Individualarbeitsrecht Flashcards
Mögliche Sanktionen, wenn der AN seine Arbeitspflicht nicht oder nicht richtig erfüllt (5)?
- Kündigung (fristlos nur bei beharrlicher Arbeitsverweigerung; sonst selten)
- Verweigerung der Lohnzahlung (ohne Arbeit kein Lohn; nicht anwendbar, falls Arbeitsleistung bloss mangelhaft)
- Schadenersatzpflicht (OR 321e)
- Konventional- und Ordnungsstrafen (OR 321e)
- Erfüllungszwang (Zwangsvollstreckung i. S. v. ZPO 343; praktisch jedoch ohne Bedeutung, da wenig sinnvoll, jemanden zur Arbeit zu zwingen)
TBM Konventionalstrafe & wo sind diese notiert?
OR 321e (zur Konventionalstrafe s. auch OR 160-163):
1) Hinreichend klare Vereinbarung in Arbeitsvertrag oder Betriebsordnung. BGer: Jeder strafbare Verstoss & entsprechende Sanktion.
- -> Ärztinnenfall: «bei Zuwiderhandlungen gegen diesen Vertrag, insbesondere gegen […]» genügt bei 50’000 Fr. Strafe nicht.
- -> “Jede konkurrenzierende Tätigkeit” für ein Konkurrenzverbot genügt.
2) Nur mit Straf-/Disziplinarcharakter (mit Ersatzcharakter wäre nichtig, da 321e einseitig zwingend, OR 362)
3) Höhe der Strafe bestimmt und verhältnismässig
4) TB klar umschrieben
5) Keine Kündigung aus begründetem Anlass - ansonsten fällt das K-Verbot dahin (BGer)
TBM Schadenersatzpflicht & Beweislast & Abgrenzung ?
TBM 321e I (= 97 I)
1) Schaden (= unfreiwillige Vermögenseinbusse)
2) Vertragsverletzung (insb. 321-321d)
3) Nat. + ad. Kausalzusammenhang
4) Verschulden (Absicht oder Fahrlässigkeit) gem. Massstab von 321e II –> verschuldensunabhängige Haftung (z. B. Konventionalstrafe mit Ersatzcharakter) sind i. V. m. OR 362 (einseitig zwingende Norm) nichtig
Beweislast:
1-3: AG / 4: AN (Übernahmeverschulden durch AN möglich)
Abgrenzung: Falls Vertragsverletzung/Nichterfüllen der Arbeitspflicht aufgrund ungerechtfertigtes Nichtantreten oder Verlassen der Arbeitsstelle: OR 337d
Können Treuepflichtverletzungen i. S. v. OR 321a (keine Konkurrenzverbote) durch Konventionalstrafen sanktioniert werden? Wo liegt das Hauptproblem? Wie ist insb. die geschäftsleitende Ärztin zu beurteilen, die:
1) einer Nebentätigkeit als Belegärztin ohne schriftliche Zustimmung AG nachgeht, obwohl dies im AV;
2) ZSR-Nr (für KK) nach Beendigung nicht zurückgegeben;
3) Rufschädigende Äusserungen gegen ehemalige AG geäussert hat?
Hauptproblem: Spannungsverhältnis zwischen vertraglicher Verschärfung der Treuepflicht von OR 321a durch Konventionalstrafe und der relativ zwingenden Haftungsregeln von OR 321e
–> im Einzelnen:
OR 321e:
o Abs. 1: AN haftet grds. Für Vorsatz und Fahrlässigkeit
o Abs. 2: AN profitiert von Privilegierung
OR 362 I: relativ zwingende Bestimmungen
o OR 321a nicht im Katalog –> Konventionalstrafen (= vertragliche Schlechterstellung) möglich
o ABER darunter: 321e –> d. h. das Haftungsprivileg des AN von 321e kann nicht – inkl. vertraglich – aufgeweicht werden
–> BGer: Mit der umstrittenen Konventionalstrafe haben die Parteien eine unzulässige schadens- und verschuldensunabhängige Haftung vereinbart, was zu ihrer Nichtigkeit führt (anders noch BGE 4A_595/2012 vom 21.12.2012, wo auf blosse Herabsetzung erkannt wurde)
Was ist das Fazit aus dem BGE zu Konventionalstrafen, die Treuepflichtverletzungen sanktionieren? Was lässt sich daraus für die Praxis ableiten?
Fazit: Konventionalstrafensanktionierung darf nicht gesetzliches Haftungsprivileg von OR 321e i. V. m. OR 362 I umgehen !
- -> Zulässig bleiben Konventionalstrafenregelungen, die nicht Ersatz-, sondern Strafcharakter im Sinne einer Disziplinarmassnahme haben (TBM siehe Flashcard 2)
- -> Davon muss man das Gericht überzeugen
- -> Schwierige, theoretische Unterscheidung
- -> Konkurrenzverbote sind davon nicht betroffen; es geht um Konventionalstrafen während Anstellungsverhältnis
Praxis: Wenig Bedeutung zu erwarten, da es nur um kleinere Beträge gehen kann. Entsprechend wird man sich kaum die Mühe machen, umfassende, genau definierte Bussenkataloge zu entwerfen.
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Regeln der Schadensbemessung?
- OR 321e II heranziehen
- Regeln der ausservertraglichen Haftung, d. h. OR 43 f. (OR 99 III)
Wodurch kann die Ersatzpflicht reduziert werden?
Durch sogenannte Reduktionsgründe, insb.:
Selbstverschulden der AG
= z. B. mangelhafte Betriebs- oder Arbeitsorganisation; Duldung von Missständen; ungeeignete Auswahl von AN
–> Kann Völlige Haftungsbefreiung AN nach sich ziehen
–> oder sogar adäquaten Kausalzusammenhang ausschliessen (Haftungsvoraussetzung)
Betriebsrisiko
= bei schadensgeneigter Arbeit, kann dem AN nicht alles angehängt werden (z. B. Kellner, der Geschirr zerschlägt)
- bei leichter Fahrlässigkeit: i. d. R. Befreiung AN
- bei gewöhnlicher Fahrlässigkeit: i. d. R. Reduktion Ersatzpflicht
–> Basis: Berufsrisiko i. S. v. OR 321e II
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Zeitpunkt der Geltendmachung des Schadens durch AG?
Spätestens bei Beendigung Arbeitsverhältnis (≠ wenn Lohn in vollem Umfang vorbehaltlos weiterbezahlt)
Verjährung: 10 Jahre (OR 127)
Ist eine Verrechnung des Schadens mit dem Lohn zulässig?
OR 323b II:
- Bei fahrlässig zugefügtem Schaden: Nur insoweit, als Lohn pfändbar
- Bei vorsätzlich zugefügtem: Unbeschränkt möglich
Kann auch eine verschuldensunabhängige Haftung vereinbart werden zwischen AG und AN?
Nein; OR 362 macht OR 321e einseitig zwingend und damit auch die verschuldensabhängige Haftung
S. auch Konventionalstrafen nur mit Disziplinarcharakter
Was ist Lohn und was nicht?
Lohn = vermögenswerte Leistung im AUSTAUSCH gegen Arbeitsleistung (nötige Begriffsdefinition Arbeitsvertrag gem. OR 319 I)
- -> was nicht im Austausch ist, stellt keinen Lohn dar, z. B.:
- Spesenentschädigungen
- Betriebspensionen (da Grundlage = Fürsorgegedanke)
- freiwillige Leistungen wie insb. Gratifikationen
Was sind die verschiedenen Lohnregime im
1) GAV
2) Normalarbeitsvertrag
3) Einzelarbeitsvertrag
1) Lohntarife für durch definierte Arbeitstätigkeiten gebildete Lohngruppen
- -> Ausnahme möglich für höhere Löhne; tiefere Löhne nur dann, wenn GAV es vorsieht
2) Lohnsätze für bestimmte Tätigkeiten, die grds. nach oben oder nach unten abgeändert werden können (OR 360 I)
- -> verordnete Mindestlohn einseitig zwingend, falls im Normalarbeitsvertrag Missbräuche i. S. v. OR 360a (OR 360d II)
3) Freie Vereinbarung
- -> einseitige Kürzungen durch AG (bspw. weil schlechte WirtschaftslageI) ungültig (= Schuldnerverzug); die mehrfache, vorbehaltlose Entgegennahme eines reduzierten Lohn alleine ist noch keine Einwilligung in die Vertragsänderung
Kann kein Lohn vereinbart sein? Wie vorgehen, falls ja?
Lohn zwar Bestandteil von AV, aber dessen Höhe muss nicht bestimmt sein. Falls dem so ist, in dieser Reihenfolge heranziehen:
1) Übung
2) Billigkeit = richterliches Ermessen
Woran ist zu denken, wenn der Lohn einzig aus Provision besteht?
Analoge Anwendung von OR 349a II auch ausserhalb Handelsreisendenvertrag –> “angemessenes” Entgelt
Unterliegt der Steuerberater, der auf reiner Provisionsbasis mit rund 2’000 Fr. Lohn/Monat bei Vollzeit vergütet wurde und fristlos kündet, dem nachvertraglichen Konkurrenzverbot?
BGer: Nein, dieser tiefe Lohn ist ohne Zweifel ein begründeter Anlass i. S. v. OR 340c II
TBM Konkurrenzverbot?
OR 340 I & 340a I
- Schriftform (OR 12 ff.)
- Handlungsfähigkeit AN
- Kenntnisse Kunden- oder Fabrikationsgheimnisse (Kunde = Person, die mit gewisser Regelmässigkeit Geschäftsbeziehungen mit der AG eingeht oder vermittelt)
- Erhebliche Schädigungsgefahr aus konkurrenzierender Nutzung der Geheimnisse (ad. Kausalzusammenhang) –> Effektiver Schaden muss NICHT vorliegen
- Beschränkung auf Ort, Zeit, Gegenstand
Wo bleibt das Konkurrenzverbot insbesondere NICHT anwendbar?
- Beziehung zwischen Kunde und AG beruht auf persönlichem Charakter (z. B. Chirurg)
- AN dem Kunden eine Leistung erbringt, die von seinen persönlichen Fähigkeiten geprägt ist
–> ich nehme in beiden Fällen an, wegen mangelndem ad. KZ
Was ist unter einer “Beteiligung” an einer konkurrenzierende Tätigkeit zu verstehen?
Unmittelbarer Einfluss auf die Geschäftsführung; blase Stellung als Bürge, Darlehensgeber oder Aktionär genügt nicht
Können alle Tätigkeiten verboten werden, die in konkurrenzierende Unternehmen ausgerichtet werden? Und kann dieselbe Tätigkeit des AV verboten werden, die in einem nicht konkurrenzierenden Betrieb ausgeführt wird?
Ja (unternehmensbezogenes Konkurrenzverbot) & ja (tätigkeitsbezogenes Konkurrenzverbot)
Wie definieren sich die zulässigen Grenzen im Allgemeinen und von Ort, Zeit, Gegenstand im Speziellen?
Allgemein:
- Reichweite der Interessen der AG, insb. möglichen Kundenverlust
- Künftige Erwerbsmöglichkeit des AN nicht ungebührlich beschränken (≠ wenn Branchenwechsel oder vermögensmässige Nachteile infolge Wohnsitzwechsel; wohl aber, wenn berufliche Umstellung unvermeidlich oder, gegenteilig, ausgeschlossen wird)
Ort
= max. geschäftlicher Wirkungsbereich der AG
Zeit
= nur ausnahmsweise >3 Jahre; meistens werden wohl 6 Mt. genügen
Gegenstand
= max. geschäftlicher Wirkungsbereich der AG
–> s. aber auch: unternehmensbezogenes & tätigkeitsbezogenes Konkurrenzverbot sind zulässig
Wie ist die Rechtsfolge eines ungenügend beschränkten Konkurrenzverbots?
OR 340a II: Gericht schränkt Verbot ein - dabei beachtet es insb., ob eine Karenzentschädigung vereinbart wurde (OR 340b III)
–> hier sieht man Ursprung Konkurrenzverbot: gedacht für Kaderstellen
Nichtigkeit möglich, ABER NUR, wenn gar keine Beschränkungen bestimmt und (mittels Vertrauensprinzip) nicht bestimmbar
- -> Grund: Schriftform hat Warnfunktion; fehlen jedoch Beschränkungen, verliert sich diese
- -> entstammt Rspr.; positive Entwicklung für AN
= Quintessenz Fall 1, Vorlesung Individualarbeitsrecht II
Ist die Formulierung “Verbot jeder konkurrenzierenden Tätigkeit” genügend bestimmt für ein Konkurrenzverbot?
Ja (Fall 1, Vorlesung Individualarbeitsrecht II)
Nichtigkeit, wenn von Ort, Zeit, Gegenstand nur eines oder nur zwei im Vertrag bestimmt sind?
BGer sagt (nach aller Wahrscheinlichkeit), dass die Klausel nichtig ist, wenn schon nur 1 Aspekt fehlt.
Welche Ansprüche erwachsen dem AG aus gültigem Konkurrenzverbot und woran ist beim jeweiligen zu denken?
Unterlassungsanspruch (auch vorsorglich möglich), falls:
- Schriftlich verarbredet
- Rechtfertigung durch verletzte oder bedrohte Interessen AG
- Rechtfertigung im Hinblick auf Verhalten AN
Konventionalstrafe (TBM auf Flashcard 2)
- Leistung bewirkt grds. Befreiung vom Konkurrenzverbot (dogm.: Rücktritt), aber
- verpflichtet zum Ersatz weiteren Schadens (OR 340b II) also Vermögenseinbussen, die die Höhe Konventionalstrafe übersteigen
Schadenersatzanspruch
- OR 340b I,
- II in Ergänzung zur Konventionalstrafe, oder
- III in Ergänzung zum Unterlassungsanspruch
Kann das Konkurrenzverbot auch dahinfallen?
Ja, OR 340c:
- Abs. 1: kein erhebliches Interesse des AG (z. B. Standortverlegung, Geschäftsaufgabe oder bei Publikwerden der Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse)
- Abs. 2 ab initio: Kündigung durch AG + nicht weil AN dazu begründeten Anlass wegen Pflichtverletzung gibt; mehr als geringer Verstoss, aber weniger Intensität gefordert als bei fristloser Kündigung. Kein begründeter Anlass:
- überwiegendes Verschulden AG
- objektive Umstände, z. B. ungenügende Auftragslage
- Abs. 2 in fine: Auflösung durch AN aus begründetem Anlass, verursacht durch AG, auch ohne Verschulden. Z. B.
- ständige Vorwürfe
- deutlicher Rückstand auf üblichen Lohn
- permanente Arbeitsüberlastung
- gespanntes Arbeitsklima
- wiederholte Verzögerung vie Lohnauszahlung
Merkmale einer Kündigung?
- Willenserklärung
- Wirkung ex nunc
- Subjektives Recht (Kündigungsrecht)
- Aufhebendes Gestaltungsrecht
- Empfangsbedürftig; Widerruf gem. OR 9
- Formfrei (Cave: check GAV, Normal-, Einzelarbeitsvertrag und Betriebsordnung)
- Bedingungsfeindlich
Kann ein befristetes Arbeitsverhältnis gekündigt werden?
Grundsätzlich ausgeschlossen.
Ausnahmen:
- Während Probezeit (OR 335b)
- Nach 10 Jahren (OR 334 III/ZGB 27)
- Arbeitsverhältnis mit Maximalfrist (z. B. bis max. Rentenalter)
- Arbeitsverhältnis mit Minimalfrist schliesst ordentliche Kündigung während best. Zeit aus
Ist eine Kündigung zu begründen?
Auf Verlangen ja, schriftlich (OR 335 II)
–> Klärung Missbrauchs-TB
Rechtsfolgen bei Verletzung der Begründungspflicht?
- Erfüllungsanspruch (ZPO 343)
- Verlängerung der Einsprachefrist von OR 336b I)
- Einbezug in die Beweiswürdigung
- Auferlegung von mehr Prozesskosten
Unterschied Kündigungsfrist und -termin?
- Frist = minimale Zeitspanne vor Auflösung
- Termin = Datum der Auflösung (bezweckt Konvergenz/Koordination von Stellenwechseln)
Wann beginnt Kündigungsfrist?
Beginn = Zugang
- angebrochener Tag zählt NICHT
- im Machtbereich des Empfängers
- es darf angenommen werden, er werde es wahrnehmen
- bei erfolglosen Zustellung eingeschriebener Brief: sobald Abholung bei der Post möglich und zumutbar ist (Unterschied öff. Recht)
Was, wenn der letzte Tag, an dem noch auf einen bestimmten Termin die Kündigung ausgesprochen werden kann, auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag fällt?
Keine Erstreckung (Zustellung am nächsten Werktag genügt nicht).
Was, wenn der Kündigungstermin auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag fällt?
Keine Verlängerung (Unterschied zu OR 78 I)
Verhindern Ferien den Beginn der Kündigungsfrist oder verlängern sie sie?
2x Nein:
- Kann beginnen durch Zustellung am Ferienort
- Kein zeitlicher Kündigungsschutz gem. OR 336c I)
Wie ist eine Kündigung vor Stellenantritt zu handhaben?
Die für die Probezeit geltende Kündigungsfrist beginnt am Tag des Stellenantritts