Keramik Fragen Kompendium Flashcards
Welches sind die jeweiligen Rohstoffe der drei Keramikbranchen?
Silicatkeramik: Natürliche Rohstoffe
Feuerfest: natürliche und synthetische Werkstoffe
Hochleistungskeramik: synthetische Werkstoffe: reine und komplexe Oxide, Nichtoxide
Wie sehen die Gefüge der Silikatkeramik, der feuerfesten Werkstoffe und der Hochleistungskeramik prinzipiell aus?
Silicatkeramik: heterogen, porös, Korngröße wenig relevant Feuerfest: heterogen, 15-17vol% Porosität, sehr grobkörnig
Hochleistungskeramik: extrem homogen, Porosität und Korngröße auf Anwendungsfall zugeschnitten
Welche Stückzahlen werden jeweils pro Muster/Werk und Jahr hergestellt?
Silicatkeramik: Dachziegel/Fliesen u.a. Baukeramik: > 10 Mio Stück Geschirr, Sanitär: ca. 10.000 Stück
Feuerfest: 1.000-10.000 t (ungeformte Massen) > 10.000 Formteile
Hochleistungskeramik: 10.000 (Strukturkeramik) -»_space; 1 Mio Stück (Elektronikkomponenten)
Welche Qualitäten an Rohstoffen (Reinheit, Feinheit…) sind erforderlich?
Silicatkeramik: spielt kaum eine Rolle [Ausnahme weiße Keramik]
Feuerfest: hohe Reinheiten wegen Korrosion, grobkörnig (100 μm- 10 mm)
Hochleistungskeramik: extreme Reinheiten, Strukturkeramik extrem feinkörnig (1 μm)
Wie steht es mit der Wertschöpfung?
Silicatkeramik: niedrig (Ausnahme Kunstgewerbe und besondere Marken)
Feuerfest: mittel, spezielle Formteile hochpreisiger als Massen
Hochleistungskeramik: hohe Wertschöpfung (Ausnahme: konventionelle Elektronik, dort sehr hohe Stückzahlen: Kondensatoren z.B. > 1012 Stück/Jahr)
Wie schätzen Sie den Standort Deutschland/Westeuropa für diese Branchen ein? Wo gibt es steigende, wo stagnierende, wo fallende Umsatzzahlen? Warum ?
Silicatkeramik: hohe Personalkosten wg. Handarbeit; kann wieder attraktiv werden, wenn Automatisierungsgrad erhöht wird (Fliesen, Dachziegel, Geschirr), sonst allgemeine Stagnation
Feuerfest: leicht steigende Tendenz wegen Stahlboom; Rohstoffe kommen aus Asien (China), daher oft Verlegung der Produktion an den Ort der Rohstoffgewinnung.
Hochleistungskeramik inkl. Traditionelle technische Keramik: konstant ca. 10% Wachstum seit vielen Jahren trotz aller Krisen
Gibt es „Grauzonen“ zwischen den drei Branchen? Wo würden Sie die Zündkerze zuordnen? Welche High-Tech-Funktionsteile gibt es im Bereich Feuerfest?
Überlappungen oder Zuordnungsschwierigkeiten gibt es bei den traditionellen technischen Keramiken (Zündkerze, Isolatoren), die manchmal der Silicatkeramik, manchmal der Hochleistungskeramik zugeordnet werden [Achtung: daher oft Verfälschung derMarktstatistiken !]. Ferner werden für die Feuerfestbranche besondere Funktionselemente entwickelt wie Schieber, Verschlüsse, Ventile, Sonden etc., die High-Tech- Charakter aufweisen.
Wie hat die Entwicklung der Keramik die anderen Technologien (Elektrotechnik, Stahlerzeugung, technische Chemie) beeinflusst?
Keramik ist Schlüsseltechnologie. Sie ermöglicht die Entwicklung neuer Technologien, manchmal aber nur vorübergehend.
Beispiele:
Elektrotechnik: Ohne Keramik keine Entwicklung der E-Technik im 19.Jhdt. möglich!
Heute – abgesehen vom Hochspannungsbereich – Verdrängung durch Kunststoffe Stahlerzeugung: Ohne feuerfeste Werkstoffe k e i n e Metallurgie möglich!
Chemie: Im 19. Jhdt. Ohne Keramik keine Chemie denkbar; heute weitgehende Verdrängung durch Kunststoffe
Warum gibt es heute kaum noch keramische Isolatoren? Und wenn ja, für welche Einsatzfälle ?
Kunststoffe leichter, besser, dünnwandiger, billiger und zuverlässiger in der Herstellung;
Ausnahme: Hochspannungsbereich, hier Glas als Konkurrenz; Multilayersubstrate mit integrierten Leiterbahnen
Welche Branchen erschließen sich durch keramische Werkstoffe gerade völlig neu?
Energietechnik: Ionenleiter; Sensorik/Aktorik/Mikrosystemtechnik: Piezokeramik; Medizintechnik: Bioaktive/bioinerte Implantate ….
Nennen Sie einige keramische Bauteile für die Energietechnik.
Brennkammer für Gasturbine, Kacheln für Müllverbrennungsanlagen
Wärmetauscher für Kraftwerke, Heizungen… Brennerdüsen für Öl-/Gasheizungen
Wärmedämmplatten/-schichten für Ofen, Turbinenschaufeln, Space Shuttle
In welchen Anwendungen hatten keramische Bauteile zunächst sehr gute Einsatzchancen, kamen aber dann doch nicht zum Zug? Warum war hier die Keramik gegenüber metallischen Bauteilen benachteiligt?
Komponenten in der Kfz-Technik: Turbolader, Ventil, Motorblock, Zylinderköpfe, Portliner etc.; Herstellung zu teuer, Verhalten zu unzuverlässig; starke Konkurrenz zu Metallen; geringerer Nutzen als erwartet (Wirkungsgrad, NOx-Emission…)
Definition der Keramik
„Keramische Werkstoffe sind anorganisch, nichtmetallisch, in Wasser schwer löslich und zu wenigstens 30 % kristallin.“
„In der Regel werden sie bei Raumtemperatur aus einer Rohmasse geformt und erhalten ihre typischen Werkstoffeigenschaften durch eine Temperaturbehandlung meist über 800°C. Gelegentlich geschieht die Formgebung auch bei erhöhter Temperatur oder gar über den Schmelzfluss mit anschließender Kristallisation.”
Einteilung keramischer Werkstoffe nach chemischen Gesichtspunkten
Oxide:
Einfache Oxide z.B. :Al2O3, SiO2, ZrO2, MgO…
Mischoxide z.B. :MgAl2O4, BaTiO3, Al2TiO5….
Silicate z.B. :Mullit Al6Si2O13, Cordierit Mg2Al4Si5O18…
Phosphate z.B. : Apatit Ca10(PO4)6(OH)2, Tricalciumphosphat TCP Ca3(PO4)2….
Nichtoxide:
Carbide z.B. :SiC, B4C, WC, TiC, TaC
Nitride z.B. : Si3N4, BN, AlN, TiN
Boride z.B. :TiB2, ZrB2, …
Silicide z.B. :MoSi2, TiSi2…
Wie unterscheiden sich der metallurgische und der keramische Prozess prinzipiell voneinander?
Siehe Bilder ( Seite 7 Kompendium) Wegen der fehlenden Umformbarkeit nach der Halbzeugherstellung erfolgt bei der Keramik zuerst die Rohstoffaufbereitung und Formgebung zum (kreideähnlichen) Grünkörper, dann die irreversible, zu stofflichen und strukturellen Änderungen führende Wärmebehandlung. Das Teil ist danach so verfestigt, dass eine weitere Behandlung nur noch durch Schleifen möglich ist. Metalle können – evtl. nach Wiedererwärmung - weiter verformt werden.
Was bedeutet das für ein Recycling, für die Qualitätssicherung, für die Wertschöpfungskette?
Recycling ist n i c h t s i n n v o l l – man müsste die chemische und strukturelle Ausgangssituation wieder herbeiführen. Ausnahme: Silicatkeramik: Man kann gebrannte, aber fehlerhafte Teile zermahlen und als „Magerungsmittel“/“Schamotte“ den Rohstoffen wieder zusetzen.
QS ist beim Rohstoff/Pulver sehr gut möglich (Mineralbestand, Korngröße, chemische Zusammensetzung); danach mangels hochauflösender Charakterisierungsmethoden nahezu unmöglich. Erst nach dem Sintern weiß man, ob das Bauteil rissfrei, homogen usw. ist. Abschließende Prüfung erst nach der Hartbearbeitung (Schleifen…) sinnvoll, da hier nochmals Fehler eingebracht werden können. Die Wertschöpfung steigt am Ende steil an, weil die vorhergehenden Prozessschritte nicht zu sinnvoll veräußerbaren Zwischenprodukten führen (Schritt zum „Halbzeug“ nicht verwertbar).
Warum kann man Keramik nicht einfach gießen wie Metalle und dann umformen?
Sprödigkeit, keine plastische Verformbarkeit; Guss wegen sehr hoher Schmelztemperaturen oder Zersetzung (Siliciumnitrid) kaum möglich;[wird in Ausnahmen für sehr große Feuerfestteile im Lichtbogenofen gemacht: sog. schmelzgegossene Erzeugnisse].
Was ist der generelle Unterschied zwischen natürlichen und synthetischen Rohstoffen?
Natürliche Rohstoffe: Reinheit abhängig von Lagerstätte, daher undefiniert; Korngröße muss durch mechanische Zerkleinerung eingestellt werden. Geringer Preis Synthetische Rohstoffe. Chemische Fällungsprodukte definierter Reinheit; Preis steigt exponentiell mit Reinheit; Korngröße „von unten her“ einstellbar; nanoskalige Pulver ohne Zerkleinerung herstellbar.
Wie wichtig ist das Mahlen, Homogenisieren, Dispergieren der Rohstoffe für den weiteren Herstellungsprozess und die Eigenschaften der Erzeugnisse?
Sehr wichtig für
a) Formgebung: größere und gleichmäßige Packungsdichten werden erzielt
b) Sinterprozess: Schwindung beginnt bei niedrigeren Temperaturen und führt zu höheren Enddichten
c) mechanische Eigenschaften: höhere Festigkeit
Wie wirkt sich das Glasieren und Dekorieren von Silikatkeramik wirtschaftlich auf die Kosten der traditionellen Erzeugnisse aus?
Verteuernd wegen der Handarbeit.
Welche Verfahrensschritte kann man automatisieren?
„Handling“: Alle Transport- und Handhabungsschritte der Teile (Umsetzen, Stapeln z.B. in Trockenschränke, auf Ofenwagen), Verpackung;
Wo würde man am besten Qualitätskontrollen einbauen?
Rohstoffe (Eingangsprüfung:(Mineralbestand, Korngröße, chemische Zusammensetzung); danach mangels hochauflösender Charakterisierungsmethoden nahezu unmöglich; nach dem Sinterprozess (Rissfrei, Verzug der Geometrie); nach der Hartbearbeitung (Schleifen…), dann mechanische, elektrische usw. Funktionsprüfung. [Bei den nicht kontrollierbaren Zwischenschritten sollten zumindest die apparativen Parameter erfasst und archiviert werden, damit man später Fehler zurückverfolgen kann.]
Was ist ein „Grünling“ (Grünteil)?
Ungesinterter (unverfestigter) Pulverformkörper mit den Konturen des späteren Bauteils zuzüglich aller Aufmaße
Was bewirkt die Zerkleinerung noch außer der Verringerung der Korngröße?
Erhöhung der spezifischen Oberfläche (m2/Gramm), d.h. Erhöhung der Sinteraktivität; Verbesserung der Dispersion bei mehrphasigen Rohstoffen, verbesserte Homogenisierung.