Fragen Flashcards
Was versteht man unter „Rechtsnormen“? Grenzen Sie den Begriff umfassend von anderen Erscheinungsformen der gesellschaftlichen oder staatlichen Vorgaben für menschliches Verhalten ab!
Rechtsnormen = sprachlich gefasste, allgemeingültige Sätze mit rechtlichem Inhalt, die mit dem Anspruch erlassen werden, von dem Adressaten befolgt zu werden.
Abzugrenzen von:
Sozialen Verhaltensbestimmungen, wie z.B.: Sitte, Sittlichkeit, Moral, Anstandsregeln, Umgangsformen, Bräuche und sozialer Druck. ! Nicht verbindlich !
Was versteht man unter der „Radbruchschen Formel“? Worin liegt ihre Bedeutung?
Die Radbruchsche Formel ist eine von dem Rechtsphilosophen Gustav Radbruch formulierte These bezüglich des Konfliktes zwischen Gerechtigkeit und Rechtssicherheit. Nach dieser hat sich ein Richter bei einem Konflikt zwischen dem positiven Recht und der Gerechtigkeit immer dann - und nur dann – gegen das Gesetz und stattdessen für die materielle Gerechtigkeit zu entscheiden, wenn das fragliche Gesetz als „unerträglich ungerecht“ anzusehen ist, oder das Gesetz die im Begriff des Rechts grundsätzlich angelegte Gleichheit aller Menschen „bewusst verleugnet“.
Erläutern Sie die Begriffe „objektives Recht“ und „subjektives Recht“?
Objektives Recht: Die Gesamtheit der Rechtsnorm, die in einer Gemeinschaft das Verhalten verbindlich ordnen
Subjektives Recht: Berechtigung, die sich im Einzelfall für eine Person aus dem objektiven Recht ergibt oder aufgrund des objektiven Rechts erworben wird.
Erläutern Sie die Begriffe „formelles Recht“ und „materielles Recht“!
Materielles Recht: Regelung von Entstehung, Veränderung und Untergang von Rechten und Pflichten. (BGB, StGB)
Formelles Recht: Regelungen zur Durchsetzung des materiellen Rechts (ZPO, StPO, BVerfGG)
Erläutern Sie die Begriffe „Gesetz im formellen Sinne“ und „Gesetz im materiellen Sinn“!
Gesetz im formellen Sinne: Parlamentsgesetze, die im verfassungsmäßigen Gesetzgebungsverfahren zustande gekommen sind. Bezeichnet die „normale“ Bedeutung von Gesetz (daher Gesetzgeber = Parlament)
Gesetz im materiellen Sinn: Jede Rechtsnorm, also jede abstrakt- generelle Regelung, auch solche, welche durch die Exekutive in Form von Rechtsverordnungen oder Satzungen gesetzt wird. Wird in der Regel nicht gemeint, wenn von Gesetz gesprochen wird.
Erläutern Sie die Begriffe „positives Recht“ und „Rechtspositivismus“!
Positives Recht: Positives Recht mein in der Regel geschriebenes, gültiges Recht, manchmal jedoch auch Gewohnheitsrecht als ungeschriebenes positives Recht.
Rechtspositivismus: Rechtspositivismus sieht das positive Recht als einzige Rechtsquelle an. Der Rechtspositivismus lässt formale Kriterien der Rechtsentstehung als Recht genügen, ohne eine inhaltliche Bezugnahme zu außergesetzlichen Rechtserkenntnisquellen als notwendig zu betrachten.
Welche (Zivilrechts)-Kodifikationen der Neuzeit kennen Sie?
- 1756: Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis
- 1794: Preußisches Allgemeines Landrecht
- 1804: Code Civil
- 1811: (österr.) Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch
- 1814: „Kodifikationsstreit“ in Deutschland
- 1896/1900: BGB
Was sind die Voraussetzungen für die Entstehung von Gewohnheitsrecht?
Ein bestimmtes Verhalten wird, ohne durch positives Recht vorgeschrieben zu sein, von den Beteiligten in der Überzeugung rechtlicher Gebotenheit längere Zeit hindurch gleichmäßig und allgemein geübt. Dabei muss die Übung als subsumtionstauglicher Rechtssatz formulierbar sein.
Was ist für das Common Law im weiteren Sinne (angelsächsischer Rechtskreis) im Vergleich zum Civil Law (kontinentaleuropäischer Rechtskreis) charakteristisch? Nennen und erläutern Sie wichtige Begriffe aus der englischen Rechtsterminologie, die hierfür in besonderem Maße von Bedeutung sind!
Charakteristisch für das Common Law ist, dass es sich um ein durch Präzedenzfälle entwickeltes Rechtssystem handelt. Die Gesetzgebung hat dabei zwar die Möglichkeit vorherige Entscheidungen zu „überschreiben“, tut dies im Vergleich zum Civil Law jedoch selten und gibt eher generelle Vorschriften vor.
- Precedent: Bindendes oder überzeugendes frühere Urteil zur selben Rechtsfrage.
- Holding: Im früheren Urteil angewandte Rechtsaussage, die für das Ergebnis maßgeblich war.
- Overruling: Abweichung vom holding des eigenen oder eines gleichrangigen Gerichts.
Gehören Gerichtsentscheidungen in Deutschland zu den Rechtsquellen? Sind Gerichte an die eigene Rechtsprechung bzw. die Rechtsprechung übergeordneter Gerichte gebunden?
Gemäß des BVerfGE: Entscheidungen oberster Gerichte wirken zwar über den Einzelfall hinaus, erzeugt jedoch keine dem Gesetzesrecht gleichkommende Rechtsbindung. Weder untere Gerichte noch oberste Gerichte sind an die höchstrichterliche Rechtsprechung gebunden.
Erläutern Sie die Begriffe „dispositives Recht“ und „Soft Law“!
- Dispositives Recht: Durch vertragliche Regelung „abdingbare“ gesetzliche Regelungen.
- Soft Law: Unverbindliche Übereinkünfte, Absichtserklärungen oder Leitlinien.
Was ist eine gebundene Entscheidung? Was ist eine Ermessensentscheidung?
Gebundene Entscheidung: Rechtsfolge ist zwingend an die Tatbestandserfüllung geknüpft.
Ermessensentscheidung: Verwaltung hat Entscheidungsspielraum bzw. Auswahlmöglichkeiten auf Rechtsfolgeseite.
Was versteht man unter einer Rechtsgrundverweisung? Was unter einer Rechtsfolgenverweisung?
Rechtsgrundverweisung: Wenn nicht nur auf die Rechtsfolge, sondern auch auf den Tatbestand (den Rechtsgrund) der anderen Norm verwiesen wird;
Rechtsfolgeverweisung: Wenn in einer Rechtsnorm lediglich tatbestandliche Voraussetzungen aufgestellt werden, bezüglich der Rechtsfolge jedoch auf eine andere Norm verwiesen wird;
Erläutern Sie die Begriffe „subjektive“ bzw. „objektive“ Auslegung
Subjektive Auslegung: Subjektiver Ansatz kombiniert Erklärendenperspektive mit Entstehungszeitpunkt
Subjektive Theorie (Willenstheorie): Wille des realen historischen Gesetzgebers als Ziel der Auslegung
Objektive Auslegung: Objektiver Ansatz kombiniert Empfängerperspektive mit Anwendungszeitpunkt
Objektive Theorie: Ermittlung des objektiven Gesetzessinns, der heutigen Bedeutung des Gesetzes.
Skizzieren Sie die Grundpositionen im Konflikt zwischen Richtermacht und Gesetzesbindung!
Früher: BVerfG ursprünglich objektivierend: Maßgebens sei der zum Ausdruck kommende objektive Wille des Gesetzgebers, welcher sich auch dem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang ergebe. Nicht entscheidend sei hingegen die subjektiven Vorstellungen der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe.
Heute: BVerfG neue restriktive Auslegung: Art. 20 II GG verleiht dem Grundsatz der Gewaltenteilung Ausdruck. Auch wenn dieses Prinzip nicht im Sinne einer strikten Trennung der Funktionen einzelner Organe ausgestaltet wurde, so schließt es doch aus, dass Gerichte Befugnisse beansprucht, die von der Verfassung dem Gesetzgeber übertragen worden sind, sich also in die Rolle einer normsetzenden Instanz begeben. Ein Richter darf nicht Sinn und Zwecke eines Gesetzes ausblenden, er muss die gesetzgeberische Grundentscheidung respektieren und dessen Willen möglichst zuverlässig zur Geltung bringen.