2/2 (Handelsgeschäfte: Allg. Vorschriften; Kaufmännisches Bestätigungsschreiben; Handelskauf; Rechtsscheinhaftung; Handelsrechtliche Stellvertretung) Flashcards
Allgemeine Vorschriften für Handelsgeschäfte: Begriff des Handelsgeschäft
- Gesetzliche Definition in § 343
- > Geschäft: jedes RG und jedes rechtserhebliche willentliche Verhalten, keine Realakte
- Vermutung § 344 I: Kaufmann muss beweisen, dass Geschäft objektiv und erkennbar eine Privatangelegenheit war (vorgeschaltet: Vermutungsregel § 1 II HGB)
- Einseitige und zweiseitige Handelsgeschäfte (§§ 352, 353, 369, 377 HGB)
Allgemeine Vorschriften für Handelsgeschäfte: Schweigen im Handelsverkehr: § 362 HGB
- Anwendungsbereich: Geschäftsbesorgungen (vgl. § 675 BGB)
- > P: Rechtsscheinhaftung oder Willensfiktion (va entscheidend für Anwendung der Vorschriften über Willensmängel)
- -> hM: nicht bezüglich Rechtsfolgenirrtum (Aushebelung des Telos von § 362), wohl aber bei Inhaltsirrtum (Missverstehen des Antrags)
pro: Schweigender soll nicht schlechter stehen als der, der eine WE abgegeben hat
Allgemeine Vorschriften für Handelsgeschäfte: Schweigen im Handelsverkehr: Voraussetzungen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens
- Die Parteien müssen Kaufleute sein oder zumindest wie Kaufleute in größerem Umfange selbständig am Wirtschaftsleben teilnehmen
- Die Parteien (oder deren Vertreter) müssen Vertragsverhandlungen geführt haben und
in der Überzeugung zu Ende geführt haben, dass sie sich auf einen bestimmten Vertragsinhalt geeinigt haben (essentialia negotii müssen nicht vollständig vorliegen, bspw. keine genaue Nennung des Kaufpreises nötig) - Die Vertragsverhandlungen müssen zusammengefasst und in einer auf Vertragsschluss gerichteten WE bestätigt werden
- Das Bestätigungsschreiben muss dem Empfänger alsbald, mithin im engen zeitlichen Zusammenhang mit den Verhandlungen, zugegangen (Zugang) sein, und der Empfänger darf nicht widersprochen haben (nur ein unverzüglicher (vgl. § 121 Abs. 1 S. 1 BGB) Widerspruch ist beachtlich)
-> Zugang nach Organisationsverantwortung des Empfängers zu bestimmen - Verfasser des Bestätigungsschreibens muss gutgläubig sein (aber: Zurechnung nach § 166 möglich) und darf nicht treuwidrig handeln (absichtliche Falschbestätigung)
- Schweigen der anderen Vertragspartei
Allgemeine Vorschriften für Handelsgeschäfte: Schweigen im Handelsverkehr: Deklaratorische vs. konstitutive Bedeutung des KBS
- deklaratorisch: Vertragsschluss bereits unabhängig von KBS erfolgt (rein prozessuale Beweiswirkung)
- konstitutiv: wenn der Vertrag nicht oder inhaltlich abweichend zustande gekommen ist, so gilt bei Redlichkeit der Vertrag mit dem Inhalt des KBS
- > unredlich, wenn derart unrichtig, dass er mit dem Einverständnis des Gegners nicht rechnen kann
Allgemeine Vorschriften für Handelsgeschäfte: Schweigen im Handelsverkehr: Fallgruppen des KBS
- Versteckter Dissens
- > klassischer Anwendungsfall - Vertreter ohne Vertretungsmacht auf Empfängerseite beim Vertragsschluss
- > Heilung durch KBS (sofern bzgl. Vertretungsmacht gutgläubig) - Bewusste Abweichungen
- > Ergänzung von Nebenpunkten oder AGB als Vertragsinhalt durch KBS, sofern der Vertragspartner mit dem Einverständnis des Gegners noch rechnen kann - Sich kreuzende KBS mit widersprechendem Inhalt
- > offener Dissens, kein Vertrag
- > bzw. ausnahmsweise Vertrag ohne Nebenpunkte
Allgemeine Vorschriften für Handelsgeschäfte: Handelsbrauch, § 346 HGB
- Auslegungsmaxime
- Lex specialis zu § 157
- Handelsbräuche dürfen nicht zu objektivem Recht in Widerspruch stehen
- Findet unabhängig vom Wissen der Parteien Anwendung
Allgemeine Vorschriften für Handelsgeschäfte: Abtretbarkeit unternehmerischer Forderungen, § 354a HGB
- Telos: Erhöhung der Zirkulationsfähigkeit und Verbesserung der Refinanzierbarkeit von Unternehmen
- erfasst sind nicht nur generelle Abtretungsverbote, sondern auch Zustimmungsvorbehalte
- Schuldner kann gem. § 354a I 2 auch an den Zedenten mit befreiender Wirkung leisten (selbst bei Kenntnis der Abtretung!)
Allgemeine Vorschriften für Handelsgeschäfte: Gutglaubenserwerb, § 366 HGB: P: Anwendung auf Verfügungsbefugnis in fremdem Namen (Vertretungsmacht)
- eA: Analoge Anwendung (+)
pro: Rechtsverkehr unterscheidet nicht zwischen Ermächtigung und Vollmacht - -> tw. vertreten: auch analoge Anwendung auf das Verpflichtungsgeschäft, damit Verfügungsgeschäft nicht sofort wieder über § 812 unterlaufen wird
- aA: Analoge Anwendung (-)
pro: keine vergleichbare Interessenlage: bei Handeln unter fremden Namen kann sich Erwerber bei diesem erkundigen, ob eine Vollmacht besteht; bei Ermächtigung ist dies nicht möglich (daher schutzbedürftig nur in diesem Fall)
Handelskauf: Merkmale
- besonderer Typ des Kaufvertrags
a. Übertragung von Waren (jede bewegliche Sache) oder Wertpapieren zum Gegenstand
b. wenigstens eine Partei Kaufmann
c. Rechtsgeschäft gehört zum Betrieb eines Handelsgeschäfts
Handelskauf: Rügeobliegenheit, § 377 HGB: Ablieferung
= Sache ist so in den Machtbereich des Käufers gelangt, dass er sie tatsächlich untersuchen kann
Handelskauf: Rügeobliegenheit, § 377 HGB: P: Erstreckung auf Rechtsmängel
- eA: § 459 BGB aF war auf Sachmängel beschränkt; dies wollte der Gesetzgeber nicht ändern
- hM: §§ 437 ff. stellen Sach- und Rechtsmängel gleich
pro: Telos ist ebenso bei Rechtsmängeln gegeben
Handelskauf: Rügeobliegenheit, § 377 HGB: Untersuchung
- Inhalt und Umfang muss nach der allgemeinen Verkehrserwartung in dem konkreten Handelsbetrieb angemessen sein
- > Berücksichtigung auch von Art und Menge der Ware sowie Untersuchungsaufwand
- Streckengeschäft (Käufer lässt Ware direkt an seinen Abnehmer liefern)
- > Käufer muss Untersuchung durch eigene Leute oder die des Abnehmers sicherstellen, ggf. Zurechnung über § 278
- Absatzkette
- > Zwischenhändler trifft eigene Rügeobliegenheit, jedoch bestimmt sich Untersuchungsmaßstab nach seiner konkreten Stellung in der Absatzkette (idR also geringerer Untersuchungsmaßstab)
Handelskauf: Rügeobliegenheit, § 377 HGB: Rechtsfolge bei Lieferung eines höherwertigen aliud
- § 377 HGB würde bei Genehmigungsfiktion entgegen seinem Telos des Verkäuferschutzes zu dessen Lasten gehen
- eA: Konkludente Änderung des Kaufpreises (Minderung nach oben)
con: Privatautonomie - Kontrahierungszwang für Käufer - aA: teleologische Reduktion des § 377 HGB: Verkäufer hat die Wahl, Genehmigungsfiktion gelten zu lassen oder auf diese zu verzichten - bei Verzicht tritt keine Erfüllungswirkung ein (§ 812)
Handelsrechtliche Stellvertretung: Prokura
- Vollmacht iSd § 167 BGB
- Gesetzlich festgelegter Inhalt (§ 49 HGB), Beschränkungen im Innenverhältnis gelten nicht für das Außenverhältnis (§ 50 HGB)
- Zeichnung des Prokuristen: ppa (per procura), jedoch ist § 51 HGB reine Ordnungsvorschrift
Handelsrechtliche Stellvertretung: Prokura: Erteilung
- Inhaber eines Handelsgeschäfts (= Kaufmann)
- Empfangsbedürftige, ausdrückliche Willenserklärung, § 48 I HGB
- Keine Annahme erforderlich
- Gegenüber künftigem Prokuristen oder öffentlich, § 167 BGB
- Eintragung rein deklaratorisch, § 53 HGB
- Natürliche Person als Prokurist
- > auch Minderjähriger (hM; arg e § 165 BGB)