Arbeitsmittel P. Diagnostizierens & Theoretische Grundlagen Flashcards
Aktuelle Intelligenztheorien:
Nach CATTELL (und in der Folge Horn) geht es um Fluid vs. Crystallized Intelligence.
Nach GUILDFORD um dessen „Produkte“, insbesondere Klassen, Beziehungen und Implikationen. Nach JÄGER geht es um die Materialien: verbal, numerisch und figural
-> Betrachtet man die Erstauflage des IST aus 1955, so ist die Orientierung an THURSTONE offensichtlich:
Verbal Comprehension, Word Fluency, Number, Space, Memory, Reasoning, Perceptual Speed…
In der Differenziellen Psychologiegilt heute die CATTELL-HORN-CARROLL (CHC)-Theorie als allgemein anerkannt (auch „Carroll’s Three-Stratum-Theory“ bezeichnet). CATTELL „teilte“ die Allgemeine Intelligenz wie SPEARMAN in 2 allgemeine Intelligenzen, Fluid und Crystallized Intelligence; sein Schüler HORN ergänze
diese beiden Komponenten um weitere „broad abilities“. Carroll erweiterte die beiden hierarchischen Ebenen um eine 3. Ebene, „stratum III“.
Explizit der CHC-Theorie folgen nur:
- IDS-2: Intelligence and developmental scales – Intelligenz- und Entwicklungsskalen für Kinder und
Jugendliche - KABC-II: Kaufman Assessment Battery for Children II, deutschsprachige Adaption
Wenn es ebendort heißt “Faktorenanalytisch annähernd konstruktvalidiert” ist einiges zu bedenken:
-> es weisen die beiden hauptsächlich zu interpretieren empfohlenen Testkennwerte kaum Bezug zur CHC-Theorie auf -> wenig verwunderlich, weil beide ursprünglich auf ganz andere Intelligenzkonzepte zurückgehen (IDS-2 auf “Kramer-Test”, auf BINET-SIMON; KABC-II auf WECHSLER). Damit gehen die Tests auf eine pragmatische intelligenztheoretische Position zurück: „gemessen wird, was zu messen geht“.
Auch: Die Faktorenanalytisch basierten Theorien „stehen und fallen“ mit den Problemen dieser Methode: es handelt sich um ein nicht-prüfbares Modell + die hohe „Stichprobenabhängigkeit“ der Methode macht es sehr wahrscheinlich, dass gewonnene empirische Ergebnisse nicht universell gelten.
Projektive Verfahren:
sind eine Gruppe von psychologischen Techniken und Vorgehensweisen, die für sich
in Anspruch nehmen, die grundlegende (verborgene) Persönlichkeitsstruktur und die Motive eines
Individuums aufzudecken, indem sie das Individuum auffordern, sich mit Material oder Stimuli
auseinanderzusetzen oder auf sie zu reagieren in einer freien, nicht festgelegten Weise.
Etwa um die Jahrhundertwende wurde mit dem Ausdruck Projektion die Tendenz eines Individuums bezeichnet, „einer anderen Person eigene Gefühle, Gedanken oder Einstellungen zuzuschreiben oder in gewisser Weise die äußere Wirklichkeit als Repräsentanz solcher Gefühle zu betrachten.“
-> Allein der Begriff „Projektion“ (Freud) macht den Bezug zur Psychoanalyse (Tiefenpsychologie)
offensichtlich. Da es dabei um Unbewusstes geht, verschließt sich dieser Ansatz einer Theorie dem
empirisch belegbaren Zugang.
Im Übrigen ist zu fragen, ob die Psychoanalyse Thema der Differenziellen Psychologie oder der
Allgemeinen Psychologie ist.
GÜTEKRITERIEN
Innerhalb der psychologischen Testtheorie wurden 2 verschiedene Ansätze entwickelt. Der jüngere Ansatz basiert auf der „Item-Response-Theorie“ (IRT), im Wesentlichen geprägt durch G. RASCH. Demgegenüber gibt es die als „Klassische Testtheorie“ bezeichnete ursprüngliche Testkonstruktionstheorie (begründet
durch GULLIKSEN; deutschsprachig beeinflusst durch LIENERT).
Übersicht Gütekriterien:
- Objektivität
- Reliabilität
- Validität
- Eichung
- Skalierung
- Ökonomie
- Nützlichkeit
- Zumutbarkeit
- Unverfälschbarkeit
- Fairness
OBJEKTIVITÄT
Unter Objektivität eines Tests ist zu verstehen, dass die mit ihm gewonnenen Ergebnisse unabhängig vom Untersucher sind.
Als Untersucher ist dabei vor allem der Testleiter (Tl) gemeint, aber auch der Auswerter, der die
beobachteten Testreaktionen zu Testwerten verrechnet, sowie diejenige Person, welche die Testwerte bewertet/interpretiert. Spätestens die letztgenannte Person ist regelmäßig der Psychologe.
-> Durchführung, Auswertung und Interpretation können von jeweils anderen Personen geleistet werden.
Testleiterunabhängigkeit
Testleiterunabhängigkeit ist gegeben, wenn das Testverhalten der Tp und damit ihr Testergebnis
unabhängig ist von zufälligen oder systematischen Verhaltensvariationen aller denkbaren Tl.
Halo-Effekts
Tendenz, sich bei der Beurteilung einer Persönlichkeitseigenschaft von
einem Gesamteindruck oder einer hervorstechenden Eigenschaft leiten zu lassen
ROSENTHAL-Effekt
-> Experimente von ROSENTHAL, in denen infolge manipulierter Einstellungen der „Lehrer“ 2 grundsätzlich
gleiche Gruppen von Versuchsobjekten zu unterschiedlichen Leistungen gelangten (sog. ROSENTHAL-Effekt).
Studie von PREUSCHE zu geschlechtsspezifischen Tl-Effekten:
Zeigte, dass leistungsschwache Mädchen, die
von männlichen Tl getestet wurden, im Vergleich zu leistungsschwachen Mädchen, die von einem
weiblichen Tl getestet wurden, im Durchschnitt einen deutlich besseren Testwert erreichten. D.h. das Geschlecht der Tp, nämlich im Fall weiblich, beeinflusst den Tl je nach seinem eigenen Geschlecht anders, so dass letztlich ein anderes Testergebnis für die Tp resultiert.
Auswertungsfehler sind ein „No-go“ – dürfen einfach nicht passieren.
Am Bsp. studentischer
Gutachten -> Test d2: knapp 50% machten Fehler beim Auszählen mittels Schablone, 40% ordneten in
der Eichtabelle einen falschen Wert zu, 30% machten Rechenfehler (beim Summieren) -> daher sind
Verfahren vorzuziehen, die auch ein Auswertungsprogramm anbieten.
RELIABILITÄT
= eine nichts sagende Bezeichnung; besser, weil es darum geht: Messgenauigkeit
Mit Messgenauigkeit eines Tests ist zu verstehen, dass die mit ihm gewonnenen Erkenntnisse präzise
sind, d.h. ohne Fehler der Merkmalserfassung -> es interessiert uns das Ausmaß der Messgenauigkeit.
ZUr Messgenauigkeit:
Innerhalb der psychologischen Testtheorie gibt es 2 verschiedene Ansätze: KTT und IRT.
Die IRT erklärt mit Hilfe bestimmter mathematischer (genauer: wahrscheinlichkeitstheorierischer) Funktionen das Zustandekommen der Reaktion (Antwort) einer TP auf ein Item. Anders als die KTT fokussiert sie auf die einzelnen Items, nicht auf den Test als solchen.
MESSGENAUIGKEIT LAUT IRT
Die IRT setzt in einer mathematischen Gleichung („Modell“) für jede Person und jedes Item eines Tests (mind.) 1 Parameter an. In diese Gleichung geht auch die beobachtete Leistung je Person ein, z.B. ob eine Aufgabe gelöst wird. Modelliert, d.h. angenommen wird, wie genau für diese Leistung die eben nicht direkt beobachtbare Fähigkeit der Person (mit-)verantwortlich ist. Anhand der beobachteten Leistungen bei allen vorgegebenen Aufgaben kann aus dieser Gleichung der unbekannte, also gesuchte Fähigkeitsparameter der untersuchten Person geschätzt werden.
Aus der Statistik ist bekannt, wie man für jede Parameterschätzung auch den dabei möglichen Schätzfehler bestimmt; genauer: wie und mit welcher Varianz sich diese verteilen. Ist der Messfehler sehr klein, dann hat der verwendete Test (für die betreffende Person) eine hohe Messgenauigkeit; ist er groß -> geringe Messgenauigkeit (das erhaltene Testergebnis kann hochgradig falsch sein).