Die Klassiker - didaktische Prinzipien Flashcards

1
Q

Was sind didaktische Prinzipien?

A
  • Leitlininien für die Gestaltung von Unterricht, die das komplexe Unterrichtsgeschehen überschaubar machen sollen
  • didaktische Prinzipien sollen bei der Auswahl, Sequenzierung und Aufbereitung von Inhalten Orientierung bieten
  • Sie basieren…
    …meist auf Grundideen, die zunächst einmal plausibel klingen.
    …häufig auf erfahrungsbasierten, aber nicht systematisch geprüften Annahmen.
    …teilweise auf empirisch gestützten Theorien des Lernens und Lehrens.
    …selten auf empirischer Evidenz zur Wirksamkeit der einzelnen Prinzipien.
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
2
Q

didaktische Prinzipien - Warnunngen

A
  • Meist sehr allgemein gehalten und weit interpretierbar
  • Didaktische Prinzipien sind Heuristiken, keine Gesetze oder evidenzbasierten Empfehlungen
  • Bei einer zu starken Generalisierung der Prinzipien (als „Dogmen“ oder „Rezepte“) können sie den Blick auf
    Unterricht auch beschränken.
  • Einseitiges Fokussieren an wenigen Prinzipien kann einschränkend sein.
  • nicht Prinzip irgendwie anwenden, sondern Prinzip in einer
    Stunde nutzen, um ein bestimmtes Lernziel zu bearbeiten
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
3
Q

Prinzip des intermodalen Transfers: Kernaussage

A
  • Konzeptuelles Wissen zu mathematischen Konzepten und Operationen
    besteht zu einem substanziellen Teil darin,
    flexibel in wechselnden Repräsentationen (mental und external) verarbeiten zu können.
    -> Fähigkeit zum intermodalen Transfer als wesentlicher Teil von Begriffsverständnis.
  • Konzeptuelles Wissen zu mathematischen Konzepten und Operationen
    entsteht auch ganz wesentliche dadurch,
    dass strukturelle Beziehungen zwischen verschiedenen Darstellungen analysiert, erkannt und beschrieben werden.
    -> Beziehungen zwischen verschiedenen Darstellungen erkennen als Lernprinzip.
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
4
Q

eingeschränkter Spezialfall des IMT: EIS-Prinzip

A
  • Bruner unterscheidet drei „Ebenen von Repräsentationen“
  • Enaktive Repräsentationen: in einer Handlung, konkret, haptisch
  • Ikonische Repräsentationen: in Diagrammen, bildlich, visuell
  • Symbolische Repräsentationen: in einem mathematischen Symbolsystem
  • Das EIS-Prinzip besagt…
  • …dass das Verständnis mathematischer Konzepte damit einhergeht,
    sie auf verschiedenen Ebenen darstellen zu können
  • …und flexibel zwischen verschiedenen Darstellungsebenen
    für ein mathematisches Konzept wechseln zu können
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
5
Q

Das Operative Prinzip

A

Kernidee: Denken als verinnerlichtes Handeln
Ursprung:
Grundannahme von Hans Aebli: Aufbau mentaler Operationen in drei Stufen
- konkrete Stufe
- figurale Stufe
- symbolische Stufe

Aktuellere Sichtweise:
- Entscheidend ist nicht das „Abarbeiten“ der Stufen, sondern eine zunehmende Vernetzung von Repräsentationen!
- Zentral ist der „Aufbau mentaler Operationen“ aus „konkreten Handlungen“

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
6
Q

Das Operative Prinzip: Mögliche Zwischenschritte beim Aufbau von mentalen Operationen

A
  • Handlung und symbolische Darstellung vernetzen: Das Kind handelt am geeigneten Material
  • Mentale Handlung am Material prüfen: Das Kind beschreibt die Materialhandlung mit Sicht auf das Material
  • Mentale Handlung mit Verbalisierung: Das Kind beschreibt die Materialhandlung ohne Sicht auf das Material
  • Mentale Handlung, symbolische Operation: Das Kind arbeitet auf symbolischer Ebene, übt und automatisiert
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
7
Q

Das operatives Prinzip: weitere Grundannahmen

A

Mentale Operationen werden zu Schemata abstrahiert, u.a. durch…
* Intermodalen Transfer (s.o.)
Durchdringen der Operation in verschiedenen Darstellungen
* Operatives Durcharbeiten
Vielfältige Variation in der Anwendung der Operation.
- Operatives Üben
Üben, welches das Gewinnen von Einsichten in (sog. operative) Zusammenhänge ermöglicht.
- Übergreifend:
Reflektieren und Verbalisieren von Handlungen und Zusammenhänge

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
8
Q

Operatives Durcharbeiten

A

Kernidee: Vielfältige systematische Veränderung von Aufgabenstellungen
- Variation der Fragestellung (Umkehrung, Verkettung)
- Variation des Lösungswegs, multiple Lösungswege
- Variation des Unwesentlichen

Ziel:
Aufbau vernetzten Wissens zu einer Operation bzw. zu dem dahinter stehenden
mathematischen Konzept.
- Nicht nur:
„Berechne den Flächeninhalt eines Rechtecks mit den Seitenlängen…“
- Sondern auch:
„Gibt es unter allen umfangsgleichen Rechtecken eines mit maximalem Flächeninhalt?“

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
9
Q

Operatives Durcharbeiten: Beispiel

A

Ausgangspunkt:
Löse die Gleichung
2x + 12 = 5x + 3
* Umkehrung der Aufgabe:
Welche Gleichung hat Peter
gelöst?
| -2x
| -3
| :3
x = 3
* Umkehrung der Aufgabe:
Finde Gleichungen mit
der Lösung 3
* Konkretisierungen einfordern:
Finde eine Sachaufgabe
zur Gleichung
2x + 12 = 5x + 3
* Lösungen reflektieren:
Begründe, warum 3 eine
(die einzige) Lösung der
Gleichung
2x + 12 = 5x + 3 ist.
* Variation des Unwesentlichen
2a + 12 = 5 a + 3

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
10
Q

Operatives Üben

A

Operatives Üben bezeichnet Übungsformen, bei denen…
- …nicht nur Operationen isoliert verwendet und trainiert werden, sondern…
- …Beziehungen zwischen diesen Operationen deutlich werden, entdeckt und genutzt werden können.

Ziel
* Fähigkeit zu beweglichem Denken, das die Beziehungen zwischen verschiedenen Operationen nutzt.
z.B. zum geschickten Rechnen, für adaptive Strategiewahl

Wesentliches Merkmal:
* Erkennen, Nutzen, Beschreiben, Prüfen und Begründen von Strukturen.
* Einsicht in Zusammenhänge ist nachhaltig wirksamer als unverstandenes Training von Rechenalgorithmen

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
11
Q

Operatives Üben: Beispiel

A

Jede Kleingruppe hat zwei Würfel mit den Zahlen 1-6 (1-12,…)
Regeln
- Jeder Spieler beginnt mit der Startzahl 5
- Ziel ist, nach 10 Versuchen möglichst nah an der 10 zu sein.
Ablauf
- Jeder Spieler würfelt mit beiden Würfeln
- Er darf aus den beiden Zahlen einen Bruch bilden und diesen zu seiner Zahl addieren, oder subtrahieren.
- Optional: Die jeweiligen Rechnungen werden an einem Zahlenstrahl dargestellt.

Oder: Veränderung von Gleichungen durch Vergrößern bestimmter Werte

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
12
Q

Spiralprinzip

Prinzip des kumulativen Lernens

A

J. Bruner (*1915), basiert auf der Theorie Piagets.

  • Grundannahme:
    “We begin with the hypothesis that any subject can be taught effectively in some intellectually honest form to
    any child at any stage of development.” (Bruner, 1960)
    -> nur möglich, wenn man die mathematische Kernidee eines Inhalts trennt von nicht relevanten Inhalten (ggf. auch Fachwörtern, mathematischen Verfahren, speziellen Darstellungen, Notationen)
  • Das Verständnis von Begriffen und Konzepten auf einem höheren Niveau setzt oft Erfahrungen auf elementareren Niveaus voraus
    z.B. Problembewusstsein, konkrete Operationen, Einzelfälle, informelles Verständnis, Vorwissen,…
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
13
Q

Spiralprinzip: Beispiel

A

Warum darf man durch 0 nicht dividieren?

  1. Idee: Einfache Vorstellungen zu Divisionssituationen

Beispiel: 12 : 4 = 3
- 12 Kinder, jeweils 4 in eine Gruppe. Wie viele Gruppen?
- 12 Kinder, 3 gleich große Gruppen. Wie viele Kinder in jeder Gruppe?

  1. Idee: Division als iterierte Subtraktion
    Beispiel: 12 : 4 = 3
    Wie oft muss ich 4 von 12 abziehen, um bei der Null zu landen?
  2. Idee: Division als Umkehrung der Multiplikation
    Beispiel: 12 : 4 = 3
    - 12 : 4 = 3, weil 3 ⋅ 4 = 12 ist.
    - 12 : 4 ist die Zahl, die man mit 4 multiplizieren muss, um 12 zu erhalten.

etc.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
14
Q

Zu was soll das Spiralprinzip anregen?

A
  • …zentrale Ideen zu einem Konzept auf dem jeweiligen Wissens- und Denkniveau fachlich
    korrekt zu thematisieren.
  • …die Ausbildung von Begriffen und Konzepten durch intuitives Erfassen und intuitiven Gebrauch vorzubereiten.
  • …die zentralen Ideen eines Faches in der Lernbiographie möglichst früh und später immer wieder aufzugreifen und auszubauen.

Gründe:
- Relevantes Vorwissen früh aufbauen und sichern.
- Zentrale Ideen wiederholt thematisieren und anreichern

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
15
Q

Unterprinzipien des Spiralprinzips

A
  • Prinzip der Strukturorientiertheit
    -> Orientierung an der inhaltlichen Struktur und Genese des Faches
  • Prinzip der Stufengemäßheit
    -> Orientierung an der kognitiven Entwicklung der Lernenden
  • Prinzip des vorwegnehmenden Lernens
    -> Frühe Behandlung komplexer Inhalte auf einfachem Niveau
  • Prinzip der Fortsetzbarkeit, Anschlussfähigkeit
    -> Ein späterer Ausbau von Inhalten auf höherem Niveau soll ohne Umdenken möglich sein
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
16
Q

Prinzip des kumulativen Lernens

Bezug zu Spiralprinzip

A

Grundaussage:
- Lernen erfolgt immer kumulativ.
- Unterricht muss dies berücksichtigen.

Spiralprinzip als Folgerung:
sog. „Vertikale Vernetzung“:
- Möglichst frühes Behandeln ausdifferenzierterer fachlicher Ideen auf einem entwicklungsadäquaten Niveau.
- Herstellen von Beziehungen zu früher erworbenen Vorstellungen, vorher Gelerntem.
-> Bekanntes aufgreifen und späteres Vorbereiten

Ergänzende Perspektive aus der Sicht „kumulativen Lernens“:
Horizontale Vernetzung
- Herstellen von Beziehungen zu anderen Bereichen der Mathematik.
- Herstellen von Beziehungen zur Rolle der Konzepte in anderen Fächern und Kontexten. (z.B. Termumformungen veranschaulicht durch Flächeninhalte-> Vernetzung algebraischer und geometrischer Ideen)
-> Inhalten „neue, weitere Bedeutungen“ geben

17
Q

Genetisches Prinzip

A

Aus „didaktischen Erfahrungen“ abgeleitet (O. Toeplitz, Martin Wagenschein).

  • Kernidee:
  • Menschliches Wissen ist immer das vorläufige Resultat von zwei Prozessen.
  • Einer historischen Entwicklung des Inhalts bzw. der Fachwissenschaft (Phylogenese);
    z.B. wissenschaftshistorisch gesehen.
  • Einer individuellen geistigen Entwicklung (Ontogenese); z.B. Entwicklungs- und Lernpsychologisch gesehen.
  • Zentrale Fragen für die Unterrichtsgestaltung:
  • Warum macht es Sinn, ein bestimmtes Konzept überhaupt zu erfinden/zu betrachten?
  • Welche Gedankengänge haben zu einem bestimmten Konzept geführt/könnten dazu führen?
18
Q

Warum? “Motivierung” von Inhalten

A

Ausrichten des Unterrichts an erkenntnistheoretischen Prozessen der Genese und Anwendung eines Faches,
z.B.
- Orientierung an der historischen Entwicklung von Begriffen.
- Vor allem aber:
Die wesentlichen Ideen in einem mathematischen Inhalt identifizieren.
Die Probleme und Fragen zu identifizieren, die zur Entwicklung eines mathematischen Inhalts geführt haben.

  • Verknüpfen der Entwicklung eines Faches mit dem konstruierenden Lernen der Schüler.
  • Ausgehen von den Phänomenen, die man (dann) mit dem Konzept besser verstehen kann.
  • Herausstellen der wesentlichen fachlichen Probleme und Fragen, die das neue Konzept lösen wird.
  • Herausstellen der neuen Möglichkeiten, die ein neues Konzept den Lernenden erschließ
19
Q

Genetisches Prinzip: statt nur “Produkt”-> vom Prozess zum Produkt

A
  • Das bedeutet eben nicht, dass alle Irrwege bei der Entwicklung eines Faches erneut beschritten werden…
  • …aber, dass das Fach (Mathematik) nicht (nur) als fertiges Produkt (z. B. ein Satz, Algorithmus, Axiomensystem) gelernt wird,…
  • …sondern auch die (fachlichen!) Gründe für das Entstehen sowie das Wachsen dieses
    Produkts (…) erfahren werden (Prozessaspekt).
  • Die Systematik des Faches steht also nicht am Anfang, sondern am Ende des Lernprozesses
20
Q

Genetisches Prinzip: Beispiel

A
  • Ausgangspunkt: Dreiecke werden zum Vermessen der Welt genutzt.
  • Problem: Bestimmen von unbekannten Längen aus leicht bestimmbaren
    Winkel/Längenangaben.

Zentrales Problem: Triangulation
Triangulation (Vorwärtseinschneiden)
- Es soll die Länge einer Strecke x bestimmt werden.
- Wir messen die Strecke s und die Winkel α, β und die entsprechenden Winkel im anderen Dreieck.
* 1. Lösung durch Konstruktion
- Kongruenzsatz WSW.
* 2. Lösung durch Nutzung von Winkelfunktionen
- Strukturieren mit Hilfslinien.
- Berechnung mittels trigonometrischer Funktionen.
* 3. Mathematisches Produkt
Sinussatz, Kosinussatz.