Baurecht Flashcards
- Was versteht man unter öffentlichem und privatem Baurecht?
Zum privaten Baurecht zählt man zum einen die §§ 631 ff. BGB, die das Verhältnis zwischen Bauherrn und Bauunternehmer bzw. Architekt regeln. Zum anderen sind die §§ 903 ff. BGB Teil des privaten Baurechts, die die Bebauung oder Unterhaltung eines Bauwerkes allein im Hinblick auf bestimmte Einzelpersonen, insbesondere die Nachbarn regeln.
Unter öffentlichem Baurecht ist die Gesamtheit aller Rechtsvorschriften zu verstehen, die die Zulässigkeit und die Grenzen, die Ordnung und die Förderung der baulichen Nutzung des Bodens, insbesondere durch Errichtung, bestimmungsgemäße Nutzung, wesentliche Veränderung und Beseitigung baulicher Anlagen, unter Berücksichtigung öffentlicher Interessen betreffen.
- Was bedeutet “Baufreiheit” und woraus ist sie abzuleiten?
Alle baurechtlichen Vorschriften sind vor dem Hintergrund des Art. 14 I GG zu sehen, denn zum Inhalt des dort geschützten Eigentums an Grund und Boden gehört auch das Recht der baulichen Nutzung. Diese sog. Baufreiheit gewährt jedem Einzelnen ein subjektiv öffentliches Recht auf Bebauung seines Grundstücks.
Die Baufreiheit beruht also nicht auf einer öffentlich-rechtlichen Verleihung, sondern ist Bestandteil des Eigentumsrechts.
Für einen Bauherrn, der nicht Eigentümer ist, ergibt sich die Baufreiheit aus dem Grundsatz der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 I GG).
- Wie ist die Gesetzgebungskompetenz für das öffentliche Baurecht aufgeteilt?
Geregelt ist in Art. 74 I Nr. 18 GG lediglich ein Teilbereich, nämlich das Bodenrecht. Im sog. Baurechtsgutachten stellte das BVerfG fest, dass hierzu insbesondere das Recht der städtebaulichen Planung, der Baulandumlegung, der Erschließung sowie der Bodenbewertung gehöre. Gleichzeitig lehnte es das Gericht ausdrücklich ab, aus Art. 74 I NR. 18 GG im Wege einer Gesamtschau eine Bundeskompetenz für das Baurecht insgesamt, insbesondere für das “Baupolizeirecht im bisher gebräuchlichen Sinne”, abzuleiten.
Hinsichtlich der übrigen Bereiche bleibt es somit bei der Regel des Art. 70 GG, wonach die Länder für die Gesetzgebung zuständig sind.
- Mit welcher Qualifikationstheorie lässt sich im Baurecht problemlos das Vorliegen einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit begründen?
Mit der Sonderrechtstheorie.
Bsp. für Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs: Da das Begehren auf Erlass einer Baugenehmigung als Streitgegenstand von Vorschriften des öffentlichen Baurechts bestimmt wird und somit eine öffentlich rechtliche Streitigkeit vorliegt (Sonderrechtstheorie), die Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art ist und eine anderweitige Rechtswegzuweisung nicht ersichtlich ist, ist der Verwaltungsrechtsweg gem. § 40 I 1 VwGO eröffnet.
- Die Baugenehmigung ist eindeutig ein VA. Qualifizieren Sie diese Eigenschaft konkreter!
Die unter den Vss. des Art. 68 I 1 BayBO zu erteilende Baugenehmigung ist die Maßnahme einer Verwaltungsbehörde (vgl. Art. 1 II BayVwVfG) auf dem Gebiet des öffentlichen Baurechts zur einseitig verbindlichen Regelung eines Einzelfalles mit Außenwirkung und somit ein VA i.S.v. Art. 35 S. 1 BayVwVfG.
Die Baugenehmigung ist ein:
- -> mitwirkungsbedürftiger VA, d.h. es ist ein Bauantrag notwendig (Art. 64 I BayBO)
- -> gebundener VA, d.h. es besteht ein Anspruch auf Genehmigung, wenn das Vorhaben öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind, entspricht (Art. 68 I 1 BayBO). Das ist die Konsequenz aus dem aus Art. 14 I GG folgenden subjektiv öffentlichen Recht der Baufreiheit
- -> sachbezogener VA, d.h. die Genehmigung wird nicht einer Person, sondern für ein Vorhaben erteilt (vgl. Art. 54 II S. 3 BayBO, die Genehmigung gilt auch für die Rechtsnachfolger)
Die Baugenehmigung hat:
- -> feststellende Wirkung, d.h. die Genehmigung stellt fest, dass das Vorhaben den im Genehmigungsverfahren geprüften öffentlich-rechtlichen Vorschriften entspricht (Art. 68 I S. 1.
- -> rechtsgestaltende und damit gestattende Wirkung, d.h. Aufhebung des präventiven Verbots und Baufreigabe (Art. 68 V BayBO).
- -> Doppelwirkung, d.h. für den Bauherrn begünstigende und einzelne Nachbarn evtl. belastende Wirkung.
- Was ist ein Vorbescheid?
Der Vorbescheid (Art. 71 BayBO) ist eine vorgezogene Entscheidung über Teilfragen der späteren Baugenehmigung. Es ist die verbindliche, hoheitliche, befristete, schriftliche Erklärung der Bauaufsichtsbehörde, dass einem Vorhaben in bestimmter Hinsicht nach dem zur Zeit der Entscheidung geltenden öffentlichen Recht keine Hindernisse entgegenstehen. Es handelt sich bei dem Vorbescheid nicht nur um die Zusicherung einer künftigen Erteilung der Baugenehmigung, sondern um einen feststellenden VA, in dem Teile der Baugenehmigung bereits im Voraus geklärt werden.
- Welche Frage ist im Teilbaugenehmigungsverfahren streitig?
Strittig ist, ob Vss. für die Erteilung die vorherige Prüfung ist, dass das Gesamtvorhaben dem öffentlichen Recht grundsätzlich nicht widerspricht. Nach Ansicht des BayVGH genügt die grundsätzliche Vereinbarkeit des gesamten Vorhabens mit dem Bauplanungsrecht und den wesentlichen bauordnungsrechtlichen Vorschriften.
Sinn macht die Genehmigung eines Teils eines Vorhabens wohl nur, wenn vorher festgestellt wurde, dass gegen das Vorhaben insgesamt keine Einwendungen zu erheben sind. In die Einzelprüfung hinsichtlich des beantragten Teils ist somit gleichzeitig auch eine grundsätzliche Prüfung des Gesamtvorhabens mit einzubeziehen.
- Was bedeutet präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt?
Das grundsätzliche Bauverbot ist ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Anders als bei den sog. repressiven Verboten mit Befreiungsvorbehalt, bei denen eine Befreiung nur ausnahmsweise erteilt wird, hat die Baugenehmigung gem. Art. 68 I 1 Hs. 1 BayBO grds. zu ergehen, wenn das Vorhaben der “Unbedenklichkeitsprüfung” standhält.
Diese Qualifikation als präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt ist Ausdruck der gem. Art. 14 I GG grundrechtlich geschützten Baufreiheit. Folge ist, dass dem Bauherrn ein Anspruch auf die Erteilung der Baugenehmigung zusteht, wenn kein Versagungsgrund eingreift. Im Rahmen der Klagebefugnis ist immer von der Möglichkeit eines solchen Anspruchs auszugehen.
- Tritt der Freistaat vor den Verwaltungsgerichten als Kläger auf, wird er von der jeweiligen Bezirksfinanzdirektion vertreten (§§ 2 III, 1 I Nr. 3 VertrVO). Wer vertritt ihn, wenn er verklagt wird?
Wird der Freistaat Bayern als Träger einer Kreisverwaltungsbehörde verklagt, kommt neben der Vertretung durch Ausgangs- oder Widerspruchsbehörde auch ein Vertretung durch die Landesanwaltschaft in Betracht, Art. 16 AGVwGO, § 3 I, II 2 LABV.
- An welcher Stelle der Klausur prüft man die Frage der Beiladung?
Die Beiladung ist keine Sachurteilsvoraussetzung, sondern eine prozessuale Erleichterung. Mit der Beiladung werden die Beigeladenen Beteiligte des Prozesses, § 63 Nr. 3 VwGO, das Urteil hat folglich ihnen gegenüber auch materielle Rechtskraftwirkung (vgl. § 121 Nr. 1 VwGO). Die Beiladung ist als eigener Prüfungspunkt zwischen Zulässigkeit und Begründetheit zu prüfen.
- In welchem Doppelschritt prüfen Sie die Passivlegitimation bei der VK?
- Welches ist die zuständige Behörde?
2. Wer ist deren Rechtsträger?
- Wie differenzieren Sie Kreisbehörde und Kreisverwaltungsbehörde?
Kreisverwaltungsbehörde ist die Bezeichnung für die untere staatliche Verwaltungsbehörde.
Das LRA kann entweder gem. Art. 37 I 2 LKrO als Staatsbehörde (–> Kreisverwaltungsbehörde) oder bei Erfüllung der Aufgaben des Landkreises als Kreisbehörde i.S.v. Art. 37 I 1 LKrO tätig werden.
- Was bedeuten die Bezeichnungen “kleine” und “große” Delegation?
Das Staatsministerium des Innern kann größeren kreisangehörigen Gemeinden auf Antrag durch Rechtsverordnung die Aufgaben der unteren Bauaufsichtsbehörde ganz oder teilweise übertragen (sog. große Delegation).
Ferner können durch Verordnung die Aufgaben der unteren Bauaufsichtsbehörde für bestimmte Vorhaben übertragen werden (sog. kleine Delegation).
- Was versteht man unter einer baulichen Anlage i.S.d. Art. 2 BayBO?
Dieser Begriff ist in Art. 2 I 1 BayBO legaldefiniert. Danach sind bauliche Anlagen mit dem Erdboden verbundene, aus Bauprodukten (also künstlich) hergestellte Anlagen.
Auch ohne feste Verankerung ist eine Anlage dann mit dem Erdboden verbunden, wenn sie so schwer ist, dass sie ohne technische Hilfsmittel nicht bewegt werden kann.
- Wie werden die baulichen Anlagen eingeteilt und welche Auswirkungen hat diese Einteilung?
Art. 2 II BayBO definiert den Begriff des Gebäudes als Unterfall der baulichen Anlage. In Art. 2 III BayBO werden dann die Gebäude in verschiedene Gebäudeklassen eingeteilt. Art. 2 IV BayBO zählt sodann abschließend die sogenannten Sonderbauten auf.
- Sind Abbruch und Beseitigung baulicher Anlagen genehmigungsbedürftig?
Der Abbruch und die Beseitigung baulicher Anlagen sind nach Art. 57 V S. 1 BayBO verfahrensfrei. Im Übrigen gilt das Anzeigeverfahren nach Art. 57 V S. 2 ff. BayBO.
- Auf welchem Grundgedanken beruht die Genehmigungsfreistellung und welche Vss. hat sie?
Die Genehmigungsfreistellung geht von der Erwägung aus, dass es eines (präventiven) bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahrens nicht bedarf, wenn die einschlägigen Vorhaben einerseits “planungsrechtlich einfach” und andererseits “bautechnisch einfach” sind, sodass die Primärverantwortung für die rechtmäßige Ausführung des Bauvorhabens, vorbehaltlich (repressiver) bauaufsichtlicher Sanktionen, dem Bauherrn überlassen werden kann.
Art. 58 BayBO nimmt die Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung baulicher Anlagen, die keine Sonderbauten i.S.d. Art. 2 IV BayBO sind, Art. 58 I 1 BayBO, von der Genehmigungspflicht aus, wenn:
–> das Vorhaben im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans durchgeführt wird und diesen Regelungen sowie etwa geltenden örtlichen Bauvorschriften nicht widerspricht (Art. 58 II Nr. 1, 2 BayBO).
–> die Erschließung gesichert ist (Art. 58 II Nr. 3 BayBO) und
–> die Gemeinde nicht erklärt, dass das Genehmigungsverfahren durchgeführt werden soll (Art. 58 II Nr. 5 BayBO).
18., 19. Aus welchen Gründen kann sich für die Frage der Erteilung der Genehmigung eine Bindung der Verwaltung ergeben?
Bevor in die eingehende Erörterung des Art. 68 I BayBO eingestiegen wird, ist zu fragen, ob die Baugenehmigung nicht schon deshalb zu erteilen ist, weil sich die Behörde bereits wirksam gebunden hat.
z. B.:
- Anspruch aus Zusicherung, Art. 38 I BayVwVfG
- Anspruch aus öffentlich-rechtlichem Vertrag, Art. 54 ff. BayVwVfG
- Bindungswirkung des Vorbescheids, Art. 71 S. 2 BayBO
- Was versteht man unter einer Bebauungsgenehmigung?
Der Vorbescheid enthält bzgl. einzelner Genehmigungsvss. eine endgültige Regelung. Die Baugenehmigungsbehörde darf die im Vorbescheid entschiedenen Teilfragen nachträglich nicht mehr anders beurteilen, solange der Vorbescheid wirksam, also nicht nach Art. 48, 49 BayVwVfG aufgehoben ist.
Ist der Vorbescheid bereits bestandskräftig, wird sein Inhalt nur der Vollständigkeit halber in die Baugenehmigung übernommen, ohne dass diesbezüglich eine erneute Sachprüfung stattfindet. Die Baugenehmigung ist insoweit nur wiederholende Verfügung. Sofern der Vorbescheid die Zulässigkeit des Vorhabens in bauplanungsrechtlicher Hinsicht behandelt, spricht man von einer sogenannten Bebauungsgenehmigung.
- Kennen Sie eine Fallkonstellation, in der die erstmalig erteilte Baugenehmigung sogleich einen partiellen Zweitbescheid beinhaltet?
Ist ein erteilter Vorbescheid noch nicht bestandskräftig (etwa wenn die Klagefrist noch nicht abgelaufen ist), stellt die Baugenehmigung für den Nachbarn einen sog. Zweitbescheid dar. Dies bedeutet, dass das, was durch die Bebauungsgenehmigung vorab entschieden worden ist, erneut i.R.d. Baugenehmigung entschieden und zur Anfechtung gestellt wird.
- Was versteht man unter einer Teilungsgenehmigung?
Die Teilungsgenehmigung i.S.d. §§ 19 ff. BauGB ist ein Mittel zur Sicherung der Bauleitplanung.
Sie dient der Prüfung der bauplanungsrechtlichen Unbedenklichkeit einer beabsichtigten Grundstücksnutzung im Vorfeld. Durch diese Präventivkontrolle soll verhindert werden, dass durch Teilungen Grundstücksverhältnisse entstehen und somit Fakten geschaffen werden, die die gemeindliche Planungsfreiheit einschränken (sog. Sicherungsfunktion der Teilungsgenehmigung).
- Wird die Bauaufsichtsbehörde aufgrund einer bestandskräftigen Gaststättenerlaubnis im Baugenehmigungsverfahren gebunden?
Eine Bindung der Baugenehmigungsbehörde durch eine bereits vorliegende gaststättenrechtliche Erlaubnis in Bezug auf den Regelungsinhalt des § 4 I Nr. 3 GastG tritt nicht ein.
24., 25. Für Welche Arten von Vorhaben gilt das vereinfachte Verfahren nach Art. 59 BayBO?
Art. 60 BayBO ist nur bei Sonderbauten einschlägig. In allen anderen Fällen bestimmt sich das Pflichtprüfprogramm i.S.d. Art. 68 I 1 Hs. 1 BayBO nach Art. 59 BayBO, dem sog. vereinfachten Genehmigungsverfahren.
26., 27. Wie ist das Gemeindegebiet planungsrechtlich aufgeteilt?
Drei Gebietstypen:
- Zulässigkeit von Vorhaben im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplanes, § 30 I BauGB (Sonderfall: § 22 BauGB)
- Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile, § 34 BauGB (i.V.m. § 30 III BauGB beim sog. einfachen BBauPl.)
- Zulässigkeit von Vorhaben im Außenbereich, § 35 BauGB (i.V.m. § 30 III BauGB beim einfachen BBauPl.)
- Schafft der einfache Bebauungsplan einen eigenen Gebietstypus in der Gemeinde?
Ein einfacher Bebauungsplan (§ 30 III BauGB) vermag die vorgegebene Zuordnung eines Gebiets zum Innen- oder Außenbereich nicht zu ändern. Die Beschränkungen der §§ 34, 35 BauGB bleiben voll wirksam und treten neben diejenigen, die sich aus dem (einfachen) Bebauungsplan ergeben.
- Warum müssen Sie bei Eintritt in die bauplanungsrechtliche Prüfung das Tatbestandsmerkmal “bauliche Anlage” überprüfen, obwohl es bereits Vss. der Genehmigungspflichtigkeit war?
Der Begriff der baulichen Anlage ist im BauGB nicht definiert. Auch wenn sich der Begriff der baulichen Anlage i.S.v. § 29 I BauGB weitgehend mit Art. 2 I BayBO deckt, darf dieser nicht unmittelbar zur Erläuterung herangezogen werden. Die BayBO als Landesrecht kann nicht zur Interpretation eines bundesrechtlichen Begriffes dienen. Ansonsten hätte der bauplanungsrechtliche Begriff der baulichen Anlage bei unterschiedlicher Regelung in den verschiedenen Ländern einen jeweils unterschiedlichen Inhalt. Die bauliche Anlage i.S.v. § 29 I BauGB muss daher als eigenständiger planungsrechtlicher Begriff interpretiert werden.
- Welches Stichwort verbinden Sie mit der baulichen Anlage i.S.d. § 29 I BauGB?
Nach der Rspr. ist eine bauliche Anlage in diesem Sinne eine auf Dauer mit dem Erdboden verbundene künstliche Anlage, wobei sich die Dauer nach der Funktion bestimmt, die der Anlage von ihrem Eigentümer beigemessen wird.
- Anlagen, die einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen, werden wegen der formellen Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG keinem gesonderten Baugenehmigungsverfahren unterzogen. Woraus ergibt sich, dass dennoch Bauplanungsrecht zu prüfen ist?
Das ergibt sich zum einen aus § 29 I BauGB, da ein Vorhaben betroffen ist, das die Errichtung einer baulichen Anlage zum Inhalt hat; zum anderen auch aus § 6 I Nr. 2 BImSchG, da das Bauplanungsrecht zu den öffentlich-rechtlichen Vorschriften i.S.d. § 6 I Nr. 2 BImSchG gehört.
- Worin unterscheidet sich der qualifizierte Bebauungsplan vom einfachen?
Im Gegensatz zum einfachen Bebauungsplan enthält der qualifizierte Plan - eventuell zusammen mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften (BauNVO) - zumindest Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen, vgl. § 30 I BauGB.
- Was versteht man unter einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan?
Die Zulässigkeit von Vorhaben im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans (§ 12 I 1 BauGB) ist in § 30 II BauGB geregelt. Ein vorhabenbezogener Bebauungsplan muss nicht unbedingt die Voraussetzungen eines qualifzierten Bebauungsplanes erfüllen. Damit in diesen Fällen für die Zulässigkeit von Vorhaben nicht wie beim einfachen Bebauungsplan ergänzend auf die §§ 34, 35 BauGB zurückgegriffen werden muss, ist der vorhabenbezogene Bebauungsplan in § 30 II BauGB in seinen Rechtswirkungen dem qualifzierten Bebauungsplan gleichgestellt worden. Auch bei ihm richtet sich also die Zulässigkeit eines Vorhabens allein danach, ob es seinen Festsetzungen und - da der vorhabenbezogene Bebauungsplan nach § 12 III 2 BauGB nicht an die Festsetzungen des § 9 BauGB und der BauNVO gebunden ist - sonstigen Inhalten nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.
- Wie hängen die §§ 2-14 BauNVO mit den Festsetzungen des qualifzierten Bebauungsplans zusammen?
Gem. § 1 III 2 BauNVO werden die §§ 2-14 BauNVO Inhalt des Bebauungsplans.
- Welchen Regelungsinhalt hat § 15 BauNVO?
Nach § 15 BauNVO können die in den einzelnen Baugebieten zulässigen Vorhaben im Einzelfall unzulässig sein.
- Warum muss es die Möglichkeit des Dispenses geben, wie sie in § 31 BauGB ihren Niederschlag gefunden hat?
Das Bauvorhaben darf grds. den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht widersprechen (Baugenehmigung als gebundener VA). Der Komplexität städtebaulicher Planung und Ordnung kann dieser Grundsatz jedoch nicht immer gerecht werden. § 31 BauGB räumt daher einen Abweichungsvorbehalt ein, der in erster Linie der Einzelfallgerechtigkeit und damit dem rechtsstaatlichen Übermaßverbot dient. § 31 BauGB bietet eine Dispensmöglichkeit für einfache und qualifizierte Bebauungspläne.
- Wie gehen Sie in der Prüfung des § 31 BauGB vor?
Bei der Klausurprüfung ist zunächst mit der Befreiungsmöglichkeit des § 31 I BauGB zu beginnen. Liegen dessen Vss. nicht vor, so ist die Befreiungsmöglichkeit des § 31 II BauGB zu überprüfen.
- Warum muss die untere Bauaufsichtsbehörde vor Gewährung eines Dispenses das Einvernehmen der Gemeinde einholen?
§ 31 II BauGB enthält als Mischtatbestand auf der Tatbestandsseite unbestimmte Rechtsbegriffe und auf der Rechtsfolgenseite eine Ermessensermächtigung. Fraglich ist allerdings, wem das Ermessen zusteht. Überzeugend erscheint, allein der Gemeinde, deren Planungshoheit betroffen ist, im Rahmen ihrer Einvernehmenserteilung nach § 36 I BauGB Ermessen einzuräumen. Die Genehmigungsbehörde ist dann an die Entscheidung der Gemeinde gebunden.
- Worin unterscheidet sich der “Innenbereich” grds. vom “Außenbereich”?
Die Zuordnung zu dem einen oder dem anderen Gebietstyp entscheidet in zahlreichen Fällen über die bauliche Nutzbarkeit eines Grundstücks. Während der Innenbereich nach Vorstellung des Gesetzgebers grds. bebaubar sein soll, besteht für sog. nicht-privilegierte Vorhaben im Außenbereich praktisch ein Bauverbot.
- Definieren Sie “im Zusammenhang bebaute Ortsteile”!
Def.: Unter “im Zusammenhang bebaute Ortsteile” i.S.d. § 34 BauGB ist mit der ständigen Rspr. jede Bebauung im Gebiet einer Gemeinde zu verstehen, die - trotz vorhandener Baulücken - den Eindruck von Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit erweckt, nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht hat und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Maßgeblich für die Beurteilung ist die jeweils vorhandene Bebauung. Für die Beurteilung der Frage, ob eine zusammenhängende Bebauung ein Ortsteil i.S.v. § 34 I BauGB ist, ist nur auf die Bebauung im jeweiligen Gemeindegebiet - nicht auf die in der angrenzenden Nachbargemeinde - abzustellen. Auch zwei unmittelbar aneinandergrenzende Grundstücke können unterschiedlichen Baugebieten angehören, wenn z.B. einem Steilhang oder anderen topographischen Gegebenheiten eine trennende Funktion zukommt.
- Skizzieren Sie anhand des Gesetzestextes das Prüfungsschema zu § 34 I BauGB
Nach § 34 I BauGB ist ein Bauvorhaben zulässig, wenn:
1. es im Innenbereich liegt,
2. es sich hinsichtlich
- der Art der baulichen Nutzung,
- des Maßes der baulichen Nutzung,
- der Bauweise,
- der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll,
in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt
3. die Erschließung gesichert ist,
4. die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse gewahrt bleiben, § 34 I 2 BauGB,
5. das Ortsbild nicht beeinträchtigt wird, § 34 I 2 BauGB,
6. es den Festsetzungen eines evtl. bestehenden einfachen Bebauungsplans (§ 30 III BauGB) nicht widerspricht,
7. keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden sind, § 34 III BauGB, und
8. die Gemeinde ihr Einvernehmen nach § 36 I 1 BauGB erteilt hat.
(3.,4.,5. meist unproblematisch)
- Wie stellen Sie fest, ob sich ein Vorhaben in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt?
- Feststellung der Umgebung
(Bereich, auf den sich das Vorhaben auswirken kann und der andererseits selbst das Baugrundstück prägt) - Feststellung der dortigen Bebauung
(anhand der oben genannten Kriterien: Art und Maß, Bauweise, überbaute Fläche, diesbzgl. ist die BauNVO als Auslegungshilfe heranzuziehen); Fremdkörper in der Umgebung bleiben dabei außer Betracht - Prüfung, ob das geplante Vorhaben diesen Rahmen einhält,
- Überprüfung des Vorhabens anhand des Gebots der Rücksichtnahme (Abwägung)
- Sollte das Vorhaben sich nach diesen Kriterien als unzulässig erweisen, ist eine Befreiung nach § 34 IIIa BauGB zu prüfen.
- Wie wird diese Prüfung durch § 34 II BauGB modifiziert?
Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete der BauNVO, so ist ein Vorhaben nach seiner Art nur zulässig, wenn es nach der BauNVO in dem Gebiet zulässig wäre, § 34 II Hs. 1 BauGB. Gem. § 34 II Hs. 2 BauGB findet § 31 BauGB entsprechende Anwendung auf nach der BauNVO ausnahmsweise zulässige Vorhaben. Bleiben hinsichtlich der Zuordnung Zweifel, so ist allein § 34 I BauGB anzuwenden. Diese Bezugnahme auf die BauNVO gilt allerdings nur für die Art der baulichen Nutzung. Es bedarf insoweit keiner Prüfung, ob sich das Vorhaben einfügt oder nicht. Hinsichtlich der anderen in § 34 I 1 BauGB genannten Kriterien bleibt es bei der oben dargestellten Prüfung.
Zu beachten ist, dass auch bei § 34 II BauGB das Gebot der Rücksichtsnahme gilt.
- Definieren Sie den Begriff “Außenbereich”!
Der Begriff des Außenbereichs wird dadurch definiert, dass keiner der in §§ 30 I, 34 BauGB genannten Bereiche einschlägig ist.