Baurecht Flashcards

1
Q
  1. Was versteht man unter öffentlichem und privatem Baurecht?
A

Zum privaten Baurecht zählt man zum einen die §§ 631 ff. BGB, die das Verhältnis zwischen Bauherrn und Bauunternehmer bzw. Architekt regeln. Zum anderen sind die §§ 903 ff. BGB Teil des privaten Baurechts, die die Bebauung oder Unterhaltung eines Bauwerkes allein im Hinblick auf bestimmte Einzelpersonen, insbesondere die Nachbarn regeln.
Unter öffentlichem Baurecht ist die Gesamtheit aller Rechtsvorschriften zu verstehen, die die Zulässigkeit und die Grenzen, die Ordnung und die Förderung der baulichen Nutzung des Bodens, insbesondere durch Errichtung, bestimmungsgemäße Nutzung, wesentliche Veränderung und Beseitigung baulicher Anlagen, unter Berücksichtigung öffentlicher Interessen betreffen.

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2
Q
  1. Was bedeutet “Baufreiheit” und woraus ist sie abzuleiten?
A

Alle baurechtlichen Vorschriften sind vor dem Hintergrund des Art. 14 I GG zu sehen, denn zum Inhalt des dort geschützten Eigentums an Grund und Boden gehört auch das Recht der baulichen Nutzung. Diese sog. Baufreiheit gewährt jedem Einzelnen ein subjektiv öffentliches Recht auf Bebauung seines Grundstücks.
Die Baufreiheit beruht also nicht auf einer öffentlich-rechtlichen Verleihung, sondern ist Bestandteil des Eigentumsrechts.
Für einen Bauherrn, der nicht Eigentümer ist, ergibt sich die Baufreiheit aus dem Grundsatz der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 I GG).

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3
Q
  1. Wie ist die Gesetzgebungskompetenz für das öffentliche Baurecht aufgeteilt?
A

Geregelt ist in Art. 74 I Nr. 18 GG lediglich ein Teilbereich, nämlich das Bodenrecht. Im sog. Baurechtsgutachten stellte das BVerfG fest, dass hierzu insbesondere das Recht der städtebaulichen Planung, der Baulandumlegung, der Erschließung sowie der Bodenbewertung gehöre. Gleichzeitig lehnte es das Gericht ausdrücklich ab, aus Art. 74 I NR. 18 GG im Wege einer Gesamtschau eine Bundeskompetenz für das Baurecht insgesamt, insbesondere für das “Baupolizeirecht im bisher gebräuchlichen Sinne”, abzuleiten.
Hinsichtlich der übrigen Bereiche bleibt es somit bei der Regel des Art. 70 GG, wonach die Länder für die Gesetzgebung zuständig sind.

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4
Q
  1. Mit welcher Qualifikationstheorie lässt sich im Baurecht problemlos das Vorliegen einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit begründen?
A

Mit der Sonderrechtstheorie.
Bsp. für Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs: Da das Begehren auf Erlass einer Baugenehmigung als Streitgegenstand von Vorschriften des öffentlichen Baurechts bestimmt wird und somit eine öffentlich rechtliche Streitigkeit vorliegt (Sonderrechtstheorie), die Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art ist und eine anderweitige Rechtswegzuweisung nicht ersichtlich ist, ist der Verwaltungsrechtsweg gem. § 40 I 1 VwGO eröffnet.

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5
Q
  1. Die Baugenehmigung ist eindeutig ein VA. Qualifizieren Sie diese Eigenschaft konkreter!
A

Die unter den Vss. des Art. 68 I 1 BayBO zu erteilende Baugenehmigung ist die Maßnahme einer Verwaltungsbehörde (vgl. Art. 1 II BayVwVfG) auf dem Gebiet des öffentlichen Baurechts zur einseitig verbindlichen Regelung eines Einzelfalles mit Außenwirkung und somit ein VA i.S.v. Art. 35 S. 1 BayVwVfG.

Die Baugenehmigung ist ein:

  • -> mitwirkungsbedürftiger VA, d.h. es ist ein Bauantrag notwendig (Art. 64 I BayBO)
  • -> gebundener VA, d.h. es besteht ein Anspruch auf Genehmigung, wenn das Vorhaben öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind, entspricht (Art. 68 I 1 BayBO). Das ist die Konsequenz aus dem aus Art. 14 I GG folgenden subjektiv öffentlichen Recht der Baufreiheit
  • -> sachbezogener VA, d.h. die Genehmigung wird nicht einer Person, sondern für ein Vorhaben erteilt (vgl. Art. 54 II S. 3 BayBO, die Genehmigung gilt auch für die Rechtsnachfolger)

Die Baugenehmigung hat:

  • -> feststellende Wirkung, d.h. die Genehmigung stellt fest, dass das Vorhaben den im Genehmigungsverfahren geprüften öffentlich-rechtlichen Vorschriften entspricht (Art. 68 I S. 1.
  • -> rechtsgestaltende und damit gestattende Wirkung, d.h. Aufhebung des präventiven Verbots und Baufreigabe (Art. 68 V BayBO).
  • -> Doppelwirkung, d.h. für den Bauherrn begünstigende und einzelne Nachbarn evtl. belastende Wirkung.
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6
Q
  1. Was ist ein Vorbescheid?
A
Der Vorbescheid (Art. 71 BayBO) ist eine vorgezogene Entscheidung über Teilfragen der späteren Baugenehmigung.
Es ist die verbindliche, hoheitliche, befristete, schriftliche Erklärung der Bauaufsichtsbehörde, dass einem Vorhaben in bestimmter Hinsicht nach dem zur Zeit der Entscheidung geltenden öffentlichen Recht keine Hindernisse entgegenstehen. Es handelt sich bei dem Vorbescheid nicht nur um die Zusicherung einer künftigen Erteilung der Baugenehmigung, sondern um einen feststellenden VA, in dem Teile der Baugenehmigung bereits im Voraus geklärt werden.
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7
Q
  1. Welche Frage ist im Teilbaugenehmigungsverfahren streitig?
A

Strittig ist, ob Vss. für die Erteilung die vorherige Prüfung ist, dass das Gesamtvorhaben dem öffentlichen Recht grundsätzlich nicht widerspricht. Nach Ansicht des BayVGH genügt die grundsätzliche Vereinbarkeit des gesamten Vorhabens mit dem Bauplanungsrecht und den wesentlichen bauordnungsrechtlichen Vorschriften.
Sinn macht die Genehmigung eines Teils eines Vorhabens wohl nur, wenn vorher festgestellt wurde, dass gegen das Vorhaben insgesamt keine Einwendungen zu erheben sind. In die Einzelprüfung hinsichtlich des beantragten Teils ist somit gleichzeitig auch eine grundsätzliche Prüfung des Gesamtvorhabens mit einzubeziehen.

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8
Q
  1. Was bedeutet präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt?
A

Das grundsätzliche Bauverbot ist ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Anders als bei den sog. repressiven Verboten mit Befreiungsvorbehalt, bei denen eine Befreiung nur ausnahmsweise erteilt wird, hat die Baugenehmigung gem. Art. 68 I 1 Hs. 1 BayBO grds. zu ergehen, wenn das Vorhaben der “Unbedenklichkeitsprüfung” standhält.
Diese Qualifikation als präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt ist Ausdruck der gem. Art. 14 I GG grundrechtlich geschützten Baufreiheit. Folge ist, dass dem Bauherrn ein Anspruch auf die Erteilung der Baugenehmigung zusteht, wenn kein Versagungsgrund eingreift. Im Rahmen der Klagebefugnis ist immer von der Möglichkeit eines solchen Anspruchs auszugehen.

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9
Q
  1. Tritt der Freistaat vor den Verwaltungsgerichten als Kläger auf, wird er von der jeweiligen Bezirksfinanzdirektion vertreten (§§ 2 III, 1 I Nr. 3 VertrVO). Wer vertritt ihn, wenn er verklagt wird?
A

Wird der Freistaat Bayern als Träger einer Kreisverwaltungsbehörde verklagt, kommt neben der Vertretung durch Ausgangs- oder Widerspruchsbehörde auch ein Vertretung durch die Landesanwaltschaft in Betracht, Art. 16 AGVwGO, § 3 I, II 2 LABV.

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10
Q
  1. An welcher Stelle der Klausur prüft man die Frage der Beiladung?
A

Die Beiladung ist keine Sachurteilsvoraussetzung, sondern eine prozessuale Erleichterung. Mit der Beiladung werden die Beigeladenen Beteiligte des Prozesses, § 63 Nr. 3 VwGO, das Urteil hat folglich ihnen gegenüber auch materielle Rechtskraftwirkung (vgl. § 121 Nr. 1 VwGO). Die Beiladung ist als eigener Prüfungspunkt zwischen Zulässigkeit und Begründetheit zu prüfen.

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11
Q
  1. In welchem Doppelschritt prüfen Sie die Passivlegitimation bei der VK?
A
  1. Welches ist die zuständige Behörde?

2. Wer ist deren Rechtsträger?

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12
Q
  1. Wie differenzieren Sie Kreisbehörde und Kreisverwaltungsbehörde?
A

Kreisverwaltungsbehörde ist die Bezeichnung für die untere staatliche Verwaltungsbehörde.
Das LRA kann entweder gem. Art. 37 I 2 LKrO als Staatsbehörde (–> Kreisverwaltungsbehörde) oder bei Erfüllung der Aufgaben des Landkreises als Kreisbehörde i.S.v. Art. 37 I 1 LKrO tätig werden.

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13
Q
  1. Was bedeuten die Bezeichnungen “kleine” und “große” Delegation?
A

Das Staatsministerium des Innern kann größeren kreisangehörigen Gemeinden auf Antrag durch Rechtsverordnung die Aufgaben der unteren Bauaufsichtsbehörde ganz oder teilweise übertragen (sog. große Delegation).
Ferner können durch Verordnung die Aufgaben der unteren Bauaufsichtsbehörde für bestimmte Vorhaben übertragen werden (sog. kleine Delegation).

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14
Q
  1. Was versteht man unter einer baulichen Anlage i.S.d. Art. 2 BayBO?
A

Dieser Begriff ist in Art. 2 I 1 BayBO legaldefiniert. Danach sind bauliche Anlagen mit dem Erdboden verbundene, aus Bauprodukten (also künstlich) hergestellte Anlagen.
Auch ohne feste Verankerung ist eine Anlage dann mit dem Erdboden verbunden, wenn sie so schwer ist, dass sie ohne technische Hilfsmittel nicht bewegt werden kann.

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15
Q
  1. Wie werden die baulichen Anlagen eingeteilt und welche Auswirkungen hat diese Einteilung?
A

Art. 2 II BayBO definiert den Begriff des Gebäudes als Unterfall der baulichen Anlage. In Art. 2 III BayBO werden dann die Gebäude in verschiedene Gebäudeklassen eingeteilt. Art. 2 IV BayBO zählt sodann abschließend die sogenannten Sonderbauten auf.

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16
Q
  1. Sind Abbruch und Beseitigung baulicher Anlagen genehmigungsbedürftig?
A

Der Abbruch und die Beseitigung baulicher Anlagen sind nach Art. 57 V S. 1 BayBO verfahrensfrei. Im Übrigen gilt das Anzeigeverfahren nach Art. 57 V S. 2 ff. BayBO.

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17
Q
  1. Auf welchem Grundgedanken beruht die Genehmigungsfreistellung und welche Vss. hat sie?
A

Die Genehmigungsfreistellung geht von der Erwägung aus, dass es eines (präventiven) bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahrens nicht bedarf, wenn die einschlägigen Vorhaben einerseits “planungsrechtlich einfach” und andererseits “bautechnisch einfach” sind, sodass die Primärverantwortung für die rechtmäßige Ausführung des Bauvorhabens, vorbehaltlich (repressiver) bauaufsichtlicher Sanktionen, dem Bauherrn überlassen werden kann.
Art. 58 BayBO nimmt die Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung baulicher Anlagen, die keine Sonderbauten i.S.d. Art. 2 IV BayBO sind, Art. 58 I 1 BayBO, von der Genehmigungspflicht aus, wenn:
–> das Vorhaben im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans durchgeführt wird und diesen Regelungen sowie etwa geltenden örtlichen Bauvorschriften nicht widerspricht (Art. 58 II Nr. 1, 2 BayBO).
–> die Erschließung gesichert ist (Art. 58 II Nr. 3 BayBO) und
–> die Gemeinde nicht erklärt, dass das Genehmigungsverfahren durchgeführt werden soll (Art. 58 II Nr. 5 BayBO).

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18
Q

18., 19. Aus welchen Gründen kann sich für die Frage der Erteilung der Genehmigung eine Bindung der Verwaltung ergeben?

A

Bevor in die eingehende Erörterung des Art. 68 I BayBO eingestiegen wird, ist zu fragen, ob die Baugenehmigung nicht schon deshalb zu erteilen ist, weil sich die Behörde bereits wirksam gebunden hat.

z. B.:
- Anspruch aus Zusicherung, Art. 38 I BayVwVfG
- Anspruch aus öffentlich-rechtlichem Vertrag, Art. 54 ff. BayVwVfG
- Bindungswirkung des Vorbescheids, Art. 71 S. 2 BayBO

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19
Q
  1. Was versteht man unter einer Bebauungsgenehmigung?
A

Der Vorbescheid enthält bzgl. einzelner Genehmigungsvss. eine endgültige Regelung. Die Baugenehmigungsbehörde darf die im Vorbescheid entschiedenen Teilfragen nachträglich nicht mehr anders beurteilen, solange der Vorbescheid wirksam, also nicht nach Art. 48, 49 BayVwVfG aufgehoben ist.
Ist der Vorbescheid bereits bestandskräftig, wird sein Inhalt nur der Vollständigkeit halber in die Baugenehmigung übernommen, ohne dass diesbezüglich eine erneute Sachprüfung stattfindet. Die Baugenehmigung ist insoweit nur wiederholende Verfügung. Sofern der Vorbescheid die Zulässigkeit des Vorhabens in bauplanungsrechtlicher Hinsicht behandelt, spricht man von einer sogenannten Bebauungsgenehmigung.

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20
Q
  1. Kennen Sie eine Fallkonstellation, in der die erstmalig erteilte Baugenehmigung sogleich einen partiellen Zweitbescheid beinhaltet?
A

Ist ein erteilter Vorbescheid noch nicht bestandskräftig (etwa wenn die Klagefrist noch nicht abgelaufen ist), stellt die Baugenehmigung für den Nachbarn einen sog. Zweitbescheid dar. Dies bedeutet, dass das, was durch die Bebauungsgenehmigung vorab entschieden worden ist, erneut i.R.d. Baugenehmigung entschieden und zur Anfechtung gestellt wird.

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21
Q
  1. Was versteht man unter einer Teilungsgenehmigung?
A

Die Teilungsgenehmigung i.S.d. §§ 19 ff. BauGB ist ein Mittel zur Sicherung der Bauleitplanung.
Sie dient der Prüfung der bauplanungsrechtlichen Unbedenklichkeit einer beabsichtigten Grundstücksnutzung im Vorfeld. Durch diese Präventivkontrolle soll verhindert werden, dass durch Teilungen Grundstücksverhältnisse entstehen und somit Fakten geschaffen werden, die die gemeindliche Planungsfreiheit einschränken (sog. Sicherungsfunktion der Teilungsgenehmigung).

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22
Q
  1. Wird die Bauaufsichtsbehörde aufgrund einer bestandskräftigen Gaststättenerlaubnis im Baugenehmigungsverfahren gebunden?
A

Eine Bindung der Baugenehmigungsbehörde durch eine bereits vorliegende gaststättenrechtliche Erlaubnis in Bezug auf den Regelungsinhalt des § 4 I Nr. 3 GastG tritt nicht ein.

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23
Q

24., 25. Für Welche Arten von Vorhaben gilt das vereinfachte Verfahren nach Art. 59 BayBO?

A

Art. 60 BayBO ist nur bei Sonderbauten einschlägig. In allen anderen Fällen bestimmt sich das Pflichtprüfprogramm i.S.d. Art. 68 I 1 Hs. 1 BayBO nach Art. 59 BayBO, dem sog. vereinfachten Genehmigungsverfahren.

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24
Q

26., 27. Wie ist das Gemeindegebiet planungsrechtlich aufgeteilt?

A

Drei Gebietstypen:

  1. Zulässigkeit von Vorhaben im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplanes, § 30 I BauGB (Sonderfall: § 22 BauGB)
  2. Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile, § 34 BauGB (i.V.m. § 30 III BauGB beim sog. einfachen BBauPl.)
  3. Zulässigkeit von Vorhaben im Außenbereich, § 35 BauGB (i.V.m. § 30 III BauGB beim einfachen BBauPl.)
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25
Q
  1. Schafft der einfache Bebauungsplan einen eigenen Gebietstypus in der Gemeinde?
A

Ein einfacher Bebauungsplan (§ 30 III BauGB) vermag die vorgegebene Zuordnung eines Gebiets zum Innen- oder Außenbereich nicht zu ändern. Die Beschränkungen der §§ 34, 35 BauGB bleiben voll wirksam und treten neben diejenigen, die sich aus dem (einfachen) Bebauungsplan ergeben.

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26
Q
  1. Warum müssen Sie bei Eintritt in die bauplanungsrechtliche Prüfung das Tatbestandsmerkmal “bauliche Anlage” überprüfen, obwohl es bereits Vss. der Genehmigungspflichtigkeit war?
A

Der Begriff der baulichen Anlage ist im BauGB nicht definiert. Auch wenn sich der Begriff der baulichen Anlage i.S.v. § 29 I BauGB weitgehend mit Art. 2 I BayBO deckt, darf dieser nicht unmittelbar zur Erläuterung herangezogen werden. Die BayBO als Landesrecht kann nicht zur Interpretation eines bundesrechtlichen Begriffes dienen. Ansonsten hätte der bauplanungsrechtliche Begriff der baulichen Anlage bei unterschiedlicher Regelung in den verschiedenen Ländern einen jeweils unterschiedlichen Inhalt. Die bauliche Anlage i.S.v. § 29 I BauGB muss daher als eigenständiger planungsrechtlicher Begriff interpretiert werden.

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27
Q
  1. Welches Stichwort verbinden Sie mit der baulichen Anlage i.S.d. § 29 I BauGB?
A

Nach der Rspr. ist eine bauliche Anlage in diesem Sinne eine auf Dauer mit dem Erdboden verbundene künstliche Anlage, wobei sich die Dauer nach der Funktion bestimmt, die der Anlage von ihrem Eigentümer beigemessen wird.

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28
Q
  1. Anlagen, die einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen, werden wegen der formellen Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG keinem gesonderten Baugenehmigungsverfahren unterzogen. Woraus ergibt sich, dass dennoch Bauplanungsrecht zu prüfen ist?
A

Das ergibt sich zum einen aus § 29 I BauGB, da ein Vorhaben betroffen ist, das die Errichtung einer baulichen Anlage zum Inhalt hat; zum anderen auch aus § 6 I Nr. 2 BImSchG, da das Bauplanungsrecht zu den öffentlich-rechtlichen Vorschriften i.S.d. § 6 I Nr. 2 BImSchG gehört.

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29
Q
  1. Worin unterscheidet sich der qualifizierte Bebauungsplan vom einfachen?
A

Im Gegensatz zum einfachen Bebauungsplan enthält der qualifizierte Plan - eventuell zusammen mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften (BauNVO) - zumindest Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen, vgl. § 30 I BauGB.

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30
Q
  1. Was versteht man unter einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan?
A

Die Zulässigkeit von Vorhaben im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans (§ 12 I 1 BauGB) ist in § 30 II BauGB geregelt. Ein vorhabenbezogener Bebauungsplan muss nicht unbedingt die Voraussetzungen eines qualifzierten Bebauungsplanes erfüllen. Damit in diesen Fällen für die Zulässigkeit von Vorhaben nicht wie beim einfachen Bebauungsplan ergänzend auf die §§ 34, 35 BauGB zurückgegriffen werden muss, ist der vorhabenbezogene Bebauungsplan in § 30 II BauGB in seinen Rechtswirkungen dem qualifzierten Bebauungsplan gleichgestellt worden. Auch bei ihm richtet sich also die Zulässigkeit eines Vorhabens allein danach, ob es seinen Festsetzungen und - da der vorhabenbezogene Bebauungsplan nach § 12 III 2 BauGB nicht an die Festsetzungen des § 9 BauGB und der BauNVO gebunden ist - sonstigen Inhalten nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

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31
Q
  1. Wie hängen die §§ 2-14 BauNVO mit den Festsetzungen des qualifzierten Bebauungsplans zusammen?
A

Gem. § 1 III 2 BauNVO werden die §§ 2-14 BauNVO Inhalt des Bebauungsplans.

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32
Q
  1. Welchen Regelungsinhalt hat § 15 BauNVO?
A

Nach § 15 BauNVO können die in den einzelnen Baugebieten zulässigen Vorhaben im Einzelfall unzulässig sein.

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33
Q
  1. Warum muss es die Möglichkeit des Dispenses geben, wie sie in § 31 BauGB ihren Niederschlag gefunden hat?
A

Das Bauvorhaben darf grds. den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht widersprechen (Baugenehmigung als gebundener VA). Der Komplexität städtebaulicher Planung und Ordnung kann dieser Grundsatz jedoch nicht immer gerecht werden. § 31 BauGB räumt daher einen Abweichungsvorbehalt ein, der in erster Linie der Einzelfallgerechtigkeit und damit dem rechtsstaatlichen Übermaßverbot dient. § 31 BauGB bietet eine Dispensmöglichkeit für einfache und qualifizierte Bebauungspläne.

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34
Q
  1. Wie gehen Sie in der Prüfung des § 31 BauGB vor?
A

Bei der Klausurprüfung ist zunächst mit der Befreiungsmöglichkeit des § 31 I BauGB zu beginnen. Liegen dessen Vss. nicht vor, so ist die Befreiungsmöglichkeit des § 31 II BauGB zu überprüfen.

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35
Q
  1. Warum muss die untere Bauaufsichtsbehörde vor Gewährung eines Dispenses das Einvernehmen der Gemeinde einholen?
A

§ 31 II BauGB enthält als Mischtatbestand auf der Tatbestandsseite unbestimmte Rechtsbegriffe und auf der Rechtsfolgenseite eine Ermessensermächtigung. Fraglich ist allerdings, wem das Ermessen zusteht. Überzeugend erscheint, allein der Gemeinde, deren Planungshoheit betroffen ist, im Rahmen ihrer Einvernehmenserteilung nach § 36 I BauGB Ermessen einzuräumen. Die Genehmigungsbehörde ist dann an die Entscheidung der Gemeinde gebunden.

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36
Q
  1. Worin unterscheidet sich der “Innenbereich” grds. vom “Außenbereich”?
A

Die Zuordnung zu dem einen oder dem anderen Gebietstyp entscheidet in zahlreichen Fällen über die bauliche Nutzbarkeit eines Grundstücks. Während der Innenbereich nach Vorstellung des Gesetzgebers grds. bebaubar sein soll, besteht für sog. nicht-privilegierte Vorhaben im Außenbereich praktisch ein Bauverbot.

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37
Q
  1. Definieren Sie “im Zusammenhang bebaute Ortsteile”!
A

Def.: Unter “im Zusammenhang bebaute Ortsteile” i.S.d. § 34 BauGB ist mit der ständigen Rspr. jede Bebauung im Gebiet einer Gemeinde zu verstehen, die - trotz vorhandener Baulücken - den Eindruck von Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit erweckt, nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht hat und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Maßgeblich für die Beurteilung ist die jeweils vorhandene Bebauung. Für die Beurteilung der Frage, ob eine zusammenhängende Bebauung ein Ortsteil i.S.v. § 34 I BauGB ist, ist nur auf die Bebauung im jeweiligen Gemeindegebiet - nicht auf die in der angrenzenden Nachbargemeinde - abzustellen. Auch zwei unmittelbar aneinandergrenzende Grundstücke können unterschiedlichen Baugebieten angehören, wenn z.B. einem Steilhang oder anderen topographischen Gegebenheiten eine trennende Funktion zukommt.

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38
Q
  1. Skizzieren Sie anhand des Gesetzestextes das Prüfungsschema zu § 34 I BauGB
A

Nach § 34 I BauGB ist ein Bauvorhaben zulässig, wenn:
1. es im Innenbereich liegt,
2. es sich hinsichtlich
- der Art der baulichen Nutzung,
- des Maßes der baulichen Nutzung,
- der Bauweise,
- der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll,
in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt
3. die Erschließung gesichert ist,
4. die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse gewahrt bleiben, § 34 I 2 BauGB,
5. das Ortsbild nicht beeinträchtigt wird, § 34 I 2 BauGB,
6. es den Festsetzungen eines evtl. bestehenden einfachen Bebauungsplans (§ 30 III BauGB) nicht widerspricht,
7. keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden sind, § 34 III BauGB, und
8. die Gemeinde ihr Einvernehmen nach § 36 I 1 BauGB erteilt hat.
(3.,4.,5. meist unproblematisch)

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39
Q
  1. Wie stellen Sie fest, ob sich ein Vorhaben in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt?
A
  1. Feststellung der Umgebung
    (Bereich, auf den sich das Vorhaben auswirken kann und der andererseits selbst das Baugrundstück prägt)
  2. Feststellung der dortigen Bebauung
    (anhand der oben genannten Kriterien: Art und Maß, Bauweise, überbaute Fläche, diesbzgl. ist die BauNVO als Auslegungshilfe heranzuziehen); Fremdkörper in der Umgebung bleiben dabei außer Betracht
  3. Prüfung, ob das geplante Vorhaben diesen Rahmen einhält,
  4. Überprüfung des Vorhabens anhand des Gebots der Rücksichtnahme (Abwägung)
  5. Sollte das Vorhaben sich nach diesen Kriterien als unzulässig erweisen, ist eine Befreiung nach § 34 IIIa BauGB zu prüfen.
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40
Q
  1. Wie wird diese Prüfung durch § 34 II BauGB modifiziert?
A

Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete der BauNVO, so ist ein Vorhaben nach seiner Art nur zulässig, wenn es nach der BauNVO in dem Gebiet zulässig wäre, § 34 II Hs. 1 BauGB. Gem. § 34 II Hs. 2 BauGB findet § 31 BauGB entsprechende Anwendung auf nach der BauNVO ausnahmsweise zulässige Vorhaben. Bleiben hinsichtlich der Zuordnung Zweifel, so ist allein § 34 I BauGB anzuwenden. Diese Bezugnahme auf die BauNVO gilt allerdings nur für die Art der baulichen Nutzung. Es bedarf insoweit keiner Prüfung, ob sich das Vorhaben einfügt oder nicht. Hinsichtlich der anderen in § 34 I 1 BauGB genannten Kriterien bleibt es bei der oben dargestellten Prüfung.
Zu beachten ist, dass auch bei § 34 II BauGB das Gebot der Rücksichtsnahme gilt.

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41
Q
  1. Definieren Sie den Begriff “Außenbereich”!
A

Der Begriff des Außenbereichs wird dadurch definiert, dass keiner der in §§ 30 I, 34 BauGB genannten Bereiche einschlägig ist.

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42
Q
  1. Wie ist § 35 BauGB strukturiert?
A

Von den drei Planungsbereichen (§§ 30, 34, 35 BauGB) ist der Außenbereich derjenige, in dem grds. nicht gebaut werden soll.
Hinsichtlich bestimmter (sog. privilegierter) Vorhaben macht § 35 I BauGB hiervon jedoch Ausnahmen. Sonstige (nicht-privilegierte) Vorhaben sind nur in Einzelfällen zulässig (§ 35 II BauGB).
§ 35 III BauGB zählt die wichtigsten Gründe auf, die gegen ein Vorhaben im Außenbereich sprechen können und somit bei der Entscheidung über die Zulässigkeit mit den für das Vorhaben sprechenden Gründen abgewogen werden müssen.

43
Q
  1. Warum sind bestimmte Vorhaben im Außenbereich privilegiert? Wie verträgt sich das mit dem grds. Bauverbot im Außenbereich?
A

Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass es für bestimmte Vorhaben gerade besondere Gründe für einen Standort im Außenbereich gibt.

44
Q
  1. Welcher der Privilegierungstatbestände des § 35 I BauGB ist besonders wichtig?
A

I.R.d. Privilegierungstatbestände kommt dem § 35 I Nr. 4 BauGB ganz allgemein die Funktion eines Auffangtatbestandes zu. In Form einer limitierten Generalklausel fasst er gerade unter der Alternative “besondere Zweckbestimmung” alle Vorhaben zusammen, die auf einen Standort im Außenbereich angewiesen sind.

45
Q
  1. Wann ist ein Betriebsteil noch ortsgebunden i.S.d. § 35 I Nr. 3 BauGB?
A

Das BVerwG stellt darauf ab, ob zu dem ortsgebundenen Betrieb aufgrund technischer Erfordernisse typischerweise auch nicht ortsgebundene Tätigkeit gehören.

46
Q
  1. Wann widerspricht ein Vorhaben den Darstellungen des Flächennutzungsplanes gem. § 35 III Nr. 1 BauGB?
A

Bei einem Widerspruch zu den Darstellungen des Flächennutzungsplanes ist zu beachten, dass nur sachlich konkrete, standortbezogene Aussagen in einem Flächennutzungsplan der Zulässigkeit eines privilegierten Vorhabens entgegenstehen.
Die bloße Darstellung von Flächen für die Landwirtschaft enthält im Allgemeinen keine solche qualifizierte Standortzuweisung.

47
Q
  1. Wo ist das Gebot der Rücksichtsnahme als öffentlicher Belang in § 35 BauGB verankert?
A

In § 35 III 1 Nr. 3 (“schädliche Umwelteinwirkungen”)

48
Q
  1. Kann ein Widerspruch zu einem öffentlichen Belang durch die Entsprechung mit anderen öffentlichen Belangen kompensiert werden?
A

Bei der Beurteilung der Zulässigkeit ist eine Abwägung zwischen den privaten Interessen des Bauwilligen und den öffentlichen Belangen vorzunehmen. Im Gegensatz zu § 1 VII BauGB handelt es sich hierbei um eine “nachvollziehende, die allgemeine gesetzliche Wertung für den Einzelfall konkretisierende Abwägung”, die anders als die Abwägung nach § 1 VII BauGB gerichtlich voll nachgeprüft werden kann.
Dabei zu beachten: Ein Vorhaben, dem bestimmte öffentliche Belange nach einer Abwägung entgegenstehen, kann auch nicht im Wege der Kompensation mit anderen öffentlichen Belangen, die für das Vorhaben sprechen mögen, genehmigt werden.

49
Q
  1. Gilt § 35 III BauGB auch für § 35 I BauGB? Welche Wertung des Gesetzgebers ist der unterschiedlichen Wortwahl zwischen I und II zu entnehmen?
A

§ 35 III 1 BauGB enthält einen (allerdings nicht abschließenden Katalog) der in Betracht kommenden Belange. Die Vorschrift des § 35 III 1 BauGB ist entgegen dem Wortlaut “Beeinträchtigung” auch bei § 35 I zumindest entsprechend heranzuziehen, der vom “Entgegenstehen” öffentlicher Belange spricht.
Alle nicht nach § 35 I BauGB privilegierten Vorhaben sind sonstige Vorhaben i.S.d. § 35 II BauGB

50
Q
  1. Warum ist § 35 II BauGB keine Ermessensnorm?
A

Dem Wortlaut nach (“können”) räumt § 35 II BauGB der Genehmigungsbehörde einen Ermessensspielraum ein. Der Bauwillige hätte somit lediglich Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung. Nach h.M. besteht jedoch, liegen die Vss. vor, auch hier ein Rechtsanspruch auf Zulassung des Vorhabens.
Begründet wird dies damit, dass die Prüfung der Beeinträchtigung öff. Belange die Entscheidung über einen unbestimmten Rechtsbegriff zum Gegenstand hat. Sind keine öff. Belange beeinträchtigt, sei nach dem Gesetz kein Raum für weitere rechtliche Erwägungen, die eine Ablehnung zur Folge haben könnten. Ein zusätzlicher Ermessensspielraum in diesem Bereich brächte der Genehmigungsbehörde die Möglichkeit, den Inhalt des Eigentums zu bestimmen. Das jedoch sei dem Gesetzgeber vorbehalten (Art. 14 I 2 GG). Es wäre überdies unvhm. eine Baugenehmigung auch dann zu versagen, wenn keinerlei Belange beeinträchtigt sind. Das Ermessen der Behörde ist quasi immer auf Null reduziert. Es handelt sich somit um eine verfassungskonforme Auslegung des § 35 II BauGB.

51
Q
  1. Was versteht man unter “teilprivilegierten” Vorhaben?
A

Einzelne Vorhaben i.S.d. § 35 II BauGB werden gem. § 35 IV BauGB in ihrer Durchführung rechtlich dadurch begünstigt, dass ihnen bestimmte öffentliche Belange i.S.d. § 35 III 1 BauGB nicht entgegengehalten werden können. Gerechtfertigt wird diese gesetzgeberische Entscheidung dadurch, dass es in allen Fällen um schon im Außenbereich bestehende, zulässigerweise errichtete Anlagen geht. Es liegen also Gedanken des (aktiven) Bestandsschutzes zugrunde.

52
Q
  1. An welcher Stelle der Klausur prüfen Sie § 33 BauGB?
A

Die Behandlung des § 33 BauGB an dieser Stelle, also nach den §§ 30, 34, 35 BauGB, weicht zwar von der gesetzlichen Reihenfolge ab, gleichwohl entspricht allein dies dem Prüfungssystem.

53
Q
  1. Was verstehen Sie unter “positiven Zulässigkeitstatbestand”? Welche Folgerung schließen Sie daraus bei Unzulässigkeit eines Vorhabens?
A

Die Vorschrift des § 33 BauGB schafft keinen zusätzlichen, neben §§ 30, 34, 35 BauGB bestehenden planungsrechtlichen Bereich, sondern enthält ausschließlich einen die zunächst negative Beurteilung nach §§ 30, 34 oder 35 BauGB aufhebenden positiven Zulässigkeitstatbestand. Stets ist also zuerst zu prüfen, ob ein Vorhaben nach §§ 30, 34, 35 BauGB zulässig ist. Ist dies der Fall, findet § 33 BauGB keine Anwendung.
Aus § 33 BauGB kann sich nie die Unzulässigkeit eines Vorhabens ergeben. Dies widerspräche dem Charakter dieser Vorschrift als positivem Zulässigkeitstatbestand. Wenn § 33 BauGB nicht weiterhilft, ist das Vorhaben gem. § 30 I BauGB oder § 34 BauGB oder § 35 BauGB unzulässig.

54
Q
  1. Wie kann eine typische Klausurvariante zu § 33 BauGB aussehen?
A
  1. § 30 BauGB scheitert, da bislang noch kein wirksamer Bebauungsplan vorhanden ist.
  2. § 34 BauGB scheitert, da Vorhaben nach ausführlicher Abgrenzung zu § 35 BauGB im Außenbereich liegt.
  3. § 35 I BauGB scheitert, da kein privilegiertes Vorhaben vorliegt, § 35 II BauGB scheitert, da öffentliche Belange beeinträchtigt sind.
  4. Vorhaben aber nunmehr nach § 33 BauGB zulässig bzw. nach §§ 34, 35 BauGB unzulässig (vgl. Punkte 2./3.)
55
Q
  1. Was bedeuten “passiver” und “aktiver” Bestandsschutz? In welchen Fallkonstellationen sind diese jeweils von Belang?
A

Im Einzelfall kann ein Vorhaben auch dann zulässig sein, wenn die Voraussetzungen der §§ 30, 34, 35, 33 BauGB nicht vorliegen. Die Rspr. hat unter den Gesichtspunkten des Bestandsschutzes und der eigentumskräftig verfestigten Anspruchsposition Grundsätze für die Zulässigkeit von Vorhaben entwickelt, die sich unmittelbar aus Art. 14 GG ergeben.
Der aus Art. 14 GG hergeleitete Bestandsschutz bezieht sich in erster Linie auf die Fälle nunmehr nicht rechtmäßiger baulicher Anlagen, die zu irgendeinem Zeitpunkt rechtmäßig gewesen sind. Aus dem Grundsatzes des Bestandsschutzes ergibt sich das Recht, diesen Zustand erhalten zu dürfen. Kommt dem Bestandsschutz eine solche bewahrende, abwehrende Funktion zu, spricht man vom passiven Bestandsschutz.
I.R.d. beantragten Baugenehmigung, ist der sog. aktive (oder überwirkende) Bestandsschutz von Bedeutung. In Ausnahmefällen konnten dadurch Nutzungsänderungen oder Erweiterungsbaumaßnahmen zulässig werden, die für eine sinnvolle Nutzung der im Bestand geschützten Anlage erforderlich sind. Der aktive Bestandsschutz ist jedoch mittlerweile aufgegeben worden, damit nicht auf diesem Weg die in den Baugesetzen vom Gesetzgeber explizit vorgegebenen Bestimmungen (vgl. Art. 35 IV BauGB) umgangen werden.

56
Q

59., 60., 61. Was versteht man unter “gesicherter Erschließung”?

A

Zur Erschließung im umfassenden Sinn gehört, dass das Gebiet sowohl verkehrsmäßig und technisch als auch in sozialer Hinsicht (z.B. Grünanlagen) erschlossen ist.
Die Erschließung i.S.d. §§ 30 ff. BauGB erfordert zumindest den Anschluss des Baugrundstücks an das öffentliche Straßennetz, seine Versorgung mit Wasser und (zumindest im Innenbereich) mit Strom sowie eine Möglichkeit zur Abwasserbeseitigung.

57
Q
  1. Was ist der Zweck einer Veränderungssperre?
A

Veränderungssperren (§§ 14 ff. BauGB) bezwecken die Sicherung der beabsichtigten bauplanerischen Festsetzungen im Zeitraum der Aufstellung, Änderung oder Aufhebung von Bebauungsplänen. Durch die Untersagung von Änderung baulicher Anlagen kann die mit einem Aufstellungsbeschluss eingeleitete Planung gesichert werden.

58
Q
  1. Wann ist die Zurückstellung des Baugesuchs möglich?
A

Liegen die Vss. für den Erlass einer Veränderungssperre vor, wurde diese aber nicht beschlossen bzw. ist sie noch nicht in Kraft getreten, so ist die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens auf Antrag der Gemeinde nach Maßgabe des § 15 I 1 BauGB auszusetzen, wenn zu befürchten ist, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde.

59
Q
  1. Was steht im Mittelpunkt des Bauordnungsrechts? Welche Funktion kommt ihm zu?
A

Das Bauordnungsrecht regelt die Errichtung, Änderung, Nutzung und den Abbruch von baulichen Anlagen, insbesondere von Gebäuden.
Im Mittelpunkt steht das einzelne Bauwerk mit seinen Eigenschaften (z.B. Benutzbarkeit) sowie seine Beziehung zur unmittelbaren Nachbarschaft. Zentrale Funktion des Bauordnungsrechts ist die Gefahrenabwehr (Erhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung). Daneben soll es Verunstaltungen vorbeugen und Missstände bei der Benutzung der Gebäude verhindern.

60
Q
  1. Was gehört zur öffentlichen Sicherheit und Ordnung?
A

Diesen Begriffen kommt hier eine andere Bedeutung zu als im allgemeinen Sicherheitsrecht.
Zur öffentlichen Sicherheit gehört die Erhaltung der Unversehrtheit von Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre und Vermögen sowie der Rechtsordnung und der grundlegenden Einrichtungen des Staates.
Unter der öffentlichen Ordnung ist die Gesamtheit jener ungeschriebenen Regeln für das Verhalten des Einzelnen in der Öffentlichkeit zu verstehen, deren Beachtung nach den jeweils herrschenden Anschauungen als unerlässliche Vss, eines geordneten staatsbügerlichen Gemmeinschaftslebens betrachtet wird.

61
Q
  1. Was sind Abstandsflächen und wozu dienen sie?
A

Unter Abstandsflächen sind die Flächen vor den Außenwänden von Gebäuden zu verstehen, die von (oberirdischen) baulichen Anlagen freizuhalten sind (Art. 6 I 1 BayBO). Gen. Art. 6 I 2 BayBO gilt diese Regel auch für andere bauliche Anlagen sowie andere Anlagen und Einrichtungen sinngemäß, wenn von diesen Wirkungen wie von Gebäuden ausgehen.
Abstandsflächen dienen in erster Linie der ausreichenden Belichtung, Belüftung und Besonnung von Gebäuden sowie dem Brandschutz. Sie schaffen Freiflächen für notwendige Nebenanlagen (z.B. Spielplätze, Stellplätze) und sollen insgesamt dazu beitragen, den nachbarlichen Wohnfrieden zu wahren.

62
Q
  1. Was besagt das Verunstaltungsgebot und wo ist es geregelt?
A

Art. 8 S. 1 BayBO –> Bauliche Anlagen sind demnach (insb. hinsichtlich Form und Farbe) so zu gestalten, dass sie nicht verunstaltend wirken.
Verunstaltend wirkt die Anlage nur, wenn sie “das ästhetische Empfinden eines gebildeten Durchschnittsbetrachters verletzt”. Dass die Anlage als unschön empfunden wird, genügt nicht.

63
Q
  1. Ist eine Werbeanlage eine bauliche Anlage?
A

Ja. Art. 8 S. 3 BayBO stellt zusätzlich klar, dass eine störende Häufung von Werbeanlagen unzulässig ist.

64
Q
  1. Welche Möglichkeiten gibt die BayBO dem Bauherrn zur Erfüllung seiner Stellplatzpflicht?
A
  • Auf dem Baugrundstück selbst, Art. 47 III Nr. 1 BayBO (Regelfall),
  • In der Nähe des Baugrundstücks, Art. 47 III Nr. 2 BayBO
  • Durch die Gemeinde im Wege eines Ablösungsvertrages, Art. 47 III Nr. 3 BayBO
65
Q
  1. Auf welchen Zeitpunkt kommt es in der VK für die Entscheidung des Gerichts an?
A

Faustregel: Der Anspruch auf Vornahme des VA bzw. erneute Bescheidung muss im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bestehen. Entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung gem. § 84 VwGO durch Gerichtsbescheid, kommt es auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an.

66
Q
  1. Steht die Erteilung eines Vorbescheides im Ermessen der unteren Bauaufsichtsbehörde?
A

Anspruchsgrundlage für die Erteilung des Vorbescheides ist Art. 71 S. 1 u. S. 4 BayBO i.V.m. Art. 68 I 1 BayBO. Schon nach dem Wortlaut des Art. 71 S. 1 BayBO besteht für die Bauaufsichtsbehörde kein Ermessensspielraum in der Frage, ob ein Vorbescheid zu erteilen ist.

67
Q
  1. Welche formelle Vss. ist im Unterschied zum Vorbescheid bei der Teilbaugenehmigung Anspruchsvoraussetzung?
A

Als formelle Vss. muss ein den Anforderungen der Art. 64 ff. BayBO entsprechender Bauantrag bereits eingereicht sein (Art. 70 S. 1 BayBO)

68
Q
  1. Was versteht man unter der Teilung eines Grundstücks?
A

§ 19 BauGB

69
Q
  1. Was unterscheidet das Negativattest vom Fiktionszeugnis?
A

AGL für das Fiktionszeugnis ist § 22 V 5 BauGB iVm § 22 V 4 BauGB. Formelle Vss. sind die Stellung eines vollständigen Antrages und das Verstreichen der Monatsfrist des S. 2 bzw. der verlängerten Frist des S. 3.
Materielle Vss. des Fiktionszeugnisses ist die Genehmigungspflichtigkeit aufgrund des § 22 I BauGB.
AGL des Negativattestes ist § 22 VIII BauGB.

70
Q

75., 76. Nennen Sie einige typische Fallvarianten für das Anfechtungsbegehren im Baurecht!

A
  • Anfechtung einer Baugenehmigung (bzw. eines Vorbescheides/einer Teilbaugenehmigung) durch den Nachbarn
  • einstweiliger Rechtsschutz des Nachbarn gegen eine Baugenehmigung etc.
  • Anfechtung eines Aufhebungsbescheides durch den Bauherrn (ggf. auch eines Widerspruchsbescheids nach erfolgreicher Drittanfechtung der Baugenehmigung)
  • Anfechtung der Baugenehmigung durch eine Gemeinde bei fehlendem Einvernehmen
  • Anfechtung einer bauaufsichtlichen Maßnahme (z.B. Baubeseitigungs-, oder Nutzungsuntersagungsanordnung)
  • isolierte Anfechtung von Nebenbestimmungen der Baugenehmigung
71
Q
  1. Was besagt die Schutznormtheorie?
A

Ob eine Vorschrift des Baurechts dem betroffenen Nachbarn tatsächlich eigene Rechte gewährt, ist nach einhelliger Meinung durch Auslegung der Norm zu ermitteln. Insbesondere der Wortlaut der Vorschrift, der systematische Zusammenhang sowie der Schutzzweck der Norm (= Schutznormtheorie) sind heranzuziehen. Wichtig ist dabei vor allem, dass der Nachbarschutz nicht lediglich faktisch (bloßer Rechtsreflex) erfolgt, sondern auch ausdrücklich vom Normgeber beabsichtigt ist.

72
Q
  1. Nennen Sie die wichtigsten nachbarschützenden Normen des Bauordnungs- und Bauplanungsrechts!
A

Bauordnungsrecht oft
- Art. 6 BayBO in Hinblick auf die Einhaltung von Abstandsflächen, soweit keine diesbezüglichen Festsetzungen in einem Bebauungsplan vorhanden sind.
- Art. 9 und 11 BayBO in Hinblick auf Baustellen und sonstige mögliche Einwirkungen auf Grundstücke
Bauplanungsrecht an sich (-), aber: z.B.
- Festsetzungen des Bebauungsplans, soweit diese Nachbarschutz beabsichtigen
- § 15 I 2 BauNVO als gesetzlich geregelter Fall des Gebots der Rücksichtnahme,
- § 31 BauGB in Hinblick auf die Würdigung nachbarlicher Interessen,
- § 34 I BauGB bzgl. des Merkmals “Einfügen”, § 34 II BauGB i.V.m. § 15 I 2 BauNVO, § 34 IIIa BauGB.
- § 35 III 1 Nr. 3 BauGB als Niederschlag des Gebots der Rücksichtnahme.

73
Q
  1. Wie stellen Sie fest, ob es sich beim Kläger um einen Nachbarn i.S.d. Baurechts handelt?
A

Räumliche Abgrenzung: Nachbarn sind jeweils all diejenigen, deren Grundstücke von den Auswirkungen des geplanten Vorhabens berührt werden können.
Personelle Abgrenzung: Geschützt sind zunächst grds. die Eigentümer der benachbarten Grundstücke, bei Miteigentum oder Wohnungseigentum jeder Rechtsinhaber. Diesen Personen gleichgestellt sind die Inhaber beschränkt dinglicher Rechte, die in Bezug auf das Grundstück eine eigentümerähnliche Stellung haben (z.B. Erbbauberechtigte).

74
Q
  1. Warum ist der Inhaber eines dinglichen Vorkaufsrechts nicht wie ein Eigentümer Nachbar?
A

Da der Eintritt des Vorkaufsfalles ungewiss ist und damit die Rechtsstellung des Vorkaufsberechtigten nicht in der vergleichbaren Weise gesichert ist.

75
Q
  1. Kann ausnahmsweise auch der Eigentümer einmal Nachbar sein?
A

Nein, wenn der Bauherr nicht Eigentümer ist, besteht keine Klagebefugnis des Grundstückseigentümers gegenüber dem Bauherrn.

76
Q
  1. Was bewirkt die Nachbarunterschrift auf den Bauvorlagen?
A

Erfolgt die Unterschrift, so erteilt der Nachbar damit seine Zustimmung zum Bauvorhaben bzw. er verzichtet damit auf die ihm zustehenden subjektiv-öffentlichen Rechte (Art. 66 I 2 BayBO). Rechtsbehelfe sind nach der Nachbarunterschrift deshalb nicht mehr möglich, da ansonsten ein widersprüchliches Verhalten des Nachbarn vorliegen würde. Die Klage ist deshalb nach wohl h.M. entweder wegen fehlender Klagebefugnis oder wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses unzulässig.

77
Q
  1. Wie wirkt sich die materielle Präklusion des § 10 III 5 BImSchG auf die Nachbarklage aus?
A

Wegen der formellen Konzentrationswirkung der §§ 13, 6 I Nr. 2 BImSchG kann in der Baurechtsklausur die Ausschlussvorschrift des § 10 III 5 BImSchG an Bedeutung gewinnen. Allerdings sind die nicht im Auslegungsverfahren des § 10 III BImSchG vorgebrachten Einwendungen nach S. 5 nur “für das Genehmigungsverfahren also nicht für das Gerichtsverfahren, ausgeschlossen. Es handelt sich nur um eine formelle, nicht um eine materielle Präklusion.

78
Q
  1. Ist ein Rechtsmittelverzicht zulässig?
A

Verzichtet der Nachbar z.B. gegen Entgelt auf die ihm möglichen “Rechtsmittel”, so ist die Klage bereits unzulässig, wenn dieser Verzicht gegenüber der Behörde erklärt wird. Wird er nur dem Bauherrn ggü erklärt, muss dieser Verzicht vom Bauherrn als Einrede erhoben werden. Allerdings kann ein Verzicht auf Rechtsmittel nicht vor Bekanntgabe des betreffenden VA erfolgen.

79
Q
  1. Dem Nachbarn wurde keine Ausfertigung der Baugenehmigung zugestellt bzw. die Zustellung war fehlerhaft. Wo in der Klausur ist dieser Umstand zu problematisieren?
A

Im Rahmen der Klagefrist. Dem Nachbarn ist eine Ausfertigung der Baugenehmigung zuzustellen, wenn er dem Vorhaben nicht zugestimmt hat oder seinen Einwendungen nicht entsprochen wurde (Art. 66 I 6 BayBO). Die Zustellung richtet sich dabei nach den Vorschriften des BayVwZVG, vgl. Art. 41 V BayVwVfG, Art. 1 I BayVwZVG. Erst die ordnungsgemäße Zustellung setzt die Ein-Monats-Frist nach §§ 74 I 2, 57 VwGO für mögliche Rechtsbehelfe des Nachbarn in Lauf.

80
Q
  1. Kann der Nachbar bei einem Zustellungsmangel die Baugenehmigung unbegrenzt anfechten?
A

Ist die Zustellung unterblieben oder liegt ein Zustellungsmangel vor, ist der Bescheid dem Nachbarn ggü. nicht wirksam bekanntgegeben geworden, so dass die Klagefrist ihm ggü. nicht zu laufen beginnt. Allerdings ist eine Heilung nach Art. 9 BayVwZVG in Betracht zu ziehen, wenn der Zustellungsmangel behoben wird, bspw. wenn in den Fällen des Art. 8 I 2 BayVwZVG das Schreiben vom Mandanten an den Anwalt weitergeleitet wird.

81
Q

87., 88. Wie ist der Bauwerber in der Nachbaranfechtungsklage am Prozess beteiligt?

A

Insbesondere im Bereich der Nachbarklage liegt stets ein Fall der notwendigen Beiladung vor (§ 65 II VwGO), da der Bauherr durch die Gerichtsentscheidung unmittelbar betroffen ist und die Entscheidung auch ihm ggü. erfolgen muss. Der Bauherr ist damit ebenfalls Beteiligter des Rechtsstreits, §§ 63 Nr. 3, 65 II VwGO (separater Prüfungspunkt neben Zulässigkeit und Begründetheit)

82
Q
  1. Art. 46 BayVwVfG erklärt Fehler der örtlichen Zuständigkeit unter bestimmten Umständen für unbeachtlich. Welche Vorschrift der BayBO ergänzt diese Regelung bzgl. der sachlichen Zuständigkeit?
A

Nach Art. 53 II 5 BayBO führt ein Verstoß gegen die sachliche Zuständigkeit nach Art. 53 II 1 Nr. 2 BayBO dann nicht zur Aufhebung des VAs, wenn diese Zuständigkeit nur wegen der Nichtigkeit des zugrundeliegenden Bebauungsplans nicht begründet war. Anders ist zu entscheiden, wenn die Unwirksamkeit des Bebauungsplans nach § 47 V 2 VwGO bereits festgestellt war.

83
Q
  1. Wie ist der Behördenaufbau im Baurecht?
A
  1. Oberste Bauaufsichtsbehörde (Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr)
  2. Höhere Bauaufsichtsbehörde (Regierungen)
  3. Untere Bauaufsichtsbehörde (Kreisverwaltungsbehörden)
84
Q
  1. Beschreiben Sie kurz die wichtigsten Schritte im Baugenehmigungsverfahren!
A
  1. Nachbarbeteiligung
  2. Antrag des Bauherrn
  3. Bauvorlageberechtigung
  4. Vorlage bei Unzuständigkeit der Gemeinde
  5. Schriftlicher Erlass der Baugenehmigung und Zustellung
  6. Begründung der Baugenehmigung
85
Q
  1. Wie ist Art. 66 BayBO (Nachbarbeteiligung) dogmatisch einzuordnen?
A

Art. 66 BayBO ist eine allein verfahrensrechtliche Regelung. Der Nachbar kann eine Genehmigung nicht mit dem Hinweis angreifen, er sei im Genehmigungsverfahren nicht beteiligt worden.

86
Q
  1. Was bedeuten die Begriffe “defensive” und “offensive” Nachbarklage?
A

Die tatsächliche Beeinträchtigung des Nachbarn ist im Baurecht regelmäßig unproblematisch. Der Nachbar ist bspw. beeinträchtigt, wenn von dem geplanten Vorhaben nachteilige Auswirkungen auf sein Grundstück ausgehen (sog. defensive Nachbarklage). Er ist aber auch beeinträchtigt, wenn das geplante Vorhaben Emissionen ausgesetzt würde, die von seinem Grundstück ausgehen, da er dann mit Auflagen zur Emissionsbeschränkung rechnen muss (sog. offensive Nachbarklage).

87
Q

94., 95. Wann ist das Gebot der Rücksichtnahme drittschützend?

A

Die gesetzliche Normierung des Gebots der Rücksichtsnahme ist per se nicht nachbarschützend. Die drittschützende Wirkung ist nur dann zu bejahen, wenn nach den Umständen des konkreten Einzelfalles in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn entweder die tatsächlichen Umstände handgreiflich ergeben, auf wen Rücksicht zu nehmen ist, oder aber eine besondere rechtliche Schutzwürdigkeit des Betroffenen anzuerkennen ist.

88
Q
  1. Nennen Sie Normen des BauGB, auf die das Gebot der Rücksichtnahme gestützt wird!
A
  • § 30 BauGB iVm § 15 I BauNVO (“Belästigung, Störung”)
  • § 31 II BauGB (“nachbarliche Interessen”)
  • § 34 I BauGB (“einfügen”)
  • § 35 III 1 Nr. 3 BauGB (“schädliche Umwelteinwirkungen”)
89
Q
  1. Wann kann ausnahmsweise der Nachbar unmittelbar auf Art. 14 GG als drittschützendes Recht verweisen?
A

Nur in Ausnahmefällen kann sich der Nachbarschutz auch unmittelbar aus Art. 14 I GG ergeben. Durch eine gegen bauplanungsrechtliche Vorschriften verstoßende Genehmigung kann ein Nachbar in seinem Eigentumsrecht verletzt sein, wenn diese die vorgegebene Grundstückssituation nachteilig verändert und dadurch den Nachbarn schwer und unerträglich trifft.

90
Q
  1. Nennen Sie den wichtigsten Fall des § 80 II Nr. 3 VwGO im Baurecht!
A

Widerspruch und AK des Nachbarn haben gem. § 212 a BauGB grds. keine aufschiebende Wirkung. Es fehlt am sog. Suspensiveffekt, der nach § 80 I 2 VwGO auch grds. bei der Anfechtung von VAen mit Doppelwirkung eintritt. § 212a BauGB ist damit ein Ausnahmefall iSd § 80 II 1 Nr. VwGO.

91
Q
  1. Wann ist ein Antrag nach § 80 V VwGO statthaft?
A

In Abgrenzung zum Rechtsschutz nach § 123 VwGO greift der Rechtsschutz nach §§ 80 V, 80a III VwGO nur in den Fällen, in denen es um die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und AK geht, also in der Hauptsache die AK richtige Klageart ist, vgl. § 123 V VwGO. Da der Nachbar regelmäßig die Baugenehmigung als VA anfechten will, ist hier das Verfahren nach §§ 80 V, 80a II VwGO einschlägig.

92
Q
  1. Was ist Prüfungsmaßstab der Begründetheit im § 80 V VwGO-Verfahren?
A

Da beim Verfahren nach §§ 80a III, 80 V VwGO kein Urteil, sondern ein Beschluss ergeht, erfolgt auch keine abschließende Beurteilung der Hauptsache. Vielmehr erfolgt eine Abwägung bzgl. der Interessen des Antragstellers und des Antragsgegners in Hinblick auf den Vollzug. Der Antrag ist folglich auch nur dann begründet, wenn die Interessen des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung die Interessen des Bauherrn an der Möglichkeit des Vollzugs überwiegen. Indiz für die Interessenlage sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache, die damit vom Gericht in einer summarischen Prüfung zu untersuchen sind. Das Gericht trifft damit eine originäre Ermessensentscheidung ohne vollständige Beweisaufnahme.

93
Q
  1. Wie wirken sich die Erfolgsaussichten in der Hauptsache aus?
A

Wie im direkten Anwendungsfall des § 80 II 1 Nr. 4, V VwGO sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache ein Indiz für die Interessenabwägung.

94
Q
  1. Der Bauherr möchte sich gegen die Aufhebung seiner Baugenehmigung durch die untere Bauaufsichtsbehörde zur Wehr setzen. Versuchen Sie den typischen Ablauf dieses sehr klausurrelevanten Fallvariante zu skizzieren.
A
  1. Zulässigkeit der Klage
    a) Klageart
    b) Klagebefugnis, § 42 II VwGO
  2. Begründetheit der Klage
    a) Passivlegitimation
    b) Rechtsgrundlage, Art. 48, 49 BayVwVfG?
    aa) formelle Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung
    bb) materielle Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung
    - -> Genehmigung rechtswidrig
    c) Rücknahme nah Art. 48 BayVwVfG
    aa) formelle Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheids
    bb) materielle Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheids
    - -> Anwendbarkeit v. Art. 50 BayVwVfG
    - -> summarische Prüfung von:
    (1) Zulässigkeit der Nachbarklage
    (2) Begründetheit der Nachbarklage str.
    (3) wenn unzulässig oder evident unbegründet, ggf. Ermessensprüfung
    (4) ggf. Rechtsverletzung des Klägers
95
Q

103., 104., 105., 106. Führt das Fehlen des gemeindlichen Einvernehmens nach neuer Rechtslage immer zur Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung?

A

Das Einvernehmen der Gemeinde ist bei Entscheidungen nach § 30 BauGB nicht notwendig. In diesen Fällen ist der Maßstab für die Zulässigkeit durch den gemeindlichen Bebauungsplan bereits vorgegeben. Nach § 36 I 3 BauGB soll jedoch sichergestellt werden, dass die Gemeinde rechtzeitig vor Ausführung des Vorhabens über Maßnahmen zur Sicherung nach §§ 14, 15 BauGB entscheiden kann.

96
Q
  1. Hat die Gemeinde in der Frage des Einvernehmens einen Ermessensspielraum? Gibt es Ausnahmen?
A

Das Mitwirkungsrecht der Gemeinde ist auf das Bauplanungsrecht beschränkt. Das Einvernehmen darf nur aus den in §§ 31, 33 - 35 BauGB genannten Gründen versagt werden, § 36 II 1 BauGB. Daraus ergibt sich, dass der Gemeinde in diesem Zusammenhang kein Ermessen oder eine sonstige Entscheidungsfreiheit zusteht. Soweit nach diesen Vorschriften ein Rechtsanspruch auf Zulassung des Vorhabens besteht, ist die Gemeinde zur Erteilung ihres Einvernehmens verpflichtet.
Ausnahme: Beantragt der Bauherr einen Dispens nach § 31 II BauGB, so hat die Gemeinde ein Ermessen (s.o.) Hier muss dann nach e.A. isoliert mit einer Leistungsklage auf Erteilung des Einvernehmens geklagt werden, während die Gegenansicht auch in diesem Fall nur die Klage auf Erlass der Baugenehmigung zulässt.

97
Q

108., 109., 110. Warum erlaubt und erfordert Art. 76 zugleich eine Duldungsanordnung?

A

Gehört das Grundstück, auf dem das zu beseitigende Gebäude steht, mehreren Personen gemeinsam, so kann einer der Eigentümer allein die Beseitigung ohne Zustimmung der anderen i.d.R. nicht vollziehen, da er damit das Eigentum der Miteigentümer verletzen würde. Für die Vollstreckung der baupolizeilichen Maßnahme ist deshalb ggf. eine Duldungsanordnung den anderen Eigentümern ggü. erforderlich. Die Duldungsanordnung gegen den Miteigentümer, der nicht selbst Bauherr und somit lediglich Zustandsstörer ist, beruht ebenfalls auf Art. 76 S. 1 BayBO. Die Duldungsanordnung ist ein weniger einschneidendes Mittel als die Beseitigungsanordnung. Die Anordnung ist erforderlich und geboten, um zu gewährleisten, dass der zur Beseitigung Verpflichtete seiner Pflicht nachkommen kann. Ohne den gleichzeitigen Erlass einer Duldungsanordnung stünde der Durchsetzung der Beseitigungsanordnung im Wege des Verwaltungszwangs ein Vollstreckungshindernis entgegen.

98
Q
  1. Was heißt “doppelte Baurechtswidrigkeit”? Ist diese auch für Nutzungsuntersagungen Vss.?
A

D.h. die Anlage ist formell und materiell rechtswidrig.
formelle Rechtswidrigkeit: Der Anlage fehlt ggf. die erforderliche Genehmigung
materiell: die Anlage ist materiell-baurechtlich unzulässig, sodass rechtmäßige Zustände nicht auf andere Art und Weise, nämlich durch Erteilung einer Genehmigung, hergestellt werden können,, Art. 76 S. 1 Hs. 2 BayBO
Bei der Nutzungsuntersagung ist nach h.M. nur die formelle Illegalität des Vorhabens Vss.

99
Q
  1. Warum sind die Anforderungen einer Beseitigungsanordnung so streng?
A

Die Notwendigkeit der doppelten Baurechtswidrigkeit ergibt sich aus dem massiven Eingriff in die Eigentumsfreiheit des Art. 14 GG, die nur unter diesen strengen Vss. gerechtfertigt ist.

100
Q
  1. Was bedeutet “intendiertes Ermessen” bzw. “Regelermessen”?
A

Innerhalb der Art. 75 und 76 BayBO sind an das Ermessen keine besonderen Anforderungen zu stellen, da es sich um einen Anwendungsbereich des sog. Regelermessens handelt. Eine besondere Stellungnahme zu entgegenstehenden Rechten des Betroffenen ist nur erforderlich, wenn dieser vom Normalfall abweichende Gründe vorbringen kann. Ansonsten führt die Erfüllung des Tatbestandes zum Erlass der Anordnung.

101
Q
  1. Entwerfen Sie ein Prüfungsschema zur Zulässigkeit eines Normenkontrollantrags nach § 47 VwGO!
A
  1. Statthaftigkeit, § 47 I VwGO
  2. Entscheidung des VGH nur im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit
  3. Antragsberechtigung, § 47 II 1 VwGO
  4. Antragsbefugnis, § 47 II 1 VwGO
  5. Antragsfrist, § 47 II 1 VwGO
  6. Landesverfassungsrechtlicher Vorbehalt, § 47 III VwGO (str.)
  7. Ordnungsgemäße Antragstellung
  8. Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis
102
Q
  1. Was ist Inhalt eines Flächennutzungsplans?
A

Gem. § 5 I BauGB ist im FNP für das gesamte Gemeindegebiet die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebende Art der Bodennutzung nach den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde in den Grundzügen darzustellen.

103
Q
  1. Können in einen Bebauungsplan auch bauordnungsrechtliche Komponenten einfließen?
A

Ja.

104
Q
  1. Welche baurechtlichen Satzungen kennen Sie?
A

z.B. die Veränderungssperre (§§ 14 ff. BauGB), die gem.. § 16 BauGB als Satzung beschlossen wird.