe kommen aus Asien (China), daher oft Verlegung der Produktion an den Ort der Rohstoffgewinnung.
Hochleistungskeramik inkl. Traditionelle technische Keramik: konstant ca. 10% Wachstum seit vielen Jahren trotz aller Krisen

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
7
Q

Gibt es „Grauzonen“ zwischen den drei Branchen? Wo würden Sie die Zündkerze zuordnen? Welche High-Tech-Funktionsteile gibt es im Bereich Feuerfest?

A

Überlappungen oder Zuordnungsschwierigkeiten gibt es bei den traditionellen technischen Keramiken (Zündkerze, Isolatoren), die manchmal der Silicatkeramik, manchmal der Hochleistungskeramik zugeordnet werden [Achtung: daher oft Verfälschung derMarktstatistiken !]. Ferner werden für die Feuerfestbranche besondere Funktionselemente entwickelt wie Schieber, Verschlüsse, Ventile, Sonden etc., die High-Tech- Charakter aufweisen.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
8
Q

Wie hat die Entwicklung der Keramik die anderen Technologien (Elektrotechnik, Stahlerzeugung, technische Chemie) beeinflusst?

A

Keramik ist Schlüsseltechnologie. Sie ermöglicht die Entwicklung neuer Technologien, manchmal aber nur vorübergehend.
Beispiele:
Elektrotechnik: Ohne Keramik keine Entwicklung der E-Technik im 19.Jhdt. möglich!
Heute – abgesehen vom Hochspannungsbereich – Verdrängung durch Kunststoffe Stahlerzeugung: Ohne feuerfeste Werkstoffe k e i n e Metallurgie möglich!
Chemie: Im 19. Jhdt. Ohne Keramik keine Chemie denkbar; heute weitgehende Verdrängung durch Kunststoffe

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
9
Q

Warum gibt es heute kaum noch keramische Isolatoren? Und wenn ja, für welche Einsatzfälle ?

A

Kunststoffe leichter, besser, dünnwandiger, billiger und zuverlässiger in der Herstellung;
Ausnahme: Hochspannungsbereich, hier Glas als Konkurrenz; Multilayersubstrate mit integrierten Leiterbahnen

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
10
Q

Welche Branchen erschließen sich durch keramische Werkstoffe gerade völlig neu?

A

Energietechnik: Ionenleiter; Sensorik/Aktorik/Mikrosystemtechnik: Piezokeramik; Medizintechnik: Bioaktive/bioinerte Implantate ….

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
11
Q

Nennen Sie einige keramische Bauteile für die Energietechnik.

A

Brennkammer für Gasturbine, Kacheln für Müllverbrennungsanlagen
Wärmetauscher für Kraftwerke, Heizungen… Brennerdüsen für Öl-/Gasheizungen
Wärmedämmplatten/-schichten für Ofen, Turbinenschaufeln, Space Shuttle

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
12
Q

In welchen Anwendungen hatten keramische Bauteile zunächst sehr gute Einsatzchancen, kamen aber dann doch nicht zum Zug? Warum war hier die Keramik gegenüber metallischen Bauteilen benachteiligt?

A

Komponenten in der Kfz-Technik: Turbolader, Ventil, Motorblock, Zylinderköpfe, Portliner etc.; Herstellung zu teuer, Verhalten zu unzuverlässig; starke Konkurrenz zu Metallen; geringerer Nutzen als erwartet (Wirkungsgrad, NOx-Emission…)

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
13
Q

Definition der Keramik

A

„Keramische Werkstoffe sind anorganisch, nichtmetallisch, in Wasser schwer löslich und zu wenigstens 30 % kristallin.“
„In der Regel werden sie bei Raumtemperatur aus einer Rohmasse geformt und erhalten ihre typischen Werkstoffeigenschaften durch eine Temperaturbehandlung meist über 800°C. Gelegentlich geschieht die Formgebung auch bei erhöhter Temperatur oder gar über den Schmelzfluss mit anschließender Kristallisation.”

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
14
Q

Einteilung keramischer Werkstoffe nach chemischen Gesichtspunkten

A

Oxide:
Einfache Oxide z.B. :Al2O3, SiO2, ZrO2, MgO…
Mischoxide z.B. :MgAl2O4, BaTiO3, Al2TiO5….
Silicate z.B. :Mullit Al6Si2O13, Cordierit Mg2Al4Si5O18…
Phosphate z.B. : Apatit Ca10(PO4)6(OH)2, Tricalciumphosphat TCP Ca3(PO4)2….
Nichtoxide:
Carbide z.B. :SiC, B4C, WC, TiC, TaC
Nitride z.B. : Si3N4, BN, AlN, TiN
Boride z.B. :TiB2, ZrB2, …
Silicide z.B. :MoSi2, TiSi2…

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
15
Q

Wie unterscheiden sich der metallurgische und der keramische Prozess prinzipiell voneinander?

A
Siehe Bilder ( Seite 7 Kompendium)
Wegen der fehlenden Umformbarkeit nach der Halbzeugherstellung erfolgt bei der Keramik zuerst die Rohstoffaufbereitung und Formgebung zum (kreideähnlichen) Grünkörper, dann die irreversible, zu stofflichen und strukturellen Änderungen führende Wärmebehandlung. Das Teil ist danach so verfestigt, dass eine weitere Behandlung nur noch durch Schleifen möglich ist. Metalle können – evtl. nach Wiedererwärmung - weiter verformt werden.
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
16
Q

Was bedeutet das für ein Recycling, für die Qualitätssicherung, für die Wertschöpfungskette?

A

Recycling ist n i c h t s i n n v o l l – man müsste die chemische und strukturelle Ausgangssituation wieder herbeiführen. Ausnahme: Silicatkeramik: Man kann gebrannte, aber fehlerhafte Teile zermahlen und als „Magerungsmittel“/“Schamotte“ den Rohstoffen wieder zusetzen.
QS ist beim Rohstoff/Pulver sehr gut möglich (Mineralbestand, Korngröße, chemische Zusammensetzung); danach mangels hochauflösender Charakterisierungsmethoden nahezu unmöglich. Erst nach dem Sintern weiß man, ob das Bauteil rissfrei, homogen usw. ist. Abschließende Prüfung erst nach der Hartbearbeitung (Schleifen…) sinnvoll, da hier nochmals Fehler eingebracht werden können. Die Wertschöpfung steigt am Ende steil an, weil die vorhergehenden Prozessschritte nicht zu sinnvoll veräußerbaren Zwischenprodukten führen (Schritt zum „Halbzeug“ nicht verwertbar).

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
17
Q

Warum kann man Keramik nicht einfach gießen wie Metalle und dann umformen?

A

Sprödigkeit, keine plastische Verformbarkeit; Guss wegen sehr hoher Schmelztemperaturen oder Zersetzung (Siliciumnitrid) kaum möglich;[wird in Ausnahmen für sehr große Feuerfestteile im Lichtbogenofen gemacht: sog. schmelzgegossene Erzeugnisse].

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
18
Q

Was ist der generelle Unterschied zwischen natürlichen und synthetischen Rohstoffen?

A

Natürliche Rohstoffe: Reinheit abhängig von Lagerstätte, daher undefiniert; Korngröße muss durch mechanische Zerkleinerung eingestellt werden. Geringer Preis Synthetische Rohstoffe. Chemische Fällungsprodukte definierter Reinheit; Preis steigt exponentiell mit Reinheit; Korngröße „von unten her“ einstellbar; nanoskalige Pulver ohne Zerkleinerung herstellbar.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
19
Q

Wie wichtig ist das Mahlen, Homogenisieren, Dispergieren der Rohstoffe für den weiteren Herstellungsprozess und die Eigenschaften der Erzeugnisse?

A

Sehr wichtig für

a) Formgebung: größere und gleichmäßige Packungsdichten werden erzielt
b) Sinterprozess: Schwindung beginnt bei niedrigeren Temperaturen und führt zu höheren Enddichten
c) mechanische Eigenschaften: höhere Festigkeit

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
20
Q

Wie wirkt sich das Glasieren und Dekorieren von Silikatkeramik wirtschaftlich auf die Kosten der traditionellen Erzeugnisse aus?

A

Verteuernd wegen der Handarbeit.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
21
Q

Welche Verfahrensschritte kann man automatisieren?

A

„Handling“: Alle Transport- und Handhabungsschritte der Teile (Umsetzen, Stapeln z.B. in Trockenschränke, auf Ofenwagen), Verpackung;

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
22
Q

Wo würde man am besten Qualitätskontrollen einbauen?

A

Rohstoffe (Eingangsprüfung:(Mineralbestand, Korngröße, chemische Zusammensetzung); danach mangels hochauflösender Charakterisierungsmethoden nahezu unmöglich; nach dem Sinterprozess (Rissfrei, Verzug der Geometrie); nach der Hartbearbeitung (Schleifen…), dann mechanische, elektrische usw. Funktionsprüfung. [Bei den nicht kontrollierbaren Zwischenschritten sollten zumindest die apparativen Parameter erfasst und archiviert werden, damit man später Fehler zurückverfolgen kann.]

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
23
Q

Was ist ein „Grünling“ (Grünteil)?

A

Ungesinterter (unverfestigter) Pulverformkörper mit den Konturen des späteren Bauteils zuzüglich aller Aufmaße

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
24
Q

Was bewirkt die Zerkleinerung noch außer der Verringerung der Korngröße?

A

Erhöhung der spezifischen Oberfläche (m2/Gramm), d.h. Erhöhung der Sinteraktivität; Verbesserung der Dispersion bei mehrphasigen Rohstoffen, verbesserte Homogenisierung.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
25
Was ist der Unterschied zwischen Kunststoff-Spritzguss und Keramikspritzguss?
Kunststoff-Sp.: Spritzgussteil ist Fertigteil (abgesehen von Abtrennen des Angusskanals) Keramik-Sp.: Spritzgussteil ist nach dem Entbindern erst Grünteil! Keramikpartikel wirken im Prinzip wie „Füller“ im Kunststoff-Spritzgussteil.
26
Welches Formgebungsverfahren würden Sie wählen, wenn Sie eine Serienproduktion (> 1 Mio Stück/Jahr) von Bauteilen mit minderer Oberflächenqualität aufbauen müssten?
Schlickerguss; wenn bessere Oberflächengüten erforderlich werden, ist Spitzguss im Vorteil.
27
Welche Gefügedefekte erwarten Sie in axial gepressten Bauteilen?
Reste von Granulaten (Agglomeraten), Dichtegradienten wegen ungleichmäßiger Druckverteilung
28
Was müssen Sie bei der Festlegung der Dimensionen der Formkörper vor dem Sintern beachten?
Aufmaß wegen (hier angegeben: linearer) Schwindung: a) beim Trocknen(1-3%) bzw. Entbindern (15-17% Spritzguss; 1-2% Pressen); b) beim Sinterprozess (12-15 %) Aufmaß wegen Hartbearbeitung je nachdem, welche Oberflächengüten erforderlich sind.
29
Warum ist der Schleifprozess (Hartbearbeitung) der wichtigste Prozess-Schritt?
Letzter Schritt, kann neue und große Fehler einbringen (Schleifriefen, Furchen, Risse), kostet 50% der Gesamtproduktionskosten.
30
Warum sollte eine Produktion vom Pulver bis zum Bauteil möglichst in einer Hand sein – andersherum gefragt: Wieso sollte man keine keramischen „Halbzeuge“ (z.B. Grünkörper) einkaufen, um sie dann fertigzustellen?
Kette der Fehlerfortpflanzung ist dann nachvollziehbar; man kann daher Defektquellen finden und abstellen. Das komplette Verständnis ist in einer Hand – damit auch die gesamte Wertschöpfungskette. Grünkörper lassen sich schlecht versenden: Bruch.
31
Welches ist der teuerste Prozessschritt?
Hartbearbeitung (50%), gefolgt von Sinterprozess (25%).
32
Definition Brand
Brand bzw. Brennen bezeichnet die Summe aller technischen Vorgänge zur Konsolidierung der pulverigen Formkörper. Der Begriff betrifft also die Dinge, die mit dem Ofenbau, der Temperaturführung, dem Energieeintrag in das Brenngut, der Stapelung der Formkörper im Ofen, dem Be- und Entladen usw. zusammenhängen.
33
Definition Sintern
„Sintern“ umfasst die Summe aller physikalisch-chemischen Vorgänge, die in einem Formkörper auf der Ebene des Gefüges bzw. seiner atomaren Bestandteile ablaufen, und beschreibt somit die Kinetik der Konsolidierung von Pulverpackungen; - Wärmebehandlung unterhalb des Schmelzpunktes der höchstschmelzenden Verbindung - Verringerung des Porenvolumens bedingt eine Dimensionsveränderung (Schwindung) des Körpers - Verfestigung des Körpers durch Sinterhalsbildung und Ausbildung von Korngrenzen
34
Was wird gesintert?
- Materialien mit hohem Schmelzpunkt - Kombinationen von Materialien mit stark unterschiedlichem Schmelzpunkt - Materialien mit hohem Dampfdruck - Stoffe, die sich in der Schmelze entmischen. - ...wenn poröse Bauteile erwünscht sind. - ...wenn bei Schmelztemperatur chemische Reaktionen auftreten. - reinste Stoffe
35
Festphasensintern:
Beim Sinterprozess liegen alle Bestandteile fest vor und schmelzen auch nicht auf. Die Verdichtung kommt durch atomaren Materialtransport (Diffusion, Verdampfung & Kondensation) zustande.
36
Reaktionssintern mit fester Phase:
Reaktionen sind dann Festkörperreaktionen, z.B. Mischkristallbildung ZrO2 + ½ x Y2O3 = (Zr1-xYx)O2-x, wobei zur Ladungskompensation hier Sauerstoffleerstellen eingebaut sind] oder es entstehen neue chemische Stoffe (Al2O3 + MgO = MgAl2O4; TiC + 6B = TiB2 + B4C). Solche Reaktionen sind teilweise sehr exotherm; es können Temperaturen > 2500oC entstehen.
37
Flüssigphasensintern
mindestens eine Verbindung als Schmelze
38
Materialtransportmechanismen
1. Verdampfung und Kondensation 2. Oberflächendiffusion 3. Volumendiffusion unterhalb der Oberfläche (zu vernachlässigen) 4. Korngrenzendiffusion 5. Volumendiffusion (Gitterdiffusion)
39
Triebkräfte für den Materialtransport und den Sinterprozess
- Chemische Energie: Erniedrigung des chemischen Potenzials μ, d.h. durch chemische Reaktionen, Mischkristallbildung, Oxidation, Korrosion, Ausgleich von Konzentrationsgradienten - Elastische Energie (Verzerrungsenergie): Erniedrigung des elastischen Potentials Uel: z.B. durch Ausheilen von Gitterdefekten, Spannungen und Dehnungen - Oberflächenenergie Asv: z.B. durch Erniedrigung der spezifischen Oberflächenenergie (schwierig), Erniedrigung der Gesamtoberfläche, z.B. durch Kornwachstum und Porenwachstum - Grenzflächenenergie Ass: z.B. durch Erniedrigung der spezifischen Grenzflächenenergie, Verringerung der Grenzflächen durch Kornwachstum
40
Wovon hängt die Ausgangsdichte ab?
Von der Packungsdichte und Korngröße der Pulver: also möglichst hohe Packungsdichte (gleichmäßige Pulverteilchen, Kugelform hilfreich, kleine Korngrößen. [Im Idealfall Korngrößen so wählen, dass man auch die Lücken in der Dichtestpackung füllen kann.] Ferner vom Formgebungsverfahren, das eine möglichst hohe Grünkörperdichte erreicht (Kaltisostatpressen > axiales Trockenpressen > Schlickerguss > Spritzguss.)
41
Wie wirkt sich eine höhere Ausgangsdichte auf den weiteren Verdichtungsprozess aus?
Schwindung beginnt bei geringeren Temperaturen und führt zu höheren Enddichten. (siehe Abbildung Seite 65)
42
Wie kann man die Triebkräfte beeinflussen?
``` Oberflächenenergie erhöhen: Mahlen, feine Pulver synthetisieren. Grenzflächenenergie erhöhen: Sinteradditive Chemische Energie erhöhen: Reaktionssinterverfahren durchführen, d.h. Aus- gangsstoffe wählen, die miteinander reagieren (zu Mischkristallen, neuen Verbindungen) Elastische Energie (Verzerrungsenergie) erhöhen: bei Metallen sehr hilfreich: Mahlen, Verformen bei der Formgebung durch z.B. Pressen ```
43
Warum muss man eigentlich heizen, obwohl die Triebkräfte alle auch bei Raumtemperatur vorhanden sind?
Materialtransportmechanismen benötigen Aktivierungsenergie
44
Was passiert, wenn man die Temperaturerhöhung in der Mitte des Schwindungsstadiums abbricht?
Weitere Verdichtung erfolgt nach t-Gesetz bei den verfügbaren Aktivierungsenergien. D.h. es erfolgt keine weitere Beschleunigung der Verdichtung. Die Enddichte bleibt geringer als bei weiterer Temperaturerhöhung. Es ist also besser, ein wenig höher zu heizen als lange Zeit bei geringerer Temperatur zu halten. Für das Gefüge heißt das: Geschlossene Restporosität.
45
Was passiert, wenn man die Temperaturerhöhung am Ende des Anfangsstadiums abbricht?
Weitere Verdichtung erfolgt nach t-Gesetz bei den verfügbaren Aktivierungsenergien. Es kommt also nicht zur Grenzflächen- oder Volumendiffusion. Für das Gefüge heißt das: Offene Restporosität. Der Fall ist im Bild mit T1 gekennzeichnet. Es ist also besser, etwas höher zu heizen als bei geringen Temperaturen auf den Bauteilen „herumzubraten“. (Siehe Seite 66 )
46
Für welche Sinterschritte sind besondere Pulvereigenschaften erforderlich?
Erstes Stadium; hier wird die Kornform durch Verdampfung/Kondensation und Grenzflächendiffusion verändert; später ist die Ausgangskornform nicht mehr von Bedeutung. Im 1. Stadium entscheidet auch die Korngröße, inwieweit Verdampfung usw. stattfindet (siehe Abhängigkeit des Dampfdruckes von der Korngröße).
47
Welche apparativen Möglichkeiten hat man, um den Sinterprozess zu beschleunigen?
Druck anwenden! Der Pressdruck überlagert sich den Spannungen, die beim Materialtransport nützlich sind; auch wird die Teilchenumorientierung in die richtige Richtung (Verdichtung) getrieben.
48
Tragen Sie die dominierenden Materialtransportmechanismen in die Sinterkurve ein!
Seite 66
49
Wie verhalten sich nanokristalline Pulver nach der Herstellung bei Raumtemperatur?
Sie beginnen bei Kontakt bereits spontan Sinterhälse auszubilden. Schädlich für die Formgebung ! Man muss erst diese Teilchenketten „knacken“.
50
Ist der Mechanismus der Verdampfung und Wiederkondensation für das Sintern von Pulvern hilfreich oder schädlich (Begründung)? Welche Gefügeveränderungen erwarten Sie grundsätzlich?
Schädlich ! Verlust an Triebkraft ohne Schwindung ! Bildung vom Teilchenketten; Öffnung neuen Porenraumes. Gut, wenn man poröse Sinterkörper braucht !
51
Tragen die Materialtransportmechanismen der Verdampfung und Kondensation bzw. der Oberflächendiffusion zur Verdichtung eines Sinterkörpers bei?
Nein: sie führen zur Teilchenverschlankung und zur Kettenbildung. Sie tragen aber über die Sinterhalsbildung zur ersten Verfestigung bei.
52
Wie unterscheiden sich feinkörnige und grobkörnige Pulverpackungen in ihrem Sinterverhalten in Bezug auf die o.g. Mechanismen?
Feinkörnige Teilchen haben einen höheren Dampfdruck als grobe. Die freie Weglänge für Oberflächendiffusion ist kleiner bei feinkörnigen Materialien. Die o.g. Mechanismen sind also sehr viel wirksamer als bei grobem Pulver.
53
Welche Spannungen herrschen in Poren?
Nach innen gerichtete Zugspannungen, die eine Triebkraft für Porenschwund erbringen.
54
Welche Form müssen Poren anstreben, die im Inneren von Körnern sitzen?
Kugelform wegen der Erniedrigung der Oberfläche relativ zum Volumen (auch wegen der o.g. Oberflächenspannungen).
55
Warum bilden sich nadelige Apatitkristalle (siehe Biowerkstoffe) beim Sintern von Calciumphosphat-Keramik aus?
Anisotropie der Oberflächenenergie dominiert Erniedrigung der Gesamtoberflächenenergie; daher keine Kugelform.
56
In welchem Sinterstadium bildet sich das rechts dargestellte Gefüge aus?
im 1. Sinterstadium
57
Welche Materialtransportmechanismen waren wirksam?
Verdampfung/Kondensation und Oberflächendiffusion
58
Wie kann man die bisherigen Effekte nutzen, um mit dem Sinterprozess Filterwerkstoffe oder Katalysatoren mit großen inneren Oberflächen usw. herzustellen?
Abbruch des Sintervorgangs am Ende des 1.Sinterstadiums (Anfangsstadium); Nutzung der Verdampfung/Kondensation und Oberflächendiffusion zur Ausbildung definierter offener Porosität
59
Wie würden Sie einen leichten, aber wasserdichten Sinterkörper herstellen?
Abbruch des Sintervorgangs am Ende des 2.Sinterstadiums (Schwindungsstadium); Nutzung des Porenschlusses zur Ausbildung definierter geschlossener Porosität (ein kleiner Rest offener Porosität bleibt ggf. übrig).
60
Was passiert mit dem Gefüge, wenn man so schnell aufheizt, dass die Stadien der Verdampfung und Kondensation bzw. Oberflächendiffusion rasch übergangen werden und man schnell zur Grenzflächendiffusion gelangt?
Schnellere und effizientere Verdichtung, da die Triebkräfte nicht durch Verdampfung/Kondensation und Oberflächendiffusion verschwendet werden ! Homogenere Gefüge sind die Folge, kleine Poren, höhere Enddichten; geringere erforderliche Maximaltemperaturen
61
Keramische Werkstoffe gelten als unempfindlich gegenüber Säuren und Laugen, Metallschmelzen und Schlacken. Unterscheiden Sie nun genauer zwischen den Körnern und den Korngrenzen. Welches sind die chemisch stabileren Gefügebestandteile und warum?
Korngrenzen sind strukturell undefiniert (Großwinkel-KG sind quasi-amorph) und haben Verunreinigungen angereichert. Sie sind daher weniger resistent gegen Korrosion (siehe Folien: Diffusionskoeffizienten in Gläsern!) als die Körner. Keramiken werden also entlang der Korngrenzen chemisch „gespalten“. Daher sind auch grobkörnige Feuerfestprodukte besser als feinkörnige (mehr Korngrenzen).
62
Sie wählen billige Rohstoffe für eine Massenanwendung geringer Wertschöpfung. Diese sind daher mit Verunreinigungen versehen. Wo finden Sie diese Verunreinigungen nach dem Sintern wieder?
An den Korngrenzen (siehe oben). Durch die strukturellen Verzerrungen finden Ionen von Verunreinigungen immer einen geeigneten Platz in den Korngrenzen.
63
Warum sollten Sie nur reine Rohstoffe für Hochtemperaturanwendungen benutzen?
Die o.g. Verunreinigungen bilden eine Art Glasphase an der Korngrenze; diese beginnt oberhalb der Glastransformationstemperatur (bei Oxiden ca. 800oC) zu erweichen. Es erfolgt viskose Verformung. Auch sind „saubere“ Korngrenzen stabiler gegenüber Diffusion/Korrosion wie glasartige (siehe oben).
64
Ist das fortschreitende Kornwachstum nützlich oder schädlich a) für den Verdichtungsprozess und b) für die mechanischen Eigenschaften des Bauteils (Begründung)?
a) nützlich: wandernde Korngrenzen können auch Poren treffen, wobei diese durch Grenzflächendiffusion ausheilen können. Die ist kinetisch leichter als durch Volumendiffusion (Transport von O2, N2, CO2, H2O usw. durch einen Festkörper !!). b) schädlich wegen 1/a (Griffith-Gleichung); wenn sonst keine Defekte da sind, ist die Korngröße der Defekt.
65
Warum ist das Kornwachstum bei höheren Temperaturen schneller als bei niedrigeren Temperaturen?
Es ist mehr thermische Energie für den Materialtransport zur Verfügung.
66
Würden Sie – um ein homogenes Gefüge bei optimaler Verdichtung einzustellen – eher länger bei niedrigeren Temperaturen sintern oder lieber kurz bei hohen Temperaturen (Begründung)?
Lieber kurz bei höheren Temperaturen, da höhere Enddichten erzielbar sind (siehe Bilder weiter oben)
67
Wieso wirken die mehrphasigen Sintersysteme kornwachstumshemmend?
Körner einer Zweitphase stehen der Korngrenzenwanderung der Matrixphase im Wege und andersherum. Sie müssen von der Korngrenze umgangen oder geschnitten werden. Dabei baut sich eine Linienspannung auf, die der weiteren Korngrenzenbewegung entgegengerichtet ist
68
Was muss man bei den Rohstoffen beachten, wenn man besonders feinkörnige und homogene Gefüge erzielen möchte?
Feine Pulver, enge Korngrößenverteilung und homogene Packungsdichte verwenden.
69
Was muss man bei den Rohstoffen beachten, wenn man besonders inhomogene Gefüge mit Grobkorn- und Feinkornanteil erzielen möchte?
Pulver mit verschiedenen Maxima der Korngrößenverteilung verwenden (bimodale, trimodale Verteilungen), also Grobkorn mit Feinkorn mischen
70
Ursache für Sprödigkeit
fehlende Verformbarkeit, Das heißt, ein Prüfkörper (Bauteil) bricht ohne wahrnehmbare elastische und völlig ohne plastische Verformung und daher ohne „Vorwarnung" katastrophal.
71
Welche Maßnahmen müssen Sie ergreifen, um die Festigkeit eines Bauteils zu erhöhen?
Griffith-Gleichung: Bruchzähigkeit erhöhen; Defektgrößen erniedrigen
72
Wie müssen Sie die Oberflächenkonturen von Bauteilen aus Keramik gestalten, die Querschnittsverjüngungen aufweisen sollen?
Für die Übergänge große Radien vorsehen, Kerbwirkung vermeiden! Formel für Spannung als Funktion des Kerbradius !!!
73
Die Endbearbeitung von Keramikbauteilen erfolgt mittels Schleifen mit Diamantwerkzeugen. Wie müssen die Schleifriefen in Ihrem Bauteil relativ zur axialen Lasteinleitung verlaufen, um eine maximale Festigkeit zu garantieren (Zeichnung)?
Schleifrichtung parallel zur Zugspannung, sonst Kerbwirkung !
74
Was bringt eine Politur geschliffener Flächen für die Festigkeit, wenn sonst keine weiteren Gefügedefekte vorliegen?
Abschätzung der Festigkeitssteigerung! Oberflächenrauheit (Tiefe der Schleiffurchen) geht als ac in die Griffith-Gleichung ein! Die Festigkeit kann bis um den Faktor 10 gesteigert werden, wenn ordentlich poliert wird.
75
Erläutern Sie die Griffith-Gleichung in ihrer Bedeutung für die Herstellungstechnik
Griffith-Gleichung: Bruchzähigkeit erhöhen (Gefügeoptimierung, Werkstoffentwicklung! Defektgrößen erniedrigen, feine Pulver nehmen, homogene Dispersion, sorgfältige (saubere) Aufbereitung, Abrieb und Kontaminationen vermeiden, ggf. durch Reinraumtechnik; intelligente Sinterparameter wählen, Kontrolle der Prozessschritte soweit möglich. Proof-Test am Ende der Herstellungskette.
76
Was bedeutet der KIc-Faktor?
Kritischer Spannungsintensitätsfaktor: Bruchwiderstand, Bruchzähigkeit. Materialeigenschaft, die über die behandelten Verstärkungsmechanismen beeinflusst werden kann.
77
Ein Bauteil wurde mittels der Vickers-Prüfmethode auf Härte geprüft. Können Sie dieses Bauteil noch für mechanische Belastungen verwenden? Unterscheiden Sie Fälle, bei denen die Prüfung mit hoher Auflast gemacht worden (Makrohärte) ist und solche bei niedriger Auflast (Mikrohärteprüfung).
Härteprüfung bedeutet Herstellung eines Eindrucks (= Fehler); bei Keramik ist dies ferner mit Rissbildung (Medianrisse, Lateralrisse) gekoppelt, die viel größer sind als der Eindruck selbst. Daher: Achtung mit solchen Teilen; Makrohärtetests sind generell schädlich für Festigkeit, Mikrohärtetests kann man durchgehen lassen, falls der Eindruck kleiner ist als der sonst versagensauslösende Defekt.
78
Wie sieht ein Weibull-Diagramm für einen Werkstoff aus, der im Gefüge immer Agglomerate und viele kleine Poren aufweist (Zeichnung)?
Gehen Sie folgendermaßen vor: 1) Überlegung: Welches sind die größten Defekte? Hier: Agglomerate. 2) Was ist über deren Häufigkeit ausgesagt? Hier: immer da. 3) Welche anderen Defekte spielen sonst eine Rolle? Hier: kleine Poren; kleiner als Agglomerate, daher immer unkritisch, solange größere Defekte vorhanden ist. 4) Zeichnen des Weibull-Diagramms: Hier: Große Defekte (Agglomerate) = niedrige Festigkeiten; Defekte immer da: große Bruchwahrscheinlichkeit bei niedrigen Spannungen. Also m hoch (steile Kurve), Festigkeit σ niedrig. Eine pauschale Eintragung in ein Diagramm enthält natürlich Unbestimmtheiten, solange man keine Werte an die Achsen schreibt. Man kann durch Skalendehnung natürlich bei der Weibullgeraden nicht „steil“ von „flach“ unterscheiden, auch nicht „geringe“ Festigkeit von „hoher“ Festigkeit. Ergänzen Sie also bitte das Diagramm durch verbale Angaben wie „m hoch“, „ niedrig“; sonst müssen wir doch noch rechnen, um Zahlen einsetzen zu können, oder?
79
Wie sieht ein Weibull-Diagramm für einen Werkstoff aus, der im Gefüge gelegentlich Agglomerate und immer viele kleine Poren aufweist (Zeichnung)?
Gehen Sie folgendermaßen vor: 1) Überlegung: Welches sind die größten Defekte? Hier: Agglomerate. 2) Was ist über deren Häufigkeit ausgesagt? Hier: manchmal da. Es gibt also Proben, die frei von Agglomeraten sind. 3) Welche anderen Defekte spielen sonst eine Rolle? Hier: kleine Poren; kleiner als Agglomerate, daher immer unkritisch, solange größerer Defekt vorhanden ist. 4) Was ist über deren Häufigkeit ausgesagt? Hier: immer da. Das heißt, dass agglomeratfreie Proben wegen der kleinen Poren versagen müssen (d.h. bei höherer Lastspannung) 5) Zeichnen des Weibull-Diagramms: Hier: Große Defekte (Agglomerate) = Fehlerpopulation mit niedrigen Festigkeiten; Defekte immer da: große Bruchwahrscheinlichkeit bei niedrigen Spannungen. 6) Da alle Proben integral in die Darstellung eingehen, muss eine Gesamtgerade resultieren, die beide Fehlerarten berücksichtigt. Die ursprüngliche Information (zwei steile Geraden) wird also „verwischt“ durch eine flache Gerade. Da fragte ein Kommilitone: Es reicht also die flache Gerade als Antwort? Ja leider, denn die Frage ist ungenau formuliert. In der Klausur wird also ggf. in ähnlichen Fällen präzisiert: „Zeichnen Sie die Messpunkte schematisch ein...“ oder „zeichnen Sie die Untergeraden für die einzelnen Fehlerarten ein...“. Also:Dann gibt es eine zweite Fehlerpopulation mit größeren Versagensspannungen wegen der kleinen Poren. (Seite 71)
80
Wie sieht ein Weibull-Diagramm für einen Werkstoff mit hohem KIc im Vergleich zu einem Material mit niedrigem KIc aus (Zeichnung)?
Gerade verschiebt sich zu höheren Festigkeitswerten. Die Steigungen beider Kurven sind gleich, wenn es keine besonders ausgeprägten Fehlerpopulationen gibt. Für den Fall, dass durch die KIc-Erhöhung auch eine spezielle Fehlerquelle als bruchauslösend eliminiert wird, steigt auch die Zuverlässigkeit, d.h. m.
81
Ein Fabrikant will von Ihnen einen Kredit für eine große Investition zu einer Produktfertigung. In seinen Akten finden Sie ein Weibulldiagramm zu diesem Produkt. Worauf achten Sie und warum?
Festigkeitsniveau, Streuung der Werte (Geradensteigung); sind einzelne Fehlerpopulationen (Unterkurven) sichtbar? Dies bedeutet evtl., dass eine Abhilfe im Produktionsprozess möglich ist.
82
Hintergründe der Verstärkung
Alle Verstärkungsmechanismen zielen darauf ab, die Bruchenergie eines Werkstoffes durch entsprechende Gefügeoptimierung zu erhöhen
83
folgende Strategien für Verstärkungen
Bruchfläche erhöhen, Riss ablenken, Riss stoppen, Rissflanken zusammenhalten, Zugspannungen abbauen, Druckspannungen aufbauen
84
Methoden der Gefügeverstärkung:
Zugspannungen minimieren: Verstärkung mittels Poren Rissfrontbiegung Verstärkung mit duktilen (metallischen) Teilchen Rissablenkung Rissverzweigung
85
Wie groß dürfen die Poren maximal werden, um nicht die Festigkeit zu erniedrigen?
< ac
86
Wie bringt man am besten gleichmäßige unterkritische Porosität in ein Bauteil hinein?
Stoppen der Verdichtung am Ende des 2 Sinterstadiums oder etwas später (je nach Porengröße)
87
Wie groß dürfen die Teilchen maximal werden, um nicht die Festigkeit zu erniedrigen?
< ac
88
Wie wirken sich hohe Konzentrationen an Einlagerungsteilchen aus?
Hohe Konzentration heißt kleines 2c im Diagramm; Kurven steigen nach links an, d.h. Festigkeitserhöhung nimmt zu.
89
Wie wirken sich große Teilchen relativ zu kleinen Teilchen bei gleichem Abstand aus?
Große Teilchen heißt großes 2r im Diagramm; Kurven steigen nach links an, d.h. Festigkeitserhöhung nimmt zu
90
Sind steile oder eher flache R-Kurven nützlich für die Verstärkung keramischer Bauteile gegen statische Belastungen?
Steile sind besser, da ein laufender Riss sofort einen großen Anstieg des Bruchwiderstandes sieht (damit bleibt auch a klein).
91
Was versteht man unter unterkritischem und überkritischem Risswachstum?
Es gibt kurze Risse mit a ac, die zum katastrophalen Bauteilversagen führen. ac lässt sich in diesem Fall konstruieren durch die Bilanz der Bruchenergie: Eingespeicherte elastische Energie Uel minus aufzubringender Oberflächenenergie Uob = 4a = für den Rissfortschritt freigesetzte Energie Ugesamt = 4a - a22/E. Siehe Folien. Eine weitere Möglichkeit ist die Argumentation mit der R-Kurve: Falls die Lastspannung i bei keiner Risslänge a eine Situation bewirkt, bei der Spannungsintensitätskurve KI oberhalb der R-Kurve liegt, kommt der Riss zum Stillstand. Die maximale Risslänge beträgt dann ai.
92
Sie führen Proof-Tests mit 2 durch, um die Qualität Ihrer Bauteile zu garantieren. Wenn ein vorhandener Gefügedefekt vor dem Test die Ausgangslänge ao hatte, wie groß ist er dann, wenn das Bauteil die Prüfung gerade bestanden hat? Wie würde sich ein solches Bauteil verhalten, wenn es erneut geprüft würde? (Oberes Bild wäre im Falle dieser Frage vorgegeben!) (Seite 73)
Der Riss wächst bis a2 an. Bei einer erneuten Prüfung wäre dann dieser Defekt größer als vor der ersten Prüfung. Das bedeutet, dass der Proof-Test die geprüften Bauteile durch unterkritisches Risswachstum schädigt.
93
Wie kommt das T der Selsing-Gleichung zustande? Was ist die obere Temperatur To?
Eine Temperatur ist die Prüftemperatur, bei der die Spannungen betrachtet werden sollen; To ist diejenige minimale Temperatur, bei welcher spannungsrelaxierende Prozesse gerade noch spürbar ablaufen (also aktive Korngrenzendiffusion bzw. aktives Korngrenzengleiten über Glasphasen oder Großwinkelkorngrenzen). D.h. unterhalb dieser Temperaturen „frieren“ beim Abkühlen von Sintertemperaturen alle Spannungen ein, bzw. bauen sich erst auf, da T steigt. To wird kritische Spannungsrelaxationstemperatur genannt und ist bei glasphasenhaltigen Systemen gleich der Glastransformationstemperatur.
94
Wie groß sind die Eigenspannungen in mehrphasigen Hochleistungskeramiken ungefähr (Größenordnung genügt)?
100-1000 MPa
95
Schätzen Sie ab, bei welchen Temperaturen elastische Spannungen in keramischen Werkstoffen relaxieren. Begründung ?
Begründung siehe oben: Also: Oxidkeramiken: um 800 °C (wg. Glasphasen), Nichtoxidkeramiken 900-1200 °C. Verunreinigungen spielen auch eine Rolle!
96
Kann man Keramiken spannungsfrei glühen? Worin liegt hier der wesentliche Unterschied zu Metallen??
Nicht sinnvoll, da oberhalb To geglüht werden muss und sich beim Abkühlen dann die Spannungen wieder aufbauen. Metalle: Versetzungen !
97
Wie wirken sich hohe Teilchenkonzentrationen auf den Rissablenkungsmechanismus aus?
Zunächst positiv, bis es zu einer Überlagerung der Spannungsfelder kommt und der Riss nicht mehr in Wechselwirkung mit diesen tritt. Ferner beachten Sie bitte das steigende Risiko für die Bildung von Gefügeinhomogenitäten und Defekte.
98
Warum sind eingelagerte Fasern besser als Plättchen oder Kugeln?
Mit steigendem Verhältnis von Länge zu Dicke nimmt der Einfluss von Rissverkippung und Rissverdrillung zu, d.h. neben dem KIc werden dann auch KIIc und KIIIc wirksam.
99
Wie erzeugt man im Gefüge Texturen, also Vorzugsorientierungen von faser- oder plattenförmigen Teilchen?
Spritzguss > Trockenpressen > Schlickerguss. Ursachen sind Strömungen, Wandreibung, Ausweichen auf Druck.
100
Nicht vergessen: Faserverstärkung!
Faserverstärkung“ wird für alle Verbundwerkstoffe benutzt, bei denen die Einlagerung von Fasern zu einer Verbesserung der mechanischen Eigenschaften führt. Prinzipiell werden dabei zwei unterschiedliche Konzepte verfolgt. Bei Matrixmaterialien, die als einphasiges Material nur eine geringe Festigkeit und einen niedrigen Elastizitätsmodul besitzen (z.B. Kohlenstoff, Mullit), kann durch eine Lastübertragung auf die Verstärkungsfasern die mechanische Belastbarkeit gesteigert werden. Für eine maximale Lastübertragung müssen die Fasern fest in die Matrix eingebunden sein. (Seite 47)
101
Was versteht man unter Umwandlungsverstärkung?
Einführung von Druckspannungen durch Phasenumwandlung von Teilchen unter Volumendehnung in einem lastbedingten Zugspannungsfeld.
102
Welches sind die kristallographischen Voraussetzungen für die Umwandlungsverstärkung?
Spontaner Wechsel der Kristallstruktur (Modifikation) durch displazive Mechanismen unter Volumendehnung (technisch am besten nutzbar, wenn dies mit sinkender Temperatur erfolgt).
103
Was sind die Charakteristika einer „martensitischen“ Umwandlung?
Diffusionslose (displazive) , spontane Umwandlung durch Scherung des Kristallgitters.
104
Welche Dotierungselemente kommen in Frage, wenn man die tetragonale/monokline Hochtemperaturmodifikation des ZrO2 bei Raumtemperatur stabilisieren möchte?
MgO, CaO, Y2O3, Ce2O3 u.a., technisch wichtig sind insbesondere MgO und Y2O3
105
Wie sehen Mg-PSZ-Gefüge aus?
Grobkörnige kubische Matrix mit feinen tetragonalen Ausscheidungen, die nach monoklin umwandeln können
106
Wie sehen Y-TZP-Gefüge aus?
Sehr feinkörniges Gefüge (< ca. 500 nm)
107
Warum müssen Y-TZP-Gefüge extrem feinkörnig sein?
Zur Unterdrückung der spontanen Umwandlung. Erforderliche Korngröße korreliert mit Stabilisatorkonzentration.
108
Wie wirken Eigenspannungen in einer Al2O3/ZrO2-Mischkeramik auf die Phasenumwandlung? Hilfe: (Al2O3)= 8x10-6 1/K; (ZrO2)= 10x10-6 1/K
Beim Abkühlen von Sintertemperatur möchte die Al2O3-Matrix weniger schwinden als die ZrO2-Teilchen. Es entstehen um das ZrO2-Teilchen radiale Zugspannungen, die die Umwandlung fördern. Auf diese Weise lässt sich die Umwandlung gerade so unterdrücken, dass das ZrO2 (bei kleiner Korngröße) in einem Lastspannungsfeld umwandelt.
109
Sind ZrO2-Keramiken gute thermoschockresistente Werkstoffe? Argumentieren Sie mit der Wärmedehnung, der Wärmeleitfähigkeit und dem E-Modul.
Nein, Wärmedehnung sehr hoch, Wärmeleitfähigkeit sehr gering; der E-Modul ist aber gering, was wieder günstig ist; es reicht aber nicht, um die anderen Nachteile zu kompensieren.
110
Was versteht man unter einer Prozesszone?
Lokal ausgedehnte Zone um laufenden Riss und vor der Rissspitze mit aktiven Verstärkungsmechanismen (z.B. Umwandlungsverstärkung, Faserverstärkung, Mikrorissbildung)
111
Was ist spannungsinduzierte Umwandlung?
Durch äußere Belastung (Zug) herbeigeführte Phasenumwandlung.
112
Was ist spontane Umwandlung?
Durch große Teilchengröße oder mangelnden Stabilisatorgehalt beim Abkühlen von Sintertemperatur herbeigeführte Phasenumwandlung. Diese führt natürlich auch zu Druckspannungen und Mikrorissen, ist also nicht prinzipiell schädlich. Allerdings wirkt sie dann nicht mehr in einem Lastspannungsfeld.
113
Die für eine hohe Thermoschockbeständigkeit geforderten Eigenschaften zielen nicht immer in die gleiche Richtung. Zeigen Sie anhand der erforderlichen Korngröße, welche Eigenschaften sich verbessern und welche sich verschlechtern. Wärmeleitfähigkeit verbessert sich mit steigender Korngröße (freie Weglänge der Phononen), Eigenspannungen erhöhen sich (ist schlecht für Thermoschock), Festigkeit sinkt. Was tun?
Experimentellen Kompromiss suchen!
114
Warum besitzen feuerfeste Werkstoffe üblicherweise eine Porosität von 15-17 Vol.%?
Elastizitätsmodul sinkt mit steigender Porosität; Dehnungen steigen, Thermoschockbeständigkeit wird besser. Aber: Infiltrationsbeständigkeit ? Daher möglichst geschlossene Poren einstellen!
115
Wieso kann die Wärmeleitfähigkeit durch reine Korngrenzen große Körner verbessert werden?
Größere freie Weglänge für Phononen bis zur nächsten Impedanz (Hindernis): Korngrenze.
116
Welche Wärmetransportmechanismen treten bei Faserdämmstoffen auf?
Strahlung und Konvektion (Luftumwälzung durch Temperaturgradienten)
117
Warum ist es werkstofftechnisch schwierig, Space-Shuttle-Kacheln unter Weltraumbedingungen zu reparieren?
1) Man muss adhäsive Bindungen bei –150oC herbeiführen! | 2) Unterschiedliche Wärmeausdehnungskoeffizienten von Aluminiumkonstruktion, Fasermatte und Kunststoffkleber
118
Welche Keramiken kommen als Wärmetauschermaterialien in Betracht?
AlN, Si3N4, SiC
119
Warum nimmt die Wärmeleitfähigkeit keramischer Stoffe mit zunehmender Temperatur zunächst ab, dann aber wieder zu?
Gerichtete Phononenbewegung wird durch thermische Schwingungen zunehmend behindert, dann übernehmen Strahlung und Konvektion den Wärmetransport
120
Welche thermisch bedingten Schwierigkeiten hat man beim Löten von Keramik mit Metallen zu berücksichtigen?
Wärmedehnungsunterschiede zwischen Metall und Keramik (und Lot).
121
Welche Hochtemperaturanwendungen keramischer Werkstoffe kennen Sie in der Energietechnik?
Wärmetauscher, Brennerdüsen, Kacheln für Müllverbrennungsanlage, Wärmedämmschichten für Turbinenschaufeln, Brennstoffzelle...
122
Welche Eigenschaften der Keramik nutzt man bei der Beschichtung von Turbinenschaufeln?
Geringe Wärmeleitfähigkeit
123
Wie äußert sich das Kriechen in einem Spannungs-Dehnungsdiagramm?
Nach linear-elastischer Dehnung Fließen bei konstanter Last.
124
Gibt es bei Keramiken eine „Verfestigung“ wie bei Metallen?
Nein, es gibt nur dann einen Spannungsanstieg, wenn sich grobe Körner verhaken und das Korngrenzengleiten behindern
125
Welchen Verstärkungsmechanismus zur Steigerung des Bruchwiderstandes schlagen Sie für hohe Temperaturen vor?
Faserverstärkung, alle anderen sind nicht mehr wirksam.
126
Welchen Verstärkungsmechanismus zur Verbesserung der Kriechbeständigkeit schlagen Sie für hohe Temperaturen vor?
Grobe Gefüge
127
Wie teilt man Biowerkstoffe nach ihren Reaktionen mit dem Körper ein?
biotolerant, bioaktiv, bioinert ( Seite 76)
128
Welche Vorzüge haben metallische Biowerkstoffe gegenüber keramischen?
Höherer Bruchwiderstand, größere Zuverlässigkeit
129
Welche Vorzüge haben keramische Biowerkstoffe gegenüber metallischen?
Korrosionsresistenz, Bioaktivität (manche) bzw. Bioinertheit, elektrische Isolatoren, höhere Verschleißresistenz, bessere Ästhetik durch weiße transluzente Farbe.
130
Warum nimmt man kein Titan als Zahnersatz?
Sieht nicht gut aus.
131
Warum gibt es keine dichten Implantate aus Calciumphosphatkeramik?
Keine guten mechanischen Eigenschaften erzielbar (KIc = 1 MPam hoch 1/2), schlecht sinterfähig wegen Zersetzung.
132
Wieso benötigen Hartgewebeersatz-Implantate („Knochenreparaturstücke“) aus Calciumphosphatkeramik eine definierte Porosität?
Knochenzellen können Keramik besser resorbieren, wenn die Porendurchmesser 70- 400 μm betragen. (Zelldurchmesser ca. 30 μm).
133
Wie würden Sie eine solche Porosität einstellen?
Sintern im 1. Sinterstadium; organische Füller einbauen und Ausbrennen, mit Laser Löcher bohren.
134
Aus welchen Komponenten und Werkstoffen besteht ein Hüftgelenksimplantat?
Schaft (Titanlegierung), Distanzstück (rostfreier Stahl), Kugel (Al2O3), Pfanne (Keramik, Kunststoff oder Stahl)