Diebstahl und Unterschlagung Flashcards
Wozu dienen die Strafvorschriften des Diebstahls und der Unterschlagung?
Sie dienen dem Schutz des Eigentums.
Worin unterscheiden sich der Diebstahl und die Unterschlagung?
- Im Gegensatz zum Diebstahl wird bei der Unterschlagung die Zueignung der Sache im objektiven Tatbestand verlangt ( “zueignet”). Zueignunsabsicht (subjektiv) wie beim Diebstahl (“ in der Absicht…zuzueignen”) reicht also nicht.
Wie unterscheiden sich der Diebstahl und die Unterschlagung?
Im Gegensatz zum Diebstahl spielt der Gewahrsam keine Rolle ( § 246 enthält keine Wegnahme ). Deswegen wird von vielen bei § 242 neben dem Eigentum auch der Gewahrsam als geschütztes Rechtsgut betrachtet.
Wie wird die Frage nach dem von § 242 geschützten Rechtsgut relevant in der Praxis?
Besteht nach § 247 oder § 248a ein Strafantragserfordernis, ist nicht nur der Eigentümer sondern auch der Gewahrsamsinhaber strafantragberechtigt.
Welches Rechtsgut schützt die Unterschlagung gem. § 246 ?
§ 246 verbietet die rechtswidrige Zueignung ohne Gewahrsamsbruch. ( § 246 enthält “zueignet” nicht “wegnimmt”, wie bei § 242.; § 242 enthält “wegnimmt…in der Absicht…zuzueignen”).Das von § 246 geschützte Rechtsgut ist ausschließlich das Eigentum.
Wie ist der 19. Abschnitt (Diebstahl und Unterschlagung) systematisch aufgebaut ?
§ 242 normiert den Grundtatbestand des Diebstahls, zu dem § 243 als Strafzumessungsvorschrift in der Form der Regelbeispielstechnik hinzutritt. Die §§ 244 und 244a enthalten tabestandliche Qualifikationen. Wichtig ist, dass § 244a kein Verbrechen, sondern ein Vergehen ist. § 247 macht den Diebstahl und die Unterschlagung zu einem absoluten Strafantragsdelikt (§ 247: “ nur auf Antrag”). Der Diebstahl und die Unterschlagung geringwertiger Sachen ist gem. § 248a ein relatives Strafantragsdelikt (d.h. die Tat wird nur auf Antrag oder bei Bestehen eines besonderen öffentlichen Interesses verfolgt).
WIe ist der Aufbau des einfachen Diebstahls gem. § 242?
Aufbau § 242:
I. Tatbestand
1. Objektiver Tatbestand:
a) Tatobjekt:
aa) Sache
bb) beweglich
cc) fremd
b) Tathandlung: Wegnahme (definiert als)
aa) Aufhebung fremden Allein- oder Mitgewahrsams
bb) Begründung neuen, nicht notwendig eigenen Gewahrsams
cc) durch Bruch, d.h. gegen oder ohne Willen des Berechtigten
2. Subjektiver Tatbestand
a) Vorsatz bezüglich 1a. und b.
b) (Dritt-)Zueignungsabsicht:
aa) echte Absicht bezüglich (zumindest) vorübergehender Aneignung
bb) dolus eventualis bezüglich dauernder Enteignung
cc) Rechtswidrigkeit der beabsichtigten Zueignung und diesbezüglicher Vorsatz
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld
Worauf muss sich subjektiv der Vorsatz beim Diebstahl gem. § 242 beziehen?
Subjektiv muss sich der Vorsatz - wie sonst auch- auf die vier Elemente des objektiven Tatbestandes beziehen. Daneben(!) setzt der Tatbestand eine darüberhinausgehende subjektive Absicht voraus- diejenige die Sache sich oder einem Dritten (Rechtswidrig) zuzueignen. Dabei muss die Zueignung, so wie sie beabsichtigt ist, objektiv rechtswidrig sein. Die Rechtswidrigkeit muss im Übrigen nicht von der Absicht umfasst sein, vielmehr genügt insofern Eventualvorsatz. Wegen dieses zusätzlichen subjektiven Elements spricht man beim Diebstahl auch von einem Delikt mit überschießender Innentendenz.
Was versteht man unter Sachen i.S.d. § 242 ?
Unter Sachen i.S.d. § 242 versteht man jeden (auch wertlosen) körperlichen Gegenstand (vgl. “§ 90 BGB: Sachen im Sinne des Gesetzes sind nur körperliche Gegenstände”)
Ist elektrische Energie eine Sache?
Elektrische Energie ist mangels Körperlichkeit keine Sache, weswegen der Sondertatbestand des § 248c (“Entziehung elektrischer Energie”) geschaffen wurde. Die uggs. Formulierung “Diebstahl geistigen” Eigentums” ist eigentlich falsch, da es sich bei einer gedanklichen Leistung nicht um eine “Sache” handelt.
Sind Tiere eine Sache?
Tiere sind zwar nach § 90a BGB gerade keine Sachen. Im StGB gibt es jedoch keine vergleichbare Vorschrift. Mithin werden Tiere, soweit nichts Abweichendes bestimmt ist, im Strafrecht als Sachen behandelt. Der strafrechtliche Eigentumsschutz soll den Eigentümer vor Beeinträchtigung seiner (zivilrechtlich zugewiesenen) Rechtsgüter schützen. Ob dieses Rechtsgut eine Sache oder ein lebendiges Tier ist, macht dabei aus strafrechtlicher Sicht keinen Unterschied.
Ist der menschliche Körper und die mit ihm verbundenen Teile Sachen?
Sind vom Körper abgetrennte Teile Sachen?
Der menschliche Körper und die mit ihm verbundenen Teile sind keine Sachen.
Werden Teile vom Körper abgetrennt (z.B: ein abgeschnittener Zopf), werden sie zu Sachen, die in das Eigentum der Person fallen, von der sie stammen.
Sind menschliche Leichen als Sachen anzusehen?
Ob menschliche Leichen als Sachen anzusehen sind, ist umstritten.
Nach einer Ansicht soll es bereits an der Sachqualität fehlen, da es ich um den Rückstand der Persönlichkeitsrechte des Verstorbenen handle. Was nicht Objekt von Sachenrechten sei, könne auch keine Sache sein. (zivilrechtlichtlicher Ansatz)
Die h.M. bejaht zwar die Sachqualität (Arg.: Die Verkehrsfähigkeit eines Gegenstandes sei nicht Bestandteil des Sachbegriffs), allerdings ist im Weiteren umstritten, ob daran Eigentumsfähigkeit gegeben ist.
- Regelmäßig dürfte die Eigentumsfähigkeit von Leichen zu verneinen sein, da diese herrenlos sind (insbesondere erwerben die Erben nicht unmittelbar Eigentum am Leichnam des Erblassers). Im Ergebnis greift somit nur die dem Schutz des Pietätgefühls dienende Vorschrift des § 168 (“Störung der Totenruhe”).
-Einigkeit besteht jedoch darüber, dass Leichen dann zu den eigentumsfähigen Sachen zählen, wenn sie (ausnahmsweise) nicht zur Bestattung bestimmt sind (zB Mumien, plastinierte Leichen).
Sind Prothesen und Implantete Sachen und sind diese eigentumsfähig?
Würde sich ein Arzt, der einer Leiche den Herzschrittmacher entnimmt, des Diebstahls oder der Unteschlagung strafbar machen?
Nach h.M. werden Prothesen und Implantete Bestandteil des Körpers und teilen dessen rechtliches Schicksal.
Nach Entscheidungen des OLG Nürnberg und des OLG Hamburg handelt es sich bei dem Zahngold aus eingeäscherten Leichen um eine Sache. Diese ist aber herrenlos, da mit dem Tod weder die Erben nich die Betreiber des Krematoriums Eigentümer werden. In Betracht kommt dann nur ein versuchter Diebstahl (uuntauglicher Versuch, a.A:: Wahndelikt), die Delikte des § 168 und des § 133.
Für “Supportiv”-Impantate wie Herzschrittmacher wird im Gegensatz zu “Substututiv”-Implantaten, die Körperersatz-Funktion haben (zB künstliche Gelenke, Zahngold), zum Teil nach dem Tod ein Eigentumsübergang auf die Erben bejaht. Nach dieser Auffassung würde sich ein Arzt, der einer Leiche den Herzschrittmacher entnimmt, wegen § 242 oder § 246 strafbar machen.
Sind Forderungen und sonstige Rechte Tatobjekte des § 242?
Da der Gegenstand körperlich sein muss, können Forderungen und sonstige Rechte nicht Gegenstand der Tat sein. Ein körperlicher Gegenstand ist aber das Papier, da dieses Recht verkörpert oder verbrieft.
Was ist die Definition von Beweglichkeit? Wann sind Sachen beweglich?
Beweglich sind alle Sachen, die fortbewegt werden können. Hierzu gehören auch Sachen, die erst zum Zwecke der Wegnahme beweglich gemacht wurden. Im Gegensatz zum Zivilrecht (vgl. §§ 93 ff. BGB) orientiert sich das Strafrecht daran, was tatsächlich fortgeschafft werden kann.
Wenn professionelle Diebe eine Einbauküche stehlen, ist die Einbauküche als bewegliche Sache iSd § 242 zu werten?
Wenn die Schafe eines Schäfers Wiesengrundstücke ohne Erlaubis abweiden. Stellt sich dem Schäfer dann der Vorwurf der Sachbeschädigung?
Wenn der Täter eine Sache weggenommen hat, dann war sie offensichtlich auch beweglich. (Dieser Gedanke darf in einer Klausur nicht angeführt werden).
Der Tatbestand des Diebstahls ist dadurch erfüllt, dass die Schafe des Schäfers das auf fremden Grundstücken wachsende Gras sowie Klee abgerissen und gefressen haben. Ursprünglich handelte es sich bei dem Gras nicht um eine bewgliche Sache, da es fest mit dem Boden verbunden war. Es sind jedoch auch Teile von unbeweglichen Sachen als beweglich anzusehen, wenn sie losgelöst und beweglich gemacht werden.
Dies ist in der Rspr. anerkannt für gestochenen Torf, abgemähtes Getreide und abgeweidetes Gras (und begegnet auch in der Lit. keinen Bedenken..)
Wann ist eine Sache fremd?
Fremd ist eine Sache, wenn sie im (Allein-, Mit- oder Gesamthands-) Eigentum
eines anderen steht, also weder herrenlos i. S. der §§ 958 ff. BGB ist noch
ausschließlich dem Täter selbst gehört. Die Beurteilung richtet sich nach zivilrechtlichen
Kriterien. Daher darf man sich nicht scheuen, in der strafrechtlichen Fallbeurteilung
eine zivilrechtliche Subsumtion der Eigentumsverhältnisse vorzunehmen.
Keinen Einfluss auf das Merkmal der Fremdheit hat es, wenn Eigentum und Besitz an
der Sache strafbar sind, etwa bei Rauschgiften.
Handelt es sich bei Heroin um eine fremde bewegliche Sache?
Was ist eine verkehrsunfähige Sache?
Der BGH sieht illegal besessene Drogen als taugliche Objekte für Eigentumsdelikte wie Diebstahl nach § 242 oder Raub nach § 249 an.
Fremd ist eine Sache, wenn sie verkehrsfähig ist, das heißt überhaupt in jemandes Eigentum stehen kann, nicht herrenlos ist und nicht im Alleineigentum des Täters steht.
Beim Heroin handelt es sich um ein verkehrsfähige Sache.
Als verkehrsunfähig werden Sachen angesehen, die nach ihrer Beschaffenheit nicht im Eigentum eines anderen stehen können, etwa die Luft in der Atmosphäre, frei fließendes Wasser u.ä.
Das Merkmal der Verkehrsfähigkeit illegaler Drogen wird auch nicht dadurch in
Frage gestellt, dass das Eigentum an ihnen nach den Verbotsvorschriften des Betäubungsmittelgesetzes
in Verbindung mit § 134 BGB [danach ist ein Rechtsgeschäft nichtig,
das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt] nicht rechtsgeschäftlich übertragen werden
kann.
a) Eine Mindermeinung vertritt demgegenüber die Auffassung, dass zwar ein ursprüngliches
– etwa durch Produktion – erlangtes Eigentum trotz der Nichtigkeit etwaiger
Übertragungsakte formal fortbestehe, aber nicht mehr feststellbar und vom Vorsatz
eines Täters nicht umfasst sei (so Engel, NStZ 1991, 520 ff.) , bzw. auf eine „leere Begriffshülse“ reduziert sei und deshalb kein Grund für einen strafrechtlichen Schutz bestehe ( so Schmitz in MüKo § 242 Rdn. 14).
b) Dem folgt der Senat in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung nicht.
aa) Soweit Engel (aaO) illegal besessene Drogen für „eigentumsunfähig“ hält, übersieht
er, dass die Vorschriften des BtMG in Verbindung mit § 134 BGB wohl die rechtsgeschäftliche
Begründung neuen Eigentums hindern, aber ohne Auswirkung auf bestehende
Eigentumsverhältnisse sind. So verliert der Produzent von Marihuana das Eigentum
nicht allein dadurch, dass der Anbau und der Besitz von Betäubungsmitteln ohne Erlaubnis
verboten sind. …
Im Übrigen vermengt Engel (aaO) Fragen der dogmatischen Einordnung in unzulässiger
Weise mit Fragen der Beweisbarkeit von objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmalen.
Für die Verurteilung wegen eines Eigentumsdeliktes genügt jedoch die Feststellung,
dass fremdes Eigentum verletzt ist; nicht notwendig ist die Ermittlung der Person
des Eigentümers. Dementsprechend ist es auch belanglos, welche Vorstellungen der Täter
über die Person des Eigentümers hat; es genügt, dass er weiß, dass die Drogen nicht
in seinem Alleineigentum stehen und nicht herrenlos sind.
bb) Demgegenüber räumt Schmitz (aaO) zwar ein, dass auch an illegalen Drogen Eigentum
bestehen könne. Er stellt jedoch darauf ab, dass der Eigentümer - etwa nach einem
Verkauf - nicht mehr betroffen ist. Selbst wenn die Sache bei ihm gestohlen werden
würde, wäre er in seinen Rechten aus § 903 BGB nicht beeinträchtigt, da ihm diese im
Hinblick auf die Verbotsvorschriften des BtMG nicht zustehen (Schmitz aaO). Dabei bleibt unberücksichtigt, dass die Strafvorschriften zum Schutz des Eigentums nach § 242,
§ 259 StGB für den Begriff der fremden Sache allein auf die formale Eigentumsposition,
nicht aber auf die tatsächliche oder rechtliche Verfügbarkeit abstellen. Auch ein Eigentümer,
der infolge Beschlagnahme, Insolvenz, Verpfändung o. ä. über sein Eigentum
nicht mehr verfügen kann, wird durch diese Bestimmungen uneingeschränkt geschützt.
Wird vom Diebstahl die Wegnahme wertlose Sachen erfasst?
Materiell-rechtlich ist der Diebstahl als Wegnahme fremden Eigentums definiert, so dass auch die Wegnahme ganz geringfügiger Werte bzw. wertloser Sachen erfasst wird.
-> Darin liegt der Unterschied etwa zr Körperverletzung, bei welcher schon über die materiell-rechtliche Definition der Misshandlung unerhebliche Rechtsgutsverletzungen ausgeschieden werden.
Wann ist eine absolute Geringwertigkeit iSd § 248a anzunehmen?
GIbt es einen Bereich relativer Geringwertigkeit?
EIne absolute Geringwertigkeit ist bis etwa 50 Euro anzunehmen.
Der Wert ist objektiv, d.h. ohne Rücksicht auf die Verhältnisse des Täters oder des Opfers zu bestimmen. Dies ist zwar streitig, dieser Streit ist aber deshalb nahezu bedeutungslos, weil bei der Entscheidung über die Einstelllung auf das öffenliche Strafverfolgungsinteresse abzustellen ist und DABEI die besonderen Verhältnisse von Täter und Opfer unzweifelhaft mit zu berücksichtigen sind.
Da bei absoluter Geringwertigkeit nach § 153 StPO einzustellen ist- und zwar ohne den Täter durch Auflagen zu belasten- folgt aus der Stufung zwischen § 153 StPO und § 153a StPO entgegen der h.M. zwingend, dass es einen Bereich relativer Geringfügigkeit iSd § 153a StPO geben muss.
Reicht die Geringfügigkeit, die eine selbstständige Einstellung der Staatsanwaltschaft nach § 153 I 2 ermöglicht, bis etwa 50 Euro, dürfte Geringfügigkeit iSd § 153a I 7 StPO bis etwa 75 Euro reichen, denn bei § 153a StPO wird der mutmaßliche Täter durch Auflagen etc. spürbar belastet. Deshalb nimmt § 153a I 7 StPO auf die geringen Folgen iSd § 153 I 2 StPO nur “entsprechend” Bezug.
Führt die irrige Annahme des Täters eine objektiv wertvolle Sache sei geringwertig zur Anwendung des § 248a?
Obwohl die Geringfügigkeit für den Umfang der Schuld relevant ist, führt die irrige Annahme des Täters, eine objektiv wertvolle Sache sei geringwertig, nicht zur Anwendung des §248a.
Über das Strafantragserfordernis entscheidet die objektive Sachlage, denn auch die Wegnahme geringwertiger Sachen stellt einen tatbestandsmäßigen, rechtswidrigen und schuldhaftenDiebstahl dar.
-> Wie sich aus § 16 I 1 ergibt, entlastet den Täter nur der Irrtum über Tatbestandsmerkmale, nich über Antragserfordernisse und deren Voraussetzungen. Jedoch ist die irrige Annahme der Geringwertigkeit bei der Strafzumessung zu berücksichtigen. Deshalb ist der Irrtum über die Geringwertigkeit bei § 243 II zu beachten.
Welches Rechtsgut wird durch § 242 geschützt?
§ 242 schützt (wie auch § 303 und § 246) das Eigentum. Zur Beurteilung der Eigentumslage ist auf das BGB-Sachenrecht abzustellen. Die Eigentumsordnung des BGB liegt dem strafrechtlichen Schutz des Eigentums zugrunde (“Zivilrechtsakzessorietät”).
Streitig ist, ob der Gewahrsam zusätzlich geschütztes Rechtsgut des § 242 ist:
-1.Ansicht: § 242 schützt das Eigentum gegen einen bestimmten Angriff, nämlich gegen WEgnahme. Da diese den Bruch fremdem Gewahrsams, dh einer fremden tatsächlichen Sachherrschaft voraussetzt, wird teilweise angenommen, dass neben dem Eigentum als weiteres Rechtsgut auch der Gewahrsam durc § 242 geschützt sei.
-2.Ansicht: Hiernach schützt § 242 nur das Eigentum an der Sache, nicht aber zusätzlich den Gewahrsam einer vom Eigentümer verschiedenen Person. Einen bloßen Besitzscjutz kennt das Strafgesetzbuch nicht. Folgerichtig ist auch nur der Eigentümer- etwa der Vermieter, nicht aber der Mieter- als Verletzter iSd § 77 zur Stellung des Strafantrags nach §§ 247, 248a befugt. Eine rechtfertigene Einwilligungs kann ebenfalss nur vom Eigentümer erteilt werden. Liegt allerdings ein Einverständnis des Gewahrsamsinhabers vor, so ist das objektive Tatbestandsmerkmal der Wegnahme zu verneinen.
-3.Ansicht: Hiernach sei der Streit unfruchtbar. immer dann, wenn der Gesetzgeber die Art des Angriffs gegen ein Rechtsgut näher umschreibt, ergibt sich ein mittelbarer und zugleich unselbstständiger Schutz gegen das zur Verletzung des primären Rechtsguts eingesetzte Mittel. Praktische Konsequenzen hat die Frage zudem allein im Hinblick auf das Antragsrecht nach § 247, 248a: Soll dieses Recht-sofern Eigentum und Gewahrsamsinhaber auseinanderfalen- nur dem Eigentümer oder auch dem Gewahrsamsinhaber, möglicherweise sogar gegen den Willen des Eigentümers, zustehen? Angesichts der Dominaz der Rechtsguts “Eigentum” ist ein Antragsrecht des Gewahrsamsinhaber abzulehnen. Insoweit kann es dahinstehen, ob man dieses Ergebnis darauf stützt, dass nur das Eigentum von § 242 geschützt wird, oder ob man den Gewahrsam zwar ebenfalls als geschütztes, gegenüber dem Eigentum aber nur sekundäres Rechtsgut ansieht.
Welche Fallkonstellationen werden bei der Fremdheit diskutiert? (Ausgangspunkt: Eine Sache, die herrenlos ist, ist nicht fremd)
a. Containern
Sammelgut, das zu Gunsten wohltätiger Organisationen, etwa auf dem Bürgersteig, abgelegt
wird, ist nicht herrenlos und somit taugliches Diebstahlsobjekt (vgl. auch
Sperrmüll; kein Fall der Dereliktion („Aufgabe des Eigentums“, § 959 BGB).
Identisch wird in neuerer Zeit das sog. Containern, also die Wegnahme von (alten) Lebensmitteln
beurteilt, die z. B. vor einem Supermarkt zur Abholung durch ein Entsorgungsunternehmen
bereitgestellt werden. Das BayObLG verneint hier parallel zu den Sammelgutfällen
unter anderem eine Dereliktion nach § 959 BGB, „wenn der Entsorgende für die
gesundheitliche Unbedenklichkeit in Verkehr gebrachter Lebensmittel einzustehen hat.“
Laut BVerfG verstößt die Verurteilung wegen Diebstahls auch nicht gegen Verfassungsrecht.
b. Geldautomatenfälle
Das aus einem Geldautomaten entnommene Bargeld bleibt für den Nichtberechtigten
auch dann fremd, wenn der Geldautomat von ihm rein äußerlich korrekt bedient
wurde, also er die EC-Karte in den Automaten gesteckt und die richtige PIN eingegeben
hat. Die Übereignungserklärung der Bank bezieht sich nämlich nur auf den (berechtigten)
Karteninhaber. Entnimmt der Nichtberechtige dann
Geld aus dem Geldausgabefach, bricht er den Gewahrsam der Bank und macht sich wegen
Diebstahls nach § 242 StGB strafbar.
c. Unterscheide Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft
Wie im Zivilrecht kann das Erfüllungsgeschäft und damit der Eigentumsübergang wirksam
sein, auch wenn das zugrunde liegende Verpflichtungsgeschäft wegen eines Verstoßes
gegen die §§ 134, 138 BGB unwirksam ist.
Anders aber im Fall BGH, NStZ-RR 2000, 234: Dort hatten Kleindealer das an ihren
Händler gezahlte Geld nach Erwerb der Drogen diesem später wieder gewaltsam
abgenommen. Frage: Haben die Kleindealer also fremdes Geld gestohlen/geraubt?
Laut BGH war das nicht der Fall. Er sah darin mangels Eigentumsübergang auf den
Händler keine Wegnahme einer fremden Sache, denn auch das Erfüllungsgeschäft,
die Übereignung des Geldes, war nach § 134 BGB nichtig.
d. Leergut
Zur Frage des Eigentums bei der Wegnahme von Pfandflaschen BGH (NJW 2018, 3598 m.Anm. Hoven). Dort hatten die Angeklagten Plastik- und Glasflaschen entwendet,
um sie erneut abzugeben und den Pfand zu kassieren.
„Für die Eigentumsverhältnisse an der jeweiligen Pfandflasche (nicht an ihrem Inhalt)
auf den verschiedenen Vertriebsstufen des Pfandsystems bis hin zum Endverbraucher
ist deren konkrete Beschaffenheit maßgeblich. Ist die Flasche mit einer besonderen,
dauerhaften Kennzeichnung versehen, die sie als Eigentum eines bestimmten
Herstellers/Abfüllers ausweist (sog. Individualflasche), verbleibt das Eigentum an ihr,
unabhängig vom Eigentumsübergang an dem veräußerten Getränk, beim Hersteller/Abfüller.
Mangels zivilrechtlicher Einigung findet deshalb ein Eigentumsübergang an
den jeweiligen Flaschen auf den einzelnen Handelsstufen nicht statt (…).
Weist die Flasche solche individuellen Merkmale nicht auf, wird sie vielmehr von unbestimmt
vielen Herstellern verwendet (sog. Einheitsflasche), geht nicht nur das Eigentum
am Inhalt, sondern auch dasjenige an der Flasche selbst auf allen Vertriebsstufen auf
den jeweils nächsten Erwerber über (…).“
Die Flaschen sind also in jedem Fall fremd – unabhängig davon, ob es sich um eine
Individualflasche oder um eine Einheitsflasche handelt. Im weiteren Verlauf der Prüfung
stellt sich dann die Frage, ob bei der Wegnahme und anschließenden Rückgabe der
Pfandflaschen Zueignungsabsicht vorliegt.
Was versteht man unter Wegnahme?
Was versteht man unter Gewahrsam?
Definition: Wegnahme wird definiert als Bruch fremden Allein- oder Mitgewahrsams
und Begründung neuen, nicht notwendigerweise eigenen Gewahrsams.
Unterdefinition des Gewahrsams: Gewahrsam wiederum wird definiert als tatsächliche
Herrschaftsmacht eines Menschen über eine Sache, die von einem Herrschaftswillen
getragen ist, wobei die Verkehrsanschauung maßgeblich ist.
Was versteht man unter Gewahrsam?
Was für ein Begriff ist der Gewahrsam?
Gewahrsam wird definiert als tatsächliche
Herrschaftsmacht eines Menschen über eine Sache, die von einem Herrschaftswillen
getragen ist, wobei die Verkehrsanschauung maßgeblich ist
Nach h. M. ist Gewahrsam ein faktischer Begriff, während andere einen faktischsozialen
oder normativ-sozialen Gewahrsamsbegriff für vorzugswürdig halten.Der Streit hat aber wohl kaum je praktische Relevanz.
Beachte: Gewahrsam ≠ Eigentum ≠ Besitz
Gewahrsam ≠ Eigentum: Die Frage des Gewahrsams ist streng von den Eigentumsverhältnissen
zu unterscheiden. So begründet etwa auch der Dieb einer Sache Gewahrsam,
so dass man ihm diese wiederum wegnehmen kann, während er natürlich kein
Eigentümer wird.
Gewahrsam ≠ Besitz: Ebenfalls zu unterscheiden vom Gewahrsam sind die zivilrechtlichen
Besitzverhältnisse. So hat in der Regel der mittelbare Besitzer (etwa der Vermieter
eines Gegenstandes) zwar (mittelbaren) Besitz, aber keinen Gewahrsam (diesen
hat in der Regel nur der Mieter). Jedoch kann (ausnahmsweise) auch ein nur mittelbarer
Besitzer Gewahrsam haben. So geht man davon aus, dass der Hotelier neben dem
mittelbaren Besitz auch Mitgewahrsam an seinen Hotelräumen hat.
Zivilrechtlich hat ein Besitzdiener (z.B. ein Hausangesteller) nach § 855 BGB keinen
Besitz; in der Regel ist er jedoch Gewahrsamsinhaber, sofern er nicht auf Grund seiner sozial abhängigen Stellung zu seinem Auftrag- und Arbeitgeber nach der Verkehrsauffassung
lediglich Gewahrsamsgehilfe oder Gewahrsamshüter des Alleingewahrsamsinhabers
ist. Des Weiteren wird nach § 857 BGB fingiert, dass die Erben Besitz an den
geerbten Gegenständen haben (Erbenbesitz). Einen Gewahrsam kann diese Fiktion
jedoch nicht begründen. Der strafrechtliche Gewahrsam ist also vom bürgerlichrechtlichen
Besitz – trotz weitgehender Übereinstimmung– streng zu trennen.
Setzt der Sachherrschaftswille Geschäftsföhigkeit voraus?
Was ist der Gewahrsamswille?
Der Sachherrschaftswille setzt keine Geschäftsfähigkeit voraus, so dass ihn auch Kinder
und Geisteskranke haben können.
Auch gibt es einen generellen Gewahrsamswillen. So behält der Wohnungsinhaber
auch bei Abwesenheit Gewahrsam an den Sachen in seiner Wohnung. Die Wohnung
gehört zur so genannten Gewahrsamssphäre (ein wichtiger Begriff). Dagegen hat der
Besucher einer fremden Wohnung Gewahrsam nur an denjenigen Sachen, die er bei
sich trägt. Insoweit spricht man von einer Gewahrsamsenklave oder einer Gewahrsamsexklave (innerhalb einer fremden Wohnung). Kein Gewahrsam soll allerdings an
mutwillig auf ein Grundstück geworfenen Sachen bestehen.
Besteht der Sachherrschaftswille auch im Schlaf und bei Bewusstlosigkeit fort?
Der Sachherrschaftswille besteht auch im Schlaf und bei Bewusstlosigkeit fort.
Strittig ist dies jedoch dann, wennd die Bewusstlosigkeit ohne zwischenzeitliches Erwachen in den Tod übergeht.
Hebt eine Gewahrsamslockerung den Gewahrsam auf?
Eine Gewahrsamslockerung hebt den Gewahrsam nicht auf. (Bsp: Auf dem Feld stehende Ackergeräte hat der Landwirt auch zu Seiten seiner Abwesenheit gelockertn Gewahrsam.
Was setzt eine Gewahrsamslockerung voraus?
Eine Gewahrsamslockerung setzt dabei voraus, dass der Gewahrsamsinhaber weiß,
wo sich die betreffende Sache befindet, und gegebenenfalls auch auf sie zugreifen
kann. Deswegen hat der BGH eine Gewahrsamslockerung (und mithin den Gewahrsam)
verneint in einem Fall, in dem der Geschädigte den Verlust seines (sodann gestohlenen)
Mobiltelefons im öffentlichen Raum nicht bemerkt hatte.
Wer hat Gewahrsam über verschlossene Behältnisse?
Bei ortsfesten Behältnissen (das Gepäckschließfach bei der Bahn) soll allein
der Schlüsselinhaber Gewahrsam am Inhalt haben (a.A. Eisele 2021, Rn. 35:
Gewahrsam auch der Bahn). ->Nach dieser aA hat der Schlüsselinhaber keinen Alleingewahrsam, sondern Mitgewahrsam desejenigen, der die räumliche Aphäre beherrscht. Arg: Dies wird vor allem in Fällen deutlich, in denen dem Schlüsselinhaber der Zugang zu den Räumlichkeiten nicht ohne weiteres möglich ist.
• Bei beweglichen Behältnissen (aufgegebenen Gepäckstücken) soll dagegen derjenige
Alleingewahrsam haben, der auf sie tatsächlichen Zugriff hat. Der Schlüsselinhaber oder Codeinhaber har nach hM insoweit keinen Mitgewahrsam, da er keinen EInfluss auf das Schicksal der Sache hat.
Eine Ausnahme wird man aber zulassen müssen, wenn dieser weiß, wo sich das Behältnis befindet und er ungehinderten Zugriff auf das Behältnis und damit den Inhalt hat.
Ist es möglich, dass mehrere Personen Träger der tatsächlichen Verfügungsgewalt sind?
Es ist möglich, dass mehrere Personen Träger der tatsächlichen Verfügungsgewalt
sind. In solchen Fällen ist zwischen übergeordnetem Gewahrsam, gleichberechtigtem
Mitgewahrsam und bloß untergeordnetem (Mit-)Gewahrsam zu unterscheiden. Für
eine Wegnahme reicht stets der Bruch sowohl von übergeordnetem Gewahrsam als
auch von echtem gleichberechtigtem Mitgewahrsam aus.
So auch das OLG Braunschweig in einem Urteil vom 04.03.2016 (1 Ss 65/15): „Für die
Frage des Gewahrsamsbruchs durch einen der Mitgewahrsamsinhaber ist dann das
Rangverhältnis der Sachherrschaftsbeziehung entscheidend. Besteht gleichrangiger
Mitgewahrsam, so genügt für die Wegnahme durch einen der Mitgewahrsamsinhaber der Bruch des fremden Mitgewahrsams des oder der übrigen Mitgewahrsamsinhaber(s). In
Über-/Unterordnungsverhältnissen begeht dagegen allein der Inhaber untergeordneten
Gewahrsams einen Gewahrsamsbruch. Im umgekehrten Fall, in dem der Träger übergeordneten
Gewahrsams den Träger des untergeordneten Gewahrsams nunmehr völlig von
der Sachherrschaft ausschließt, liegt dagegen keine Wegnahme vor.“
Wann liegt Mitgewahrsam zB vor?
Mitgewahrsam haben z.B. Ehegatten am Hausrat: Wenn also die Ehefrau ihrem
Ehemann den Fernseher wegnimmt, weil sie sich darüber ärgert, dass dieser immer
Fußball schaut, hat sie seinen Mitgewahrsam gebrochen.
(Zumindest) Mitgewahrsam hat auch ein Ladeninhaber mit jederzeitiger Zugriffsmöglichkeit
auf die in seinem Laden befindlichen Waren, ohne dass es darauf ankommt, ob er Kontrollen über den Warenbestand vornimmt oder überhaupt
weiß, ob und wie viele der Waren sich in der Gewahrsamssphäre befinden.
Wann liegt im Allgemeinen ein mehrstufiger Mitgewahrsam vor?
Zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern liegt im Allgemeinen mehrstufiger Mitgewahrsam
vor.
• So ist es in der Regel ein Gewahrsamsbruch zulasten des Geschäftsinhabers,
wenn Ladenangestellte (als bloße Gewahrsamsgehilfen oder -hüter, bei größeren
Geschäften auch als untergeordnete Gewahrsamsinhaber) Verkaufsgegenstände
entwenden.
• Übergeordneten Gewahrsam bricht auch der Uni-Angestellte, der die ihm geschäftlich
überlassenen Briefumschläge, Scheren, Klebematerial mit nach Hause
nimmt und einer privaten Verwendung zuführt.
Hat der Kassierer Mitgewahrsam an dem in der Kasse befindlichen Geld?
Bricht er Gewahrsam, wenn er sich verbotenerweise aus der Kasse bedient?
Nach der Verkehrsauffassung hat der Kassierer Alleingewahrsam an dem in der Kasse befindlichen Geld, sodass er keinen Gewahrsam bricht (infrage kommt aber eine Unterschlaung), wenn er sich verbotenerweise aus der Kasse bedient?
Bsp.:Dazu Fall des BGH in dem ein Kellner niedergestochen wurde
und ihm später die Geldtasche abgenommen: „Ein Angestellter, der allein
eine Kasse zu verwalten und über deren Inhalt abzurechnen hat, hat in der Regel Alleingewahrsam
am Kasseninhalt.
Haben LKW-Fahrer gegeüber ihren Geschäftsherren Alleingewahrsam?
LKW-Fahrer sollen gegenüber ihren Geschäftsherren dann Alleingewahrsam haben,
wenn sie für das Frachtgut in ähnlicher Weise allein verantwortlich sind wie etwa der
Kassierer für das Geld. Dies kommt vor allem bei Fernfahrten in Betracht.
Wie ist der Diebstahl von der Unterschlagung zu unterscheiden?
Wird kein Gewahrsam gebrochen (wie im Falle eines Geld entnehmenden Kassierers),
kommt alternativ Unterschlagung (§ 246) in Betracht. Dies sollte man immer im Auge
behalten.
Wann endet der Gewahrsam?
Der Gewahrsam des bisherigen Inhabers endet allerdings dann, wenn er eine Sache
verliert (und nicht mehr weiß, wo sich diese befindet), nicht aber schon dann, wenn er
eine Sache vergisst und diese ohne wesentliche Hindernisse äußerer Art wieder zurück
erlangen kann. Ebenso beendet der Tod des Gewahrsamsinhabers den Gewahrsam.
Bei Verlust einer Sache ist allerdings zu prüfen, ob vielleicht ein Anderer schon Gewahrsam
erlangt hat. So wird angenommen, dass dann, wenn eine Sache in einer fremden
Gewahrsamssphäre verloren wird, der Gewahrsam auf den Inhaber der fremden Gewahrsamssphäre
übergeht.
Fall: Dem VfB-Fan X fällt während des Torjubels in der Cannstatter Kurve seine Dauerkarte
unbemerkt aus der Hose. Nach Spielschluss findet sie Stehplatzbesucher Y und
nimmt sie an sich. In diesem Fall wurde zwar nicht der Gewahrsam des X gebrochen, es
ist aber anzunehmen, dass der oder die Geschäftsführer der Stadion NeckarPark GmbH &
Co. KG generellen Gewahrsamswillen an im Stadion verlorenen Gegenständen haben.
Lösung also: Diebstahl und keine (bloße) Unterschlagung
Wie lautet die Definition des Bruches fremden Vermögens?
Definition: Fremder Gewahrsam wird dadurch gebrochen, dass die Sachherrschaft
des bisherigen Gewahrsamsinhabers gegen seinen Willen oder zumindest ohne sein
Einverständnis aufgehoben wird.
Wovon ist der Gewahrsamsbruch und damit das Merkmal der Wegnahme abzugrenzen?
Abgrenzung: An einem Gewahrsamsbruch und damit am Merkmal der Wegnahme fehlt es bei einer freiwilligen Weggabe, die in dem Bewusstsein und mit dem Willen erfolgt, den bisherigen Gewahrsam an der Sache aufzugeben. Das gleiche gilt, wenn der
Gewahrsamsinhaber aus freien Stücken damit einverstanden ist, dass ein Anderer die Sache
an sich nimmt (tatbestandsausschließendes Einverständnis).
Liegt in der Beobachtung eines Diebstahls ein Einverständnis, welches den Gewahrsamsbruch ausschließt ?
Dazu der Leitsatz in BGHSt 16, 271: „Sobald der Täter im Selbstbedienungsladen mit
Zueignungsabsicht Waren in seine Kleidung oder in eine mitgeführte Tasche gestecktvollendet,
auch wenn das Personal den Vorgang beobachtet hat und die weitere Verfügung
‚ohne Schwierigkeiten’ verhindern kann. […] Eine etwaige Beobachtung ändert an der
Vollziehung des Gewahrsamswechsels nichts. Diebstahl ist keine heimliche Tat. Die Beobachtung,
mag sie nun zufällig oder planmäßig, anhaltend oder nur vorübergehend
sein, und eine körperliche Unterlegenheit des Täters oder seine Bereitschaft zur Rückgabe
geben dem Bestohlenen lediglich die Möglichkeit, den ihm bereits entzogenen Gewahrsam
wiederzuerlangen.“ A.A. aber etwa: Schönke/Schröder/Bosch 2019, § 242
Rn. 40.
Begründung: Für den Gewahrsamsbruch spricht, dass die Beobachtung der Tat
lediglich die Möglichkeit zur Rückerlangung der Sache verbessert (vgl. § 859 BGB).
Zudem ist die nach der Verkehrsanschauung zu beurteilende sozial-normative Zuordnung
einer Sache unabhängig von einer Beobachtung des Gewahrsamswechsels.
Dazu das OLG Hamm (NStZ-RR 2014, 209, 210): „[…] Dass das ganze Geschehen
von Mitarbeitern der Fa. T2 beobachtet wurde, hindert die Annahme einer vollendeten
Wegnahme und damit eines vollendeten Diebstahls hinsichtlich der auf den Lkw des
Angekl. verladenen Waren im Wert von 4.800 € nicht. Diebstahl setzt keine Heimlichkeit
voraus (OLG Hamm, wistra 2014, 36 [37] mwN).
Ob bei Beobachtung des Diebstahls durch den Eigentümer oder durch andere, die zu
seinen Gunsten einzuschreiten gewillt sind, die Begründung eigenen Gewahrsams
möglich ist, hängt von den Einzelheiten ab. Wesentlich sind z. B. die mehr oder weniger
große räumliche Nähe des Eigentümers oder seiner Beauftragten und die Schnelligkeit
ihres Eingreifens sowie Umfang und Gewicht des Diebesgutes, alles dies unter Umständen
in Verbindung mit besonderen Alarmeinrichtungen (BGH, Beschl. v. 16.4.1985-1 StR
144/85 = BeckRS 1985, 31092954 = StV 1985, 323 = juris; vgl. auch OLG Hamm, NJW
1954, 523). Hier bestand zwar seitens der Mitarbeiter der Fa. T2 ein Verdacht auf einen
Diebstahl, sie haben aber die Täter gewähren lassen und lediglich Maßnahmen zur Beweissicherung
(Aufnahme von Fotos) ergriffen. […]“.
Die Heimlichkeit des Diebstahls wurde übrigens im Mittelalter vom Gesetz bedacht:
So unterschied die Constitutio Criminalis Carolina von 1532 zwischen „heymlichem“
und „offentlichem“ Diebstahl. Strafbar waren indes beide Varianten.
Liegt in der Ausgabe von Waren/Münzen ein Einverständnis trotz einer vorangegangenen
Manipulation eines Waren- oder Spielautomaten?
Dazu OLG Düsseldorf, NJW 1988, 83: Bei einer Diebesfalle präpariert der Eigentümer
(vielfach auch die Polizei) den Gegenstand (etwa einen Geldschein) so, dass der
Verdächtige nach Entwendung des Gegenstands identifiziert werden kann. Die
Rechtsprechung nimmt hier ein Einverständnis in den Gewahrsamswechsel an, so
dass lediglich ein versuchter Diebstahl (der Täter stellt sich ja die Wegnahme bzw. die sie
begründenden Umstände vor) in Frage kommt, gegebenenfalls in Tateinheit mit Unterschlagung.
Liegt in der Ausgabe von Waren/Münzen ein Einverständnis trotz einer vorangegangenen
Manipulation eines Waren- oder Spielautomaten?
Dazu OLG Koblenz, NJW 1984, 2424, 2425 zum Ausnutzen der Fehlerhaftigkeit
eines Spielautomaten: „Diese Wegnahme i. S. des § 242 StGB, also die eigenmächtige
Gewahrsamsumkehr, entfällt schließlich auch nicht deshalb, weil von einem generellen
Übergabewillen des Automatenbetreibers ausgegangen werden könnte (so das Urt. des
AG Lichtenfels, NJW 1980, 2206). Denn die Geldstücke, die sich im Eigentum und Gewahrsam
des Automatenaufstellers befinden, werden nur dann mit dessen Willen übergeben,
wenn die Spieler den Automaten nach Maßgabe der Bedienungsanleitung benutzen.“
Bei automatisierten Waren- und Geldautomaten wird also davon ausgegangen, dass sich
der Aufsteller mit dem Gewahrsamswechsel nur unter der Bedingung einverstanden
erklärt, dass der Mechanismus des Automaten ordnungsgemäß betätigt wird (Lehre
vom bedingten Einverständnis, vgl. zum Streitstand Eisele 2021, Rn. 57 f.; Schönke/Schröder/Bosch
2019, § 242 Rn. 36a).
An welchem Standort ist die objektive Rechtswidrigkeit innerhalb der Zueignungsabsicht zu prüfen?
- Rengier führt die “objektive Rechtswidrigkeit der erstrebten Zueigunung und entsprechender Vorsatz” als eigenständiger Prüfungspunkt nach dem subjektiven Tatbestand aufzuführen.
-Die h.M. prüft die Rechtswidrigkeit der Zueignung i.R.d. spezifischen Zueignungsabsicht.
Kann Wasser Tatobjekt eines Diebstahls sein.
Wasser kann Tatobjekt eines Diebstahls sein.