Europarecht Examenswissen Flashcards

1
Q

Woraus ergibt sich die Pflicht, Beiträge zu leisten, unter anderem auch, die Richtlinien umzusetzen?

A

Aus Art. 4 III EUV, dem Loyalitätsprinzip

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2
Q

Was ist die EU für ein Gebilde?

A

= ein Staatenverbund
= mehr als ein Staatenbund, weniger als ein Bundesstaat
= ein zielorientiertes transnationales Gebilde eigener Prägung
DAHER auch die Supranationalität!

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3
Q

Besondere Merkmale/wichtige Grundsätze der EU:

A
  • Die MS übertragen eigene Kompetenzen auf die EU, auf supranationale Ebene
  • Europarecht ist eine Rechtsordnung sui generis (van Gend en Loos-Entscheidung, 1963)
  • Möglichkeit der unmittelbaren Anwendbarkeit/Wirkung des Unionsrechts (van Gend en Loos)
  • Anwendungsvorrang des Unionsrechts vor nationalem Recht (van Gend en Loos und Costa Enel)
  • unionsrechtskonforme Auslegung des nationalen Rechts
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4
Q

Unmittelbare Wirkung im Primärrecht

Grundsätzliches

A

Der Grundsatz der unmittelbaren Wirkung ermöglicht es Einzelnen, sich unmittelbar vor einem nationalen Gericht auf eine EU-Rechtsvorschrift zu berufen. Dieser Grundsatz betrifft nur bestimmte EU-Rechtsakte und unterliegt darüber hinaus mehreren Bedingungen.
;
sich vor Gericht ungeachtet eines bestehenden innerstaatlichen Gesetzestextes unmittelbar auf EU-Recht zu berufen.

Der Grundsatz der unmittelbaren Wirkung gewährleistet so die Anwendbarkeit und die Wirksamkeit des EU-Rechts in den EU-Ländern.

Die unmittelbare Wirkung eines Rechtsaktes kann zudem nur die Beziehungen zwischen einem Einzelnen und einem EU-Land betreffen oder auf die Beziehungen zwischen Einzelnen ausgeweitet werden.

Die unmittelbare Wirkung des EU-Rechts wurde vom Gerichtshof mit dem Urteil in der Rechtssache Van Gend en Loos vom 5. Februar 1963 bestätigt. In diesem Urteil entscheidet der Gerichtshof, dass das EU-Recht nicht nur Pflichten für die EU-Länder, sondern auch Rechte für die Einzelnen mit sich bringt. Die Einzelnen können somit diese Rechte für sich geltend machen und sich unmittelbar vor nationalen oder europäischen Gerichten auf EU-Rechtsvorschriften berufen. Dazu ist es also nicht erforderlich, dass das EU-Land die betreffende EU-Rechtsvorschrift in seine nationale Rechtsordnung übernimmt.

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5
Q

Unmittelbare Wirkung im Primärrecht:

horizontale und vertikale Wirkung

A

Es sind zwei Aspekte der unmittelbaren Wirkung zu unterscheiden: die vertikale und die horizontale Wirkung.
Die vertikale unmittelbare Wirkung bestimmt die Rechtsbeziehungen zwischen den Bürgern und dem Land. Dies bedeutet, dass die Bürger das EURecht gegenüber dem Land geltend machen können. (nicht Staat gegen Bürger, verboten)
Die horizontale unmittelbare Wirkung bestimmt die Rechtsbeziehungen zwischen den Bürgern untereinander. Dies bedeutet, dass ein Bürger das EU-Recht gegenüber einem anderen Bürger geltend machen kann.
Je nach Rechtsakt akzeptierte der Gerichtshof entweder eine vollständige unmittelbare Wirkung (d.h. eine horizontale unmittelbare Wirkung und eine vertikale unmittelbare Wirkung) oder eine teilweise unmittelbare Wirkung (d.h. auf die vertikale unmittelbare Wirkung beschränkt).

horizontale Wirkung etwa VO, Grundfreiheiten.

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6
Q

Bedingungen für die unmittelbare Wirkung im Primärrecht:

A

Er gab jedoch als Bedingung an, dass die Verpflichtungen eindeutig, klar und uneingeschränkt sein müssen und keine zusätzlichen Maßnahmen auf nationaler oder EU-Ebene erfordern dürfen. (erstmals in van Gend en Loos)

1) Hinreichend bestimmt (eindeutig, klar)
2) unbedingt (uneingeschränkt)
3) keine zusätzlichen Maßnahmen auf nationaler oder EU-Ebene (kein weiterer Vollzugsakt)

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7
Q

Sind die Grundfreiheiten aus dem AEUV unmittelbar anwendbar?

A

unstreitig ja, erfüllen alle Voraussetzungen; kann aber zur Klarstellung nochmal erwähnt werden, um Wissen zu droppen :D

eindeutig, klar, uneingeschränkt und kein weiterer Vollzugsakt +

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8
Q

Unmittelbare Wirkung im Sekundärrecht:

Verordnungen

A

Art. 288 AEUV: Verordnungen gelten immer unmittelbar

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9
Q

Unmittelbare Wirkung im Sekundärrecht:

Richtlinie (!)

von Amts wegen zu berücksichtigen

A

die Richtlinie richtet sich an die EU-Länder und muss von diesen in nationales Recht umgesetzt werden. Trotzdem erkennt der Gerichtshof in bestimmten Fällen eine unmittelbare Wirkung an, um die Rechte der Einzelnen zu schützen.

So hat der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung festgelegt, dass eine Richtlinie eine unmittelbare Wirkung hat, wenn ihre Bestimmungen uneingeschränkt und hinreichend klar und eindeutig sind und wenn das EU-Land die Richtlinie nicht fristgerecht umgesetzt hat (Urteil vom 4. Dezember 1974 in der Rechtssache Van Duyn).

Die unmittelbare Wirkung ist jedoch nur vertikaler Art: die EU-Länder sind zur Umsetzung von Richtlinien verpflichtet, jedoch können Richtlinien nicht von einem EU-Land einem Einzelnen entgegengehalten werden

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10
Q

Anwendungsvorrang (Costa Enel / van Gend)

A
  • Das Unionsrecht ist in seinem Anwendungsbereich dem nationalen Recht vorrangig (aber kein Geltungsvorrang, macht das nationale Recht nicht nichtig); also nicht wie Art. 30, 70 GG

Achtung: Der Anwendungsvorrang setzt die unmittelbare Anwendbarkeit voraus! (bei RL va)

Anwendungsvorrang wird auf drei Arten umgesetzt:

  • Auslegung
  • Rechtsfortbildung
  • unmittelbare Anwendung
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11
Q

Auslegungsmethoden:

Wie legt man das Unionsrecht aus?

A

= einheitlich und autonom

Kriterien:

1) Sinn nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch (Sprachfassung, -vergleich, Wortlaut)
2) systematischer Zusammenhang (im Rechtsakt / zu anderen Rechtsakten)
3) Regelungsziel (Erwägungsgründe)
4) Enge Auslegung von Ausnahmen (Analogie spielt keine Rolle)

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12
Q

Auslegungsmethoden:

Unionsrechtskonforme Auslegung des nationalen Rechts

A
  • nationales Recht auslegen
  • Unionsrecht auslegen
  • bei mehreren Möglichkeiten des nationalen Rechts so auslegen, dass es mit Unionsrecht konform ist

Grenze: contra-legem Judikat (wenn mit dem geltenden nationalen Recht nicht zu vereinbaren)

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13
Q

Was ist die acte clair Doktrin?

Ausnahme 1

A

Allein der Europäische Gerichtshof kann über die Auslegung und Gültigkeit von Unionsrecht entscheiden. Hat ein Gericht eines Mitgliedsstaats der Europäischen Union letztinstanzlich über eine Sache zu entscheiden, bei der es auf die Anwendung von Unionsrecht ankommt, hat es bei Zweifeln der Auslegung oder Gültigkeit des Unionsrechts die entsprechende Frage dem EuGH vorzulegen (267 AEUV)

acte-claire Doktrin besagt, dass eine Rechtsfrage dem EuGH dann nicht im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahren vorgelegt werden muss, wenn über Auslegung und Gültigkeit des Unionsrechts vernünftigerweise keine Zweifel bestehen
(das sagen BGH Richter gerne haha)

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14
Q

Was ist ein acte éclairé?

Ausnahme 2

A

Wenn der EuGH bereits in einem identischen früheren Fall entschieden hat, besteht keine Vorlagepflicht / es existiert bereits gesicherte Rechtsprechung zu Rechtsfrage

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15
Q

Verordnung, Art. 288 AEUV

A

= wo schnelles Handeln und Einheitlichkeit erforderlich sind

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16
Q

Richtlinie, Art. 288 AEUV

A
  • Umsetzungspflicht aus Art. 4 III EUV
  • durch Gesetz
  • wenn Gesetz bereits existiert, dann richtlinienkonform auslegen
  • Pflicht besteht nur nach Fristablauf
17
Q

Vorwirkung von Richtlinien

Art. 4 III EUV

A

= während der Umsetzungsfrist dürfen keine Vorschriften erlassen werden, die geeignet sind, die Erreichung der Ziele der RL ernstlich in Frage zu stellen

“Stillhalteverpflichtung des Staates”

18
Q

Wirkt unmittelbar anwendbare Richtlinie auch horizontal zwischen Bürgern?

A

MM: ja, weil RL hinsichtlich des Ziels verbindlich ist; Effet utile des Unionsrechts

hM: Nein; nur Verordnungen gelten unmittelbar, struktureller Unterschied zur RL; bei RL sollen MS tätig werden und nur diese verpflichtet werden

–> Fehlverhalten soll die MS treffen, nicht aber Private (negative Wirkung) !!!

–> Dann Schadensersatzanspruch gegen den Staat (Francovich-Entscheidung)

19
Q

Prüfungsschema für RL in Klausur:

A

Methodisch folgendes abarbeiten:

1) nationale Vorschrift auslegen
2) RL auslegen
3) wenn übereinstimmt, dann ist alles gut
4) wenn nicht, dann rlkonforme Auslegung = gibt es richtlinienkonformes Ergebnis der nationalen Norm?
(-)
5) Richtlinienkonforme Rechtsfortbildung (str: BGH sagt, dass Gesetzgeber richtlinienkonform umsetzen wollte, diesen Plan setzt Gericht jetzt um; verstößt aber vllt gegen Gewaltenteilung)
(-)
6) unmittelbare Anwendung der RL?
(-)
(( 7) GR unmittelbar zwischen Privaten anwenden, die Regelungsgehalt der RL in sich tragen ))

8) Staatshaftung nach Francovich (klassischer als 7)

20
Q

Vorabentscheidungsverfahren, Art. 267 AEUV

A

Die gestellte Vorlagefrage muss allgemein und abstrakt gefasst sein, da der EuGH den nationalen Rechtsstreit nicht zu entscheiden hat.

  1. Zuständig ist der EuGH, Art. 256 AEUV
  2. Vorlageberechtigung (Gericht MS, str)
  3. Zulässige Vorlagefrage: Achtung: EuGH prüft nur Unionsrecht, nicht nationales Recht: Daher muss Frage ordentlich formuliert sein:

Nicht: Ist nationales Gesetz mit …AEUV vereinbar?
Sondern: Steht ..AEUV der Anwendung von Vorschriften entgegen, die Frauen benachteiligen.

  1. Bei Abs. 2 muss Entscheidungserheblichkeit vorliegen = muss für Rechtsstreit von Belang sein; EuGH überprüft, ob ein Zusammenhang zu Rechtsstreit besteht oder ob Frage konstruiert ist.
  2. Vorlagepflicht, wenn mit Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbar = letztinstanzlich oder wenn Berufung nicht zugelassen, weil sonst einheitliche Auslegung des Unionsrechts gefährdet.
    (Bei Verstoß kann es Verstoß gegen Art. 101 GG sein, gesetzlicher Richter!)

–> Wirkung ist nicht in AEUV geregelt, aber wohl Bindungswirkung, wegen einheitlicher Auslegung des Unionsrechts.

    • Ungültigkeitserklärung gilt für alle Gerichte
  • -Gültigkeit nur für vorlegendes Gericht
  • -Auslegungskriterien auch für alle Gerichte
21
Q

Vertragsverletzungsverfahren, Art. 258, 259, 260 AEUV

A
  1. Zuständig ist Gerichtshof, Art. 258 II AEUV
  2. Antragsberechtigt sind Kommission oder MS, Art. 258, 259
  3. Vermutete Vertragsverletzung; häufig: nicht oder nicht richtig umgesetzte Richtlinie !
  4. Vorverfahren von Kommission, Art. 258, 259 II
  • -> Feststellung der Vertragsverletzung; Maßnahmen für MS festlegen;
  • -> oder Geldbetrag zahlen, Art. 260 AEUV
22
Q

Unionsrechtlicher Staatshaftungsanspruch

Prüfungsschema

A

Hintergrund-Entscheidungen : Francovich (RL wurde nicht umgesetzt und Bürger entstand Schaden); und Brasserie du Pecheur (formelle Gesetze wurden nicht an Primärrecht angepasst)

(davor kurz: Amtshaftung scheitert an Drittgerichtetheit der Amtspflicht, weil Gesetzgeber im Allgemeininteresse tätig wird, Stichwort legislatives Unrecht; enteignungsgleicher Eingriff scheitert an Ausschluss für legislatives Unrecht; wenn Behörden Gesetze vollziehen, fehlt ihnen für Amtshaftung Verschulden und Drittgerichtetheit für enteignungsgleich)

–> es besteht also Haftungslücke!

Rechtsgrundlage
–> Art. 4 III EUV (effet utile und Unionstreue; praktische Wirksamkeit des Unionsrechts); Art. 340 II AEUV analog; Art. 19 I 2 EUV Kompetenz des EuGH zur Auslegung des EU-Rechts

–> EUrechtlicher Anspruch durch nationales Recht ergänzt

  1. Keine Subsidiarität: steht neben nationalen Ansprüchen
  2. Rechtsgrundlage
  3. Verhalten eines Trägers öffentlicher Gewalt
  4. Verstoß gegen Rechtsnorm des EU-Rechts, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen (hier oft Art. 288 III AEUV mit RL: RL muss Individualrechte, faktisch, irgendwie, verleihen, sehr weit; gibt kein subjektives Recht auf fehlerfreie Umsetzung, muss sich aus RL ergeben); ergänzend auf Grundfreiheiten zurückgreifen; unmittelbare Wirkung der RL möglich
    HIER KÖNNEN PROBLEME EINGEBAUT SEIN
  5. Hinreichend qualifizierter Rechtsverstoß = offenkundig und schwerwiegend (Verschulden nur Kriterium VON VIELEN)
  6. Schaden
  7. Unmittelbare Kausalität zwischen Rechtsverstoß & Schadenseintritt
  8. Haftungsausschluss
    - 839 III anwendbar nur
  9. Mitverschulden
  10. Art und Umfang (auch Naturalrestitution hier, weil keine übergeleitete Haftung)
  11. Anspruchsgegner ist Hoheitsträger
  12. Rechtsweg: wie Amtshaftung vor Zivilgerichten, LG

–> Anspruch, der unmittelbar im Unionsrecht wurzelt, aber durch nationales Recht angereichert ist (str)

23
Q

Herleitung Anwendungsvorrang:

A

europarechtlich:
- EU-Recht ist supranationale, autonome Rechtsordnung: Vorrang dieser eigenständigen Rechtsordnung
- Erfordernis der einheitlichen Geltung
- effet utile, Art. 4 III EUV

national: Begründung des BVerfG
- aus innerstaatlichem Rechtsanwendungsbefehl aus Zustimmungsgesetz zu Primärrechtsakten, Art. 23 I 2 GG (Solange II)
- erstreckt sich daher auch auf Art. 4 III EUV, Art. 288 AEUV; diese supranationale Rechtsordnung hat Vorrang, da Effektivität, Einheitlichkeit, supranationaler Charakter gefährdet
- -> daraus ergeben sich dann aber auch Grenzen für BVerfG für ultra-vires und Identitätskontrolle !!!